Süddeutsche Zeitung

Wolfratshausen:Fitness mit Deutschkurs

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Die Wohngruppe Unisono hat einen eigenen Trainingsraum

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

"Den Rücken gerade halten, du bist hier zu rund", sagt Martin Kiesewetter und drückt mit der rechten Hand auf Alis gekrümmte Wirbelsäule. Der Jugendliche streckt sich und hält die Hantelstange mit beiden Händen vor der Brust. "Jetzt zieh hoch", sagt Kiesewetter und zählt mit: "Eins, zwei, drei . . ." Der Geretsrieder Fitnesstrainer hebt dazu auffordernd die Arme, und schon sprechen die anderen drei Buben im Chor mit: " . . . vier, fünf, sechs, sieben."

Im Motivieren hat Kiesewetter Routine. Schließlich macht er das seit Jahren im Geretsrieder "Club Vital". Am Donnerstag aber ist es doch ein bisschen anders: Der Fitnesstrainer steht in einem Kellerraum des Rückgebäudes der ehemaligen Landwirtschaftsschule an der Bahnhofstraße in Wolfratshausen. Es ist der neue Fitnessraum der Wohngruppe Unisono für minderjährige jugendliche Flüchtlinge. Die vier Buben, die seinen Anweisungen mit ernster Miene folgen, gehören zu den zwölf Bewohnern der Wohngruppe, die die Kinder- und Jugendhilfeorganisation "Inselhaus" dort seit vergangenem Herbst betreibt. Gemeinsam mit Kiesewetter, der die Geräte vorher ausgesucht hat, haben sie den Raum gestrichen und eingerichtet, nun bekommen sie erstmals eine Einweisung in die Geräte, die sie später selbständig benutzen sollen.

Möglich gemacht habe das ganze eine Spende der Firma Eagle Burgmann, erklärt Jeanette Schmidt, Bereichsleiterin für minderjährige Flüchtlinge beim Inselhaus. "Aber den Jungs war es wichtig, dass sie die Sachen nicht nur hingestellt bekommen." Kiesewetter habe sich sofort als Trainer bereitgestellt, als er von dem Plan des Trainingsraums gehört habe, sagt Schmidt. Er werde die Jugendlichen nun zunächst an drei Nachmittagen pro Woche einweisen, und später dann einmal im Monat zur Auffrischung kommen. Der Trainingsraum solle dann langfristig allen Jugendlichen des Inselhauses zur Verfügung stehen. "Das ist ein integrativer Prozess", sagt Schmidt. Dann spricht Kiesewetter über die Reihenfolge im Training und erklärt, dass man lieber erst freie Übungen machen und an die Geräte soll, wenn die Muskeln ermüdet sind. Die Buben hängen mit konzentrierten Blicken an seinen Lippen. Und Jeanette Schmidt lächelt zufrieden. "Das ist Fitness und Deutschkurs in einem", sagt sie.

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Quelle:
SZ vom 04.06.2016
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