Süddeutsche Zeitung

Wolfratshausen:Dann eben unehrlich

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Bürgermeister Heilinglechner zieht Konsequenzen aus seinem Bürgerladen-Geständnis und warnt die Presse

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

"Wissen Sie, was jetzt die Konsequenz ist? Dann bin ich in Zukunft eben nicht mehr ehrlich." Diese Schlussfolgerung zieht Wolfratshausens Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) aus seinem Geständnis, die Stadträte vor der ersten Sitzung zum Bürgerladen bewusst nicht auf eine wahrscheinliche Kostensteigerung hingewiesen zu haben. Und auf die Empörung, die dieses Geständnis im Rat auslöste.

Schuld ist in seinen Augen: die Presse. Heilinglechner sieht sich als Opfer seiner Ehrlichkeit, einer Presse, die ihrer Berichterstatterpflicht nachkommt und von mangelnder Eigenverantwortlichkeit, schließlich hätte jeder die Kostensteigerung ahnen können, findet er: "Es ist ein nicht ganz glücklicher Ausspruch gewesen, das gebe ich zu. Aber ich habe mich in der betreffenden UWW-Veranstaltung ehrlich geäußert, und das wird mir jetzt vorgeworfen." Lügen heiße in seinen Augen, "falsche Sachen zu sagen, und das habe ich nicht. Ich habe dem Rat eben nur die Kostenannahme vorgelegt und jeder, der im Stadtrat sitzt, weiß doch, dass es bei einer vorläufigen Kostenannahme immer noch mehr werden kann". Darauf angesprochen, warum er es den Räten nicht kommuniziert habe, dass die Verwaltung ihn vor der Sitzung bereits auf die zu erwartende Kostensteigerung aufmerksam gemacht habe, entgegnet er: "Mei, dann reiten S' halt darauf rum." Die Karten künftig auf den Tisch legen werde er - "wenn Sie es unbedingt so haben wollen".

Was Lüge und was Wahrheit, was Ursache und Folge ist, scheint bei Heilinglechner nach wie vor Auslegungssache. Denn trotz seiner inzwischen mehrfach belegten Zitate und seines wiederholten Geständnisses wirft er nun in einem internen Brief an die Stadträte der SZ vor, dass deren Berichterstattung "falsch" gewesen sei. Dass er dem Rat die Kostensteigerung nicht kommuniziert habe, sehe er weder als Täuschung noch als Lüge, sondern als normalen Vorgang in der Politik. Dazu erklärte Heilinglechner auf erneute Nachfrage der SZ: "Was meinen Sie, wie es woanders läuft? Jetzt wissen S' jedenfalls, wie es hier läuft." Dabei wollte er "eigentlich gar keine Auskunft dazu mehr geben". Denn aufgrund der Berichterstattung, erklärte der Rathauschef, sei er nun in Bedrängnis. Seine Konsequenz samt Warnung: Die Presse müsse eben "aufpassen, was sie schreibt". Sonst werde er künftig "den Umgang mit der Presse einfach einschränken".

Günther Eibl, Fraktionsvorsitzender der CSU im Wolfratshauser Stadtrat, sagt, er habe bereits öffentlich geäußert, "dass wir in der Fraktion von der Sache angefressen sind". Die Affäre und nun der interne Brief mit der Schuldzuweisung an die Presse belege erneut, "dass der Stadtrat nicht ernst genommen wird".

Eibl geht inzwischen sogar soweit, zu sagen, "das ist vorsätzlich". In der Fraktion überlege man derzeit, welche Konsequenzen man aus der Sache ziehe. Möglicherweise wäre die Affäre auch justiziabel, vermutet Eibl. Anzeige wolle die CSU-Fraktion indes derzeit nicht erstatten, auch wenn Eibl es begrüßen würde, wenn die "Judikative mal über die Sache schauen würde. Vielleicht gibt es diesbezüglich ja einen aufmerksamen Leser", hofft er.

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Quelle:
SZ vom 29.05.2015
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