Wolfratshausen:Erst mal meditieren

Die Esoterik-Partei "Die Violetten" veranstaltet einen familiären Vortrag zum Thema "Die Zeit ist reif für spirituelle Politik".

Sebastian Blum

Etwa 180 000 beschriebene Arten des Schmetterlings, wissenschaftlich Lepidoptera, sind der Wissenschaft bekannt. Eine lila Variante davon ist am Samstagabend auf den Parteiplakaten und Infozetteln der Esoterik-Partei "Die Violetten" zu finden, die die Mitglieder Claudia und Martin Klepper für ihre Vortragsveranstaltung in der rustikal-baierischen Wirtsstube des Wolfratshauser Gasthofes die Flößerei auslegen.

"Die Zeit ist reif für spirituelle Politik" steht dort in - wie soll es anders sein - violetten Buchstaben, doch davon hat offenbar niemand in Wolfratshausen gehört. Elf Teilnehmer zählt die Veranstaltung, ein Großteil Familie und Freunde der Veranstalter, dazu kommen Parteifreunde. Ein Heimspiel also, wie Claudia Klepper gleich zu Beginn sagt. Doch statt Anpfiff gibt es für die Anwesenden erst mal eine kurze Meditation.

Bei der zehn Jahre alten Kleinpartei dreht sich jedoch nicht alles nur ums Meditieren. "Wir sitzen nicht nur im Schneidersitz und singen Om", sagt Klepper, die als Musiklehrerin arbeitet, und fügt an: "Obwohl das manche von uns tun." Vielmehr geht es den Violetten laut Parteiprogramm auch um ein bedingungsloses Grundeinkommen. Um das eigene Bewusstsein zu vergrößern, brauche man schließlich Zeit, sagt Klepper, der Geige im Orchester der Bayerischen Staatsoper spielt. Zeit, die sich der Mensch dank eines gesicherten Grundeinkommens nehmen könne.

Zudem sind die Violetten für ökologische Landwirtschaft ohne Massentierhaltung, gegen die verpflichtende Krankenversicherung und wollen Straftäter auch mit Meditationen und Seminare zur Bewusstseinsentwicklung resozialisieren. Auch das Thema alternative Energien haben sie sich auf die Fahnen geschrieben. "Wir sind hier in den Bergen", sagt dazu die Dietramszellerin Klepper und spricht sich für die Nutzung von Wasserkraft im Landkreis aus.

Auch Jörn Wiedemann, Vorstand der Regionalen Wirtschaftsgemeinschaft München (ReWig), der in der Flößerei zu Gast ist, sagt, er möchte die Welt "enkeltauglicher" gestalten. "Der Zusammenbruch der Wirtschaft ist für mich nur eine Frage der Zeit", berichtet er den Zuhörern. Wiedemann wirbt für seine ReWig, die in nachhaltige Betriebe investiere.

Dazu zieht er eine Ersatzwährung in Betracht, ähnlich dem "Chiemgauer", genannt "Realo". Mit ihm könnten die Mitglieder auf einem Online-Marktplatz Bio-Produkte und anderes kaufen und verkaufen. Die Elf folgen teils interessiert seinen Ausführungen, doch mit den wirtschaftlichen Feinheiten haben sie mitunter ihre Probleme. "Es is scho schwierig für die Masse", gibt Wiedemann zu.

Nach ihm hält noch Klepper einen Vortrag. Er erzählt, wie seine Partei in einem Experiment dem Bezirksverband Oberbayern die Verwaltung der gesamten Finanzen übertragen habe. Nächstes Jahr ziehe man Bilanz, sagt er. Doch im Moment ist eines für die Kleinpartei mindestens genauso wichtig: Sie muss bekannter werden. Auch deshalb lädt seine Frau die Anwesenden für den 13. November zu sich nach Hause. In einer meditativ-politischen Runde soll dann der Kreisverband der Violetten entstehen. Doch am Anfang steht erst einmal die Meditation.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: