Süddeutsche Zeitung

Wolfratshausen:Drogenverkäufer holt selbst Polizei

Koch und seine Freundin erhalten Bewährungsstrafen wegen Handels

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Die Drogengeschäfte eines heute 22-jährigen Kochs und seiner ein Jahr älteren früheren Freundin sind nur deshalb aufgeflogen, weil der Koch selbst einen seiner Rauschgift-Kunden und zwei Begleiter wegen Raubes angezeigt hat. Am Montag mussten sich beide vor dem Wolfratshauser Amtsgericht verantworten. Sie wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt.

Die Polizei nahm nach der Anzeige das Räuber-Trio fest. Daraufhin packte der 26-jährige Kunde aus. Er sitzt mittlerweile wegen gefährlicher Körperverletzung im Gefängnis. Er hatte im September 2015 in der Wohnung des Kochs ein bis zwei Gramm Marihuana gekauft und dabei mitbekommen, wie die Freundin mit 200 Gramm Marihuana aus München eintraf. Der Angeklagte hatte laut der Aussage des Kunden etwa 25 Gramm Cannabisblüten zu Hause. Dann kam dessen Freundin in die Wohnung. "Gemeinsam haben sie eine Tüte mit 130 Gramm und eine Tüte mit 70 Gramm Gras abgewogen", schilderte der Kunde vor dem Wolfratshauser Amtsgericht. Beide hätten darüber gesprochen, das Marihuana verkaufen zu wollen.

Nur drei Tage später brach der Kunde mit seinem Bruder und einem weiteren Mann beim Angeklagten ein. Das Motiv: Rache. "Mein Bruder ist vom Angeklagten geärgert worden." Den Ermittlungen der Polizei zufolge ging der Kunde mit einem Baseballschläger auf den angeklagten Koch los. Das Trio raubte Marihuana. Näheres kam vor Gericht nicht zur Sprache. Für die Attacke wurde der Kunde zu der Haftstrafe verurteilt, die er derzeit absitzt.

Zuerst ermittelte die Kriminalpolizei infolge der Anzeige des Angeklagten wegen Raubes von mindestens 1000 Euro. "Wir haben aber gemerkt, dass es wohl eher um Marihuana ging", erklärte der ermittelnde Beamte vor Gericht. Die Polizei überwachte daher die Telefonate des Kochs. Im Oktober 2015 belauschten sie ein Gespräch über den Kauf von Marihuana im Wert von mindestens 1000 Euro. "Wir haben nicht sagen können, ob der Handel stattgefunden hat", erklärte der Beamte. Im Januar 2016 durchsuchte die Polizei die Wohnungen der Angeklagten. Bei der Frau - sie lebte inzwischen mit einem Freund im Landkreis Miesbach zusammen - fanden die Ermittler knapp 80 Gramm Marihuana.

Vor Gericht räumten beide alle Vorwürfe ein. Sie beteuerten, keine Drogen mehr zu nehmen. "Irgendwann muss man mal seinen Jugendschmarrn aus dem Kopf bringen", sagte die Frau. Inzwischen ist sie Mutter. Wie ihre Verteidigerin darlegte, konsumierten beide selbst viel Marihuana. Mit dem Verkauf finanzierten sie ihre Sucht.

Deutlich strafmildernd wirkte sich für Richter Helmut Berger das Geständnis aus. Er verurteilte die Frau zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens und Besitzes von Betäubungsmitteln und zu 40 Sozialstunden. Der Angeklagte bekam eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten wegen Handeltreibens, er muss 1000 Euro an den Kreisjugendring zahlen. Der Mann ist vielfach vorbestraft und muss sich bald wegen vorsätzlicher Körperverletzung erneut vor Gericht verantworten.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3407861
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 07.03.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.