Wolfratshausen:Zweieinhalb Dutzend Lichter gegen rechts

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Licht-Protest Advent: Aktivisten des Bündnisses "Gemeinsam für Demokratie und Vielfalt" auf dem Wolfratshauser Marienplatz. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bei der Demo für Demokratie und Vielfalt laufen am Freitagabend deutlich weniger Teilnehmer durch die Altstadt als bei der Premiere im Februar.

Von Susanne Hauck, Wolfratshausen

Um 17 Uhr herrscht noch tote Hose auf dem Wolfratshauser Marienplatz, doch Veranstalter Marin Lorenz ist unverdrossen. „Warten wir noch zehn Minuten“, sagt der Initiator des Bündnisses „Gemeinsam für Demokratie und Vielfalt“. Seine Geduld wird belohnt: Eine Viertelstunde später sind es immerhin zweieinhalb Dutzend Menschen, die sich, ausgestattet mit Stirnlampe, Laternen oder Lichterketten, auf dem Platz versammelt haben, um gegen rechtsextremistische Ideologie zu protestieren. Die meisten sind ältere Semester. Sie haben sich Banner umgehängt, andere Plakate mitgebracht. Darauf heißt es „Rettet die Demokratie, keine Stimme für die Neonazis“ oder „Menschenrechte statt rechte Menschen“.

Es ist allerdings unübersehbar, dass die Demo deutlich an Zulauf verloren hat. Bei der Premiere Anfang des Jahres waren es mehr als 400 Demonstranten aus Wolfratshausen und Geretsried, die im Lichterzug durch die Altstadt liefen. Gegründet hat sich die Initiative als Antwort auf die Pläne der AfD zur „Remigration“ von Migranten, die bei einem Geheimtreffen in Potsdam aufgedeckt worden waren. Auch in Wolfratshausen wollte man ein Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen und sich nicht einschüchtern lassen; es wurde beschlossen, regelmäßig auf die Straße zu gehen und es gab zahlreiche weitere Aktionen wie Radel-Kundgebungen, Vorträge und Podiumsdiskussionen gegen Rechts.

„Ob 30 oder 400 kommen, wir machen weiter, denn die Aussage bleibt wichtig“

Martin Lorenz lässt sich von der stark geschrumpften Teilnehmerzahl nicht beirren. Es sei doch ganz normal, dass der Elan nach zehn Monaten etwas erlahmt sei. „Die Leute sind in der Vorweihnachtszeit halt sehr beschäftigt und im Alltag so eingespannt, dass sie nicht alle zwei Wochen auf eine Demo gehen können“, erklärt er. „Aber ob 30 oder 400 kommen, wir machen weiter, denn die Aussage bleibt gleich wichtig.“ Lorenz ist sich sicher, dass bei seiner nächsten Veranstaltung die Hütte wieder voll ist. Denn am 7. Januar haben sich die Bundestagsabgeordneten Sebastian Roloff (SPD), Karl Bär (Grüne) und Daniel Vöst (FDP) zu einem Diskussionsabend angesagt. Das Thema: Politikverdrossenheit.

Bevor der Zug durch die Wolfratshauser Innenstadt am Freitag losgeht, schwört Günter Stetter die Mitstreiter auf den Abend ein. Gerade jetzt sei es wichtig, Flagge zu zeigen, da in wenigen Wochen stehe die Bundestagswahl anstehe. „Darum lasst uns leuchten und zeigen, dass die Demokratie nicht erloschen ist“, ruft Stetter. Dann setzt sich die Kundgebung in Bewegung, musikalisch begleitet von antifaschistischen Liedern. Der Lichterzug im nächtlichen Wolfratshausen zieht trotz seiner wenigen Teilnehmer viel Aufmerksamkeit auf sich: viele Passanten, die zum Einkaufen unterwegs sind, verfolgen das Geschehen. Möglicherweise ist es dann auch den sehr frostigen Temperaturen geschuldet, dass sich der Zug nach seiner Runde über den Markt und die Sauerlacher Straße und Bahnhofstraße zurück am Marienplatz schnell auflöst. Nach dem gemeinsamen Singen der Bürgerrechtshymne „We shall overcome“ nutzt niemand mehr die Gelegenheit, sich beim „offenen Mikrofon“ zu erklären.

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