Süddeutsche Zeitung

Nach der Bürgerbeteiligung in Wolfratshausen:Platz da!

Die Innenstadt soll großzügiger gestaltet, der Verkehr gebremst und die Marktstraße verschwenkt werden. Stadtrat entscheidet nach heftiger Kritik von Manfred Fleischer und Helmut Forster mit großer Mehrheit für die Wünsche der Bürger.

Von Konstantin Kaip

Sechs Monate hat die Bürgerbeteiligung zur Aufwertung der Wolfratshauser Altstadt gedauert. Nun sollen die Ideen der Wolfratshauser umgesetzt werden: Der Stadtrat hat am Dienstag mehrheitlich den Grundsatzbeschluss gefasst, auf Basis der erarbeiteten Ziele eine Vorplanung für die Umgestaltung der Marktstraße in Auftrag zu geben. Als Erstes soll der Abschnitt der Einbahnstraße zwischen Bahnhofstraße und Johannisgasse in Angriff genommen werden. Wenn die Vorentwürfe ausgearbeitet sind, soll es im kommenden Sommer noch eine Bürgerbeteiligung geben, in der sich die Wolfratshauser für ihre favorisierte Variante entscheiden können.

Hunderte Bürger haben zwischen November und April ihre Ideen zur Umgestaltung der Marktstraße eingebracht. Nach einem Machbarkeits-Check hat man sich auf ein gemeinsames Zielkonzept geeinigt: Die Einbahnstraßenregelung soll bestehen bleiben, Fahrbahn und Gehsteige höhengleich gestaltet und nur optisch getrennt werden. Der Marienplatz soll durch Versetzung des Marienbrunnes zur Straße hin großzügiger gestaltet werden, auch das Schwankl-Eck soll mehr Platz-Charakter erhalten. Um den Verkehr zu bremsen, soll die Straße verengt und stellenweise verschwenkt werden. Parkplätze sollen, außer für Anlieferung und Behinderte, wegfallen. An der Bürgerbeteiligung, die auch Vorgabe der Städtebauförderung ist, waren die Stadträte bewusst nicht beteiligt. Nun konnten sie sich erstmals zu den Bürgerwünschen äußern.

In der knapp zweistündigen Diskussion gab es auch Kritik. Die heftigste kam von Manfred Fleischer (CSU). Die Bürgerbeteiligung habe "keinerlei Repräsentativität", befand er. Schließlich machten die rund 200 Wolfratshauser, die sich aktiv eingebracht hätten, nur einen geringen Bruchteil der mehr als 13 000 Wahlberechtigten aus. Eine Versetzung des Marienbrunnens mit der damit einhergehenden Entfernung der beiden Platanen sowie der Wegfall sämtlicher Parkplätze im Markt müsse mit den Bürgern diskutiert werden, bevor man in die Ausschreibung gehe, sagte Fleischer. Auch Helmut Forster (BVW) sprach sich gegen diese Zielvorgaben aus. Der Standort des Marienbrunnens mit den Platanen "unterliegt meines Erachtens besonderem Schutz", sagte er. Den Platz könne man auch kostengünstiger hinter dem Brunnen umgestalten. Forster warnte auch vor dem Abbau sämtlicher Parkplätze und sah darüberhinaus in der höhengleichen Fahrbahn eine Gefahr für die Verkehrsteilnehmer.

Die meisten Stadträte stellten sich indes hinter das Zielkonzept. Man dürfe die Wünsche der Bürger nicht übergehen, befand Ulrike Krischke (BVW). "Mit diesem Konsens können wir sehr gut starten in ein Verfahren, aus dem sich drei oder vier Vorschläge ergeben." Das Ergebnis spiegle wider, was die Menschen wollten, sagte Annette Heinloth (Grüne). Und das seien "nicht die Städte der Siebzigerjahre, wo die Autos überall hinkommen". Sie regte allerdings an, die einst von Bürgermeister Willy Thieme als Zeichen der Freundschaft zur Partnerstadt Barbezieux gepflanzten Platanen zu erhalten. Als den "rückwärtsgewandtesten Beitrag seit Jahren in diesem Haus" bezeichnete Zweiter Bürgermeister Fritz Schnaller (SPD) Fleischers Wortmeldung. "Wir müssen den Mut haben, unsere Innenstadt neu zu gestalten", erklärte er. Schließlich stehe man im Wettbewerb mit anderen Kommunen. Hans Schmidt (Grüne) betonte, dass man sich mit dem Grundsatzbeschluss "nichts verbaut", da das Ausschreibungsverfahren klar verschiedene Varianten vorschreibe, über die man dann entscheiden müsse.

Im Beschluss sprach sich der Stadtrat mit großer Mehrheit dafür aus, die Gesamtplanung der Marktstraße - auf Anregung der Grünen zwischen der Abzweigung Am Bach (Paradiesweg) und der Musikschule - europaweit auszuschreiben. Fleischer und Richard Kugler stimmten dagegen. In der folgenden Abstimmung beschlossen 19 Stadträte, das Zielkonzept der Bürgerbeteiligung zur Grundlage für die künftige Entwicklung zu machen. Forster, Fleischer, sowie die Parteifreien der CSU-Fraktion, Richard Kugler und Helmuth Holzheu, stimmten dagegen.

Die Ausschreibung soll nun gestartet werden, laut Stadtmanager Stefan Werner könnte der Stadtrat im Dezember ein Büro beauftragen. Die Vorentwürfe werden dem Gremium nach der Kommunalwahl im Juni 2020 vorgelegt, daraufhin soll es eine erneute Bürgerbeteiligung geben. Die Ausführungsplanung könne der Stadtrat im Mai 2021 beschließen, frühester Baubeginn sei im Frühjahr 2022.

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SZ vom 16.05.2019/aip
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