Wolfratshausen:"Der Markt ist tot"

Wolfratshausen: Der Räumungsverkauf von "Stoff-Creativ" hat schon begonnen. Nach 42 Jahren gibt Karin Denzer ihren Laden auf.

Der Räumungsverkauf von "Stoff-Creativ" hat schon begonnen. Nach 42 Jahren gibt Karin Denzer ihren Laden auf.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Geschäftsinhaber, die die Altstadt verlassen haben, zeichnen ein düsteres Bild für die Zukunft.

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

"Ganz ehrlich? Der Markt ist schon tot." Das sagt Gerhard Gross. Und trotz seiner Diagnose eines Exitus zeichnet er für die Zukunft sogar ein noch düstereres Bild: "In fünf Jahren wird es wahrscheinlich gar keine Geschäfte mehr in der Wolfratshauser Marktstraße geben." Der Optiker-Meister hat deshalb seine Konsequenz längst gezogen: Im Mai 2014 hat er seine zweite Filiale im Obermarkt aufgegeben und sich ganz auf seinen Laden in der Sauerlacher Straße konzentriert, der dort seit 1960 erfolgreich ist. Seit November 2015 erstrahlt das Optikergeschäft zudem frisch renoviert. Als Grund für den Rückzug aus der Marktstraße nennt Gross, dass sich die Kunden immer stärker auf den Stammsitz in der Sauerlacher Straße verlagert hätten. "Das hat mit der negativen Entwicklung des Marktes zu tun", ist sich Gross sicher.

Grundsätzlich sei er ein Befürworter der Einbahnstraße im Markt gewesen, sagt der Optiker, aber es hätte dort unbedingt ausreichend Parkplätze statt breiter Gehwege gebraucht. "Nur wenn die Kunden vor der Türe parken können, beleben sie die Geschäfte. So fahren sie eben wo anders hin", sagt Gross. Doch sein Anraten, in der Einbahnstraße schräge und damit zahlreiche Parkplätze zu installieren, sei von der Stadt verworfen worden.

Obendrein stimme inzwischen die Mischung im Markt nicht mehr: "Was lädt denn schon ein zum Bummeln in der Stadt?", fragt er. Wolfratshausen jage einem Bild von einer Flaniermeile nach, die die Gegebenheiten der Stadt nicht hergebe: "Man kann es einfach nicht mit Bad Tölz oder Murnau vergleichen, das sind andere Straßen, dort sind Kur und Tourismus seit langem verwurzelt", sagt Gross. Wolfratshausen aber brauche zur Belebung eine Mischung an Geschäften, die den täglichen Bedarf deckten.

Ähnlich enttäuscht von der Entwicklung der Innenstadt äußert sich auch Karin Denzer, Inhaberin von Stoff-Creativ, den sie zum 31. März schließt. "Die Kunden bleiben im Wolfratshauser Markt aus", sagt auch sie. Obwohl ihr Geschäft nach 42 Jahren in der Loisachstadt etabliert sei und eine Stammkundschaft habe, die auch den Umzug in die Passage mitmachte, gab es nach der Schließung des Isar-Kaufhauses kaum mehr Synergieeffekte: "Wer von weiter weg kam, wollte eben bei der Gelegenheit in mehreren Läden bummeln, das geht inzwischen kaum mehr". Es fehle an Geschäften, die als Zugpferde und Magneten fungierten, und zudem an einem cleveren Parkkonzept der Stadt. Auch Denzer befürchtet deshalb wie Gross, dass es in Zukunft weiter bergab gehen werde mit der Stadt. Denn wer sich jetzt überlege, einen Laden neu zu eröffnen, prüfe für die Wirtschaftlichkeitsberechnung die Attraktivität des Standortes. "Es blutet mir das Herz, schließen zu müssen, aber hier geht einfach nichts mehr."

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