Wolfratshausen: Debatte über Archiv-Standort:Absage an gemeinsamen Gedenkort

Der Stadtrat lehnt ein Archiv im historischen Gebäude am Waldramer Kolpingplatz mit knapper Mehrheit ab. Der Historische Verein kritisiert das Votum als Parteipolitik.

Felicitas Amler

Alle Versuche, das Stadtarchiv an einem anderen Standort als dem an der Loisach anzusiedeln, sind gescheitert. Der Stadtrat hat am Dienstagabend sowohl den SPD-Antrag (11:14 Stimmen) als auch den "Bürgerantrag" (10:14) abgelehnt, die beide den Bauausschuss-Beschluss in Frage stellten. Damit ist auch der Plan des Historischen Vereins und der Siedlungsgemeinschaft Waldram erledigt, in einem historischen Gebäude am Kolpingplatz eine lokalgeschichtliche Dokumentations- und Begegnungsstätte mit dem Stadtarchiv zu einem zentralen Gedenkort zu vereinen. Sybille Krafft, Vorsitzende des Historischen Vereins, zeigte sich nach der Sitzung erschüttert: Hier sei "nicht nach Sachargumenten, sondern parteitaktisch" entschieden worden, sagte sie.

Wolfratshausen: Debatte über Archiv-Standort: Gut zwei Stunden lang diskutierte der Stadtrat über Waldram und das Stadtarchiv und votierte schließlich gegen die beiden Anträge, den Bauausschuss-Beschluss in Frage stellten.

Gut zwei Stunden lang diskutierte der Stadtrat über Waldram und das Stadtarchiv und votierte schließlich gegen die beiden Anträge, den Bauausschuss-Beschluss in Frage stellten.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Bürgermeister Helmut Forster (Bürgervereinigung BVW), von jeher gegen das Stadtarchiv am Kolpingplatz, hatte jedenfalls alle acht Mitglieder der BVW-Fraktion an seiner Seite: Gemeinsam lehnten sie jede weitere Überprüfung anderer Standorte ab. Diese Forderung der SPD wurde nur von den beiden Grünen, Barbara Kerschbaumer und Gabriele Reith, und vier CSU-Räten unterstützt, Richard Kugler, Renate Tilke, Alfred Fraas und Helmuth Holzheu.

Forster pochte auf die Kompetenz seiner Rathausmitarbeiter, die genüge, um den Kolpingplatz als Archivstandort auszuschließen. Er habe mit Bauamtsleiter Dieter Lejko, Architekt Thomas Wenig und zwei Hausmeistern das ehemalige jüdische Badehaus in Waldram besichtigt. Dort sei im Keller Regenwasser eingedrungen, die Statik der Bodenplatte sei "fragwürdig", die Räume hätten unterschiedliche Höhenniveaus, eine energetische Sanierung sei unabdingbar. Der nötige Umbau, so Forster, würde "sicher" teurer als der mit 1,45 Millionen veranschlagte Neubau.

Die SPD verlangte nachdrücklich eine saubere, nachvollziehbare Prüfung durch einen Fachmann für Altbauten und Sanierungen, die dem Stadtrat schriftlich vorzulegen sei. Fritz Schnaller sagte, der Bürgermeister erwarte eine Abstimmung, ohne dass Daten und Fakten vorlägen. Er erinnerte daran, dass es Bürger waren, die den Archiv-Standort an der Loisach in Frage gestellt hatten, und appellierte an Forster: "Wagen wir doch ein bisschen Demokratie!" Roswitha Beyer warf dem Bürgermeister vor, dass er von vornherein ausgeschlossen hatte, die Stadt könne das Badehaus, das im Besitz des Erzbischöflichen Ordinariats ist, übernehmen. Forster könne sich da auf keinen Beschluss beziehen.

Die CSU hatte keine einheitliche Position. So stimmte Richard Kugler dem Verlangen nach einer Überprüfung ohne Zeitdruck zu. Fraktionssprecher Manfred Fleischer scheiterte mit einem vermeintlichen Schachzug via Geschäftsordnung. Nachdem er den eineinhalb Stunden lang diskutierten SPD-Antrag abgelehnt hatte, forderte er beim anschließend vorliegenden Bürgerantrag auf neue Standortsuche, die Stadtverwaltung solle beauftragt werden, Alternativen zu benennen, die ein Stadtarchiv in Pacht oder Miete ermöglichen würden. Der Antrag wurde als formal unzulässig zurückgewiesen. Nach einer Sitzungsunterbrechung, in der die Fraktionen sich intern absprachen, meldete sich Kulturreferent Ludwig Gollwitzer (BVW) zu Wort, der in der Grundsatzdebatte geschwiegen hatte. Er monierte, "das eigentliche Thema" sei zu wenig besprochen worden, und hob die Bedeutung des Wolfratshauser Archivs mit teils jahrhundertealten Original-Urkunden heraus. Diese dürften nicht durch "Nässe, Pilze, Sporen" gefährdet werden, weswegen er für einen Neubau sei.

Auch das Alte Krankenhaus an der Sauerlacher Straße und mögliche Alternativstandorte in der Nähe des jetzigen Archivs wurden mit unterschiedlichen Mehrheiten verworfen.

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