In Wolfratshausen soll eine weitere Unterkunft für bis zu 150 Geflüchtete entstehen, und zwar in einer ehemaligen Werkstatt an der Königsdorfer Straße 40. Der Stadtrat hat am Dienstag mehrheitlich sein Einvernehmen zu einem Antrag auf Vorbescheid für eine entsprechende Nutzungsänderung erteilt – auch, weil damit die Möglichkeit geschaffen werden könne, die Unterkunft für Geflüchtete, die seit 2022 in der Mehrzweckhalle Farchet betrieben wird, aufzulösen und die Halle wieder für Vereine nutzbar zu machen. Wie der Zweite Bürgermeister Günther Eibl (CSU) im Stadtrat erklärte, habe ihm dies der Sachgebietsleiter Asyl im Landratsamt in Aussicht gestellt.
Mit dem mehrheitlichen Einvernehmen weicht der Wolfratshauser Stadtrat von seiner bisherigen Linie ab. Einer geplanten Container-Unterkunft für 144 Geflüchtete im selben Gewerbegebiet, am Hans-Urmiller-Ring 49, hatte der Bauausschuss des Stadtrates im Frühjahr mehrheitlich abgelehnt. Schon damals aber hatte das Landratsamt als Genehmigungsbehörde erklärt, einen ablehnenden Beschluss zu ersetzen, da temporäre Unterkünfte in Gewerbegebieten nach geltendem Recht zulässig seien. Dies bestätigte auch Sabine Trinkl, Referatsleiterin Planen und Umwelt bei der Stadt, am Dienstag in der Sitzung: Die Nutzungsänderung sei baurechtlich zulässig, erklärte sie – mit Befristung auf drei Jahre und Option auf Verlängerung. Der aktuelle Antrag kam direkt in die Vollversammlung des Stadtrates und nicht in den Bauausschuss, weil die Kommune nur einen Monat Zeit für die Stellungnahme hat.
Der Freistaat als Betreiber soll das Gebäude vom Eigentümer mieten
Bei der Werkstatt handelt es sich laut Sitzungsvorlage um einen alten Lokschuppen, der Ausbau des länglichen Gebäudes soll in Trockenbauweise erfolgen, nähere Angaben soll es erst im weiteren Genehmigungsverfahren geben. Wie Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) auf Anfrage erklärte, soll ein Mietvertrag zwischen dem Grundstücksbesitzer und dem Freistaat Bayern geschlossen werden, der die Unterkunft dann betreibt.
Im Gremium stieß das Vorhaben auf große Skepsis. Manfred Fleischer (Wolfratshauser Liste) erinnerte daran, dass bereits eine große Unterkunft im Gewerbegebiet geplant und die Mehrzweckhalle in Farchet seit 2022 von Geflüchteten belegt sei. „Diesem Antrag können wir nur zustimmen mit der Maßgabe, dass der Landrat dann aber wirklich die Mehrzweckhalle wieder ihrer ursprünglichen Nutzung zuführt“, erklärte Fleischer. Heilinglechner verwies dazu auf Eibl, der in seiner Stellvertretung als Rathauschef mit dem zuständigen Sachgebietsleiter im Landratsamt gesprochen habe. „Wenn diese Maßnahme hier genehmigt wird, können sie mehr oder weniger zusagen, dass die Mehrzweckhalle wieder frei wird“, berichtete Eibl. „Weil dann die nötigen Verlegungen möglich sind.“ Der Zweite Bürgermeister empfahl daher, das Einvernehmen zu erteilen.
„Wenn wir jetzt zustimmen, gehen wir mutig in Vorleistung.“
Dies war indes nicht allen geheuer. Zur Freigabe der Halle gebe es lediglich eine Absichtserklärung, keine Zusage des Landratsamts, sagte Fritz Meixner (SPD). Es sei also möglich, dass die zentrale Erstaufnahmestelle für Geflüchtete, die seit 2022 in der Halle betrieben wird, bleibe. Der Gedanke an 300 zusätzliche Geflüchtete, um die sich die Stadt dann kümmern müsse, bereite ihm Bauchschmerzen, sagte Meixner. „Wenn wir jetzt zustimmen, gehen wir mutig in Vorleistung und haben nichts in der Hand außer warmer Worte.“ Auch Josef Praller, Sprecher der Bürgervereinigung, erklärte, dass er das Einvernehmen wie bei der anderen im Gewerbegebiet geplanten Unterkunft ablehnen werde. „Integration findet nicht allein damit statt, dass man Betten oder eine Umnutzung schafft“, sagte er.
Gerlinde Berchtold (SPD) sorgte sich um die zusätzlichen Kita-Plätze, welche die Stadt auch für Kinder in Unterkünften bereitstellen müsse. „Es bleibt in allen Bereichen eine Herausforderung“, sagte Bürgermeister Heilinglechner. Die bestehe aber bereits aktuell mit der Belegung der Mehrzweckhalle. Am Ende wurde das gemeindliche Einvernehmen mit 15 zu acht erteilt, gegen die Stimmen von Gerlinde Berchtold, Fritz Meixner, Manfred Menke, Ingrid Schnaller (alle SPD), sowie Ulrike Krischke, Josef Praller, Michael Baindl und Helmuth Holzheu (alle BVW).
Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) bestätigt einen Zusammenhang mit der Mehrzweckhalle in Farchet. „Je mehr alternative Unterkünfte wir bekommen, desto schneller können wir die Halle wieder räumen“, sagt er auf Anfrage. „Und es ist unser Ziel, das so schnell wie möglich zu tun.“ Einen Zeitpunkt zu nennen, sei angesichts der unvorhersehbaren Lage jedoch unredlich, betont der Landrat.