Nach den Unglücken in der Marktstraße und Am Waldrand:Drittes Großfeuer in drei Jahren

Nach den Unglücken in der Marktstraße und Am Waldrand: Das Mehrfamilienhaus in Farchet ist am Freitagabend in Brand geraten. Die Ursache ist noch unklar.

Das Mehrfamilienhaus in Farchet ist am Freitagabend in Brand geraten. Die Ursache ist noch unklar.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Beim Brand an der Enzianstraße in Wolfratshausen-Farchet werden zwei Personen verletzt, 17 Menschen verlieren vorübergehend ihr Zuhause und "Der Grieche" muss schließen. Die Polizei schätzt den Schaden auf eine halbe Million.

Von Felicitas Amler, Claudia Koestler, Tobias Bug

Es ist ein schreckliches Unglück. Aber Iraklis Sakellariou sagt auch: "Ich habe nie gedacht, dass so viel Hilfe passiert." Der Inhaber des Restaurants "Der Grieche" steht am Sonntagmorgen vor seinem unter dem Dach und im Obergeschoss verbrannten und bis in den Keller vom Löschwasser beschädigten Lokal an der Enzianstraße. Er erzählt, wie er den Großbrand am frühen Freitagabend erlebt hat, der 16 Menschen ihrer Bleibe beraubt und nach Polizeischätzung mindestens eine halbe Million Euro Schaden angerichtet hat. Eine junge Frau wurde verletzt und musste vorübergehend ins Krankenhaus. Sie ist, wie die Wolfratshauser Obdachlosen-Betreuerin Ines Lobenstein sagt, zutiefst traumatisiert. Ein Feuerwehrmann wurde ebenfalls verletzt, konnte aber an Ort und Stelle versorgt werden.

Der Großbrand im Wolfratshauser Stadtteil Farchet hielt am Freitag nach 17 Uhr Bewohner und Einsatzkräfte in Atem. Alle Personen, die sich beim Ausbruch des Feuers im Gebäude befanden, konnten ausquartiert werden oder hatten das Haus bereits beim Eintreffen der Rettungskräfte verlassen, teilte die Polizei mit. Die Bewohner des Mehrfamilienhauses konnten noch am Freitagabend teils privat, teils mit Unterstützung der Stadt anderweitig untergebracht werden. Laut Polizei sind 17 Personen dort gemeldet; Lobenstein spricht von 16, die am Freitag betroffen waren. Die Feuerwehrleute hatten bis in die Nachtstunden alle Hände voll zu tun, die Flammen unter Kontrolle zu bringen. Die Ursache des Brandes ist noch unklar. Erst gegen 20.50 Uhr konnte auch im letzten Einsatzabschnitt "Feuer unter Kontrolle" gemeldet werden, berichtet die Polizei. Zum Ablöschen der Glutnester mussten das Dach sowie Teile im Inneren des Gebäudes weiter geöffnet werden. Mitarbeiter des Energieversorgers Eon kappten die Stromleitung zum Gebäude, so die Polizei, um ein sicheres Arbeiten für die Einsatzkräfte zu gewährleisten.

Nach den Unglücken in der Marktstraße und Am Waldrand: Der Löscheinsatz läuft aktuell.

Der Löscheinsatz läuft aktuell.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Am späten Nachmittag hatte der obere Bereich des Wohn- und Geschäftsgebäudes, in dessen Erdgeschoss das beliebte Farcheter Lokal "Der Grieche" untergebracht ist, Feuer gefangen. Der Notruf ging gegen 17.15 Uhr ein. An die 150 Einsatzkräfte auch aus den umliegenden Kommunen eilten zu Hilfe. Neben den Freiwilligen Feuerwehren aus Weidach, Wolfratshausen, Geretsried und Gelting fuhren auch der Rettungsdienst und die Polizei den Einsatzort an. Beim Eintreffen der Einsatzkräfte stand der Dachstuhl des Gebäudes jedoch bereits voll in Brand. Die Ursache für das Feuer, das sich offenbar schnell ausgebreitet hatte, muss nach Angaben des Wolfratshauser Feuerwehr-Kommandanten Andreas Bauer erst noch ermittelt werden. Der Kriminaldauerdienst (KDD) der Kriminalpolizeiinspektion Weilheim hatte bereits am Freitag die ersten Ermittlungen aufgenommen. Die weiteren Untersuchungen werden nun vom zuständigen Fachkommissariat 1 der Kripo Weilheim übernommen. Bauer ging noch am Freitagabend nicht davon aus, dass der Brand im Restaurantbereich des Gebäudes ausgebrochen sein könnte: "Das Restaurant schaut soweit noch ganz gut aus", berichtete er vom Einsatzort.

Nach den Unglücken in der Marktstraße und Am Waldrand: Die Wolfratshauser Feuerwehr wird von weiteren Einsatzkräften unterstützt.

Die Wolfratshauser Feuerwehr wird von weiteren Einsatzkräften unterstützt.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Wirt Sakellariou berichtet, dass er und seine Frau sich kurz vor 17 Uhr gerade fertigmachen wollten, um das Lokal für einen ausgebuchten Abend zu öffnen. Sie seien noch nicht einmal umgezogen gewesen, als ein Nachbar klopfte, der das Feuer entdeckt hatte. Dieses sei, so der Wirt, eindeutig vom Balkon an der Seite ausgegangen. Sakellariou zeigt auf ein paar total verkokelte Reste, die keinen Balkon mehr erkennen lassen. Während er von dem Schock des Unglücks berichtet, kommen ab und zu Leute vorbei. Einer ruft ihm zu: "Es tut mir so leid für euch!" Ein anderer versucht, den 47-Jährigen aufzumuntern, der sich hier mit seinem Vater, seiner Frau und zwei kleinen Söhnen, einer drei Jahre, der andere elf Monate alt, eine gute Existenz aufgebaut hatte: "Weitermachen. Aufbauen!" Es seien alle "sehr menschlich" gewesen, sagt Sakellariou, Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst, Nachbarn, Kunden, Freunde, sogar der Bürgermeister sei da gewesen.

Nach den Unglücken in der Marktstraße und Am Waldrand: Polizei und Einsatzkräfte bitten, das Gebiet weiträumig zu meiden, um den Einsatz nicht zu behindern.

Polizei und Einsatzkräfte bitten, das Gebiet weiträumig zu meiden, um den Einsatz nicht zu behindern.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Wie und wann es weitergeht mit dem "Griechen", kann im Moment niemand sagen. Noch war der Gutachter nicht da, der den Schaden im Lokal abschätzen muss. Sakellariou ist ziemlich erschüttert, dass nicht nur der Brand im Haus so großen Schaden angerichtet hat, sondern auch das Wasser. Im Keller sei die ganze Kühlung mit frischem Fleisch und Gemüse überschwemmt.

Ines Lobenstein weiß sehr genau, dass ein Brand nicht nur ein immenser materieller Schaden sein kann. Sie erzählt von der traumatisierten jungen Bewohnerin und sagt: "Das ist ein Schicksalsschlag, der einfach nicht so schnell zu überwinden ist." Umso mehr hofft sie, dass für die Familien, die alle derzeit nur notdürftig anderswo untergebracht sind, Wohnungen gefunden werden. Wie schwer dies in der Region mit ihrem absoluten Mangel an bezahlbarem Wohnraum ist, weiß Lobenstein nicht zuletzt wegen der vergangenen zwei Großbrände in Wolfratshausen - im Dezember 2020 in der Marktstraße und im August 2021 Am Waldrand. In beiden Fällen blieben Betroffene, ein Mann und eine Familie, bis heute auf die Obdachlosenunterkunft der Stadt angewiesen.

Umso mehr hofft Lobenstein, dass es für die jetzt ausquartierten Menschen auf längere Sicht neue Bleiben gibt.

Wer helfen möchte, wendet sich an Ines Lobenstein, Telefon 0170/6963460

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