Wolfratshausen / Berlin:Ein Vorbild im Kampf gegen Rassismus

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Der Erinnerungsort Badehaus in Wolfratshausen-Waldram gehört zu den diesjährigen bundesweiten Preisträgern des Obermayer Awards.

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen / Berlin

Der Erinnerungsort Badehaus in Wolfratshausen ist heuer einer von sechs Preisträgern des Obermayer Awards, einer Auszeichnung für herausragendes Engagement zur Bewahrung jüdischer Geschichte und zur Bekämpfung von Vorurteilen. Die Obermayer Awards würdigen seit dem Jahr 2000 deutsche Bürgerinnen, Bürger und Organisationen, "die sich für die Erinnerung an die wichtige Rolle, die die jüdische Bevölkerung vor der Zeit des Nationalsozialismus über Hunderte von Jahren für die deutsche Gesellschaft spielte, einsetzen", heißt es in der Pressemitteilung. Ausgezeichnet werden darüber hinaus "Menschen, die sich ausgehend von den Lehren aus der Geschichte der Bekämpfung von Vorurteilen und Rassismus (einschließlich Antisemitismus) widmen und die Verständigung zwischen verschiedenen Gruppen fördern, um dem Aufkommen und der zunehmenden Verbreitung von Vorurteilen etwas entgegenzusetzen".

Der Erinnerungsort Badehaus vermittle als Museum die komplexe Geschichte des Lagers Föhrenwald. Die ursprünglich für Beschäftigte, Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in einer nahegelegenen NS-Munitionsfabrik errichtete Siedlung wurde nach dem Krieg als Lager für jüdische Holocaust-Überlebende (Displaced Persons) und später als Zufluchtsort für Heimatvertriebene genutzt. Der Verein Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald wurde vor zehn Jahren gegründet. Seitdem haben die inzwischen über 540 Mitglieder knapp 40 000 Ehrenamtsstunden in die Renovierung des Gebäudes und die Gestaltung innovativer Ausstellungen investiert, die unter anderem Filme mit Zeitzeugeninterviews umfassen. Unter der Leitung von Sybille Krafft bindet der Verein junge Menschen in leitende und ehrenamtliche Aktivitäten ein und organisiert Veranstaltungen, Workshops und Konferenzen. Während der Pandemie entstand im Rahmen eines Projekts ein Film, in dem junge Deutsche Interviews mit drei Generationen ehemaliger Bewohnerinnen und Bewohner des Lagers Föhrenwald in Israel führen. Die Preisträger der Obermayer Awards 2022 "sind Vorbilder - nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Ländern, in denen man sich bemüht, ein Vermächtnis von brutalem Rassismus und Diskriminierung zu überwinden", sagt Joel Obermayer, Geschäftsführer der Organisation Widen the Circle, die die Awards verwaltet.

Geehrt wird zudem der pensionierte Lehrer Josef Wißkirchen aus Pulheim (Nordrhein-Westfalen). Er dokumentierte die Geschichte der früheren jüdischen Einwohnerinnen und Einwohner in rheinischen Städten wie Stommeln und Rommerskirchen. Ausgezeichnet werden weiter Bubales und Shlomit Tripp (Berlin). Mit einem mobilen Puppentheater machen sie auch in arabischer und türkischer Sprache bundesweit jüdische Kultur, Traditionen und Feiertage bekannt, um Klischees und Vorurteilen entgegenzuwirken. Überdies geht der Preis an den Förderkreis für die Synagoge Laufersweiler (Rheinland-Pfalz) und seinen gegenwärtigen Vorsitzenden Christof Pies. Sie machten das ehemalige jüdische Gotteshaus zu einem Ort der Begegnung mit Vorträgen, Lesungen und Konzerten. Der Verein Treibhaus in Döbeln (Sachsen) wird für sein Engagement gegen die rechtsradikalen Szene in der Stadt und für seine Projekte zur Erforschung der jüdischen Lokalgeschichte ausgezeichnet. Die Geschichtswerkstatt "zeitlupe" in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) wird für ihre Aufklärungsarbeit etwa über ein Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück gewürdigt.

Die Preisverleihung findet am Dienstag, 25. Januar, im Berliner Abgeordnetenhaus im Rahmen der Veranstaltungen zum Internationalen Holocaust-Gedenktag statt.

© SZ vom 12.01.2022 / cjk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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