An der einen Seite befindet sich eine Spiegelfront, an den anderen Wänden sind horizontale Holzstangen befestigt. Die beiden Trainingsräume der Dance Factory in Wolfratshausen besitzen die typische Ausstattung eines Ballettsaals. In der Tanzschule können sowohl Kinder als auch Erwachsene verschiedene Tanzkurse besuchen. Bis zu einem gewissen Niveau und Alter können auch talentierte Kinder, die professionelle Balletttänzer werden wollen, mitmachen. Die Dance Factory hat weitere Standorte in Geretsried und Bad Tölz. Neben klassischem Ballett gibt es dort Hip-Hop, Videoclipdance, Modern, Seniorentanzgymnastik, Latindance, Kidsdance und Yoga.
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Die Dance Factory ist kein Ausbildungsbetrieb für professionelle Tänzerinnen und Tänzer. In dem Unterricht geht darum, dass die Kinder Spaß am Tanzen haben. Das sei auch die Voraussetzung zum Tanzen, alles andere gebe sich mit der Zeit, erzählt Johanna Jordan-Eisele. Seit 2017 ist sie Lehrerin an der Tanzschule und unterrichtet dort klassisches Ballett und Seniorentanzgymnastik. Mit fünf Jahren hat sie selbst angefangen, Ballett zu tanzen, aber es war nie ihr Traum professionelle Balletttänzerin zu werden, erzählt sie. Denn man müsse sich immer mit anderen vergleichen, werde von außen beurteilt und es gehe nicht mehr nur um die eigene Freude am Tanzen. „Mein Unterricht soll ein sicherer Raum für alle sein, in dem jeder sich ausprobieren und wohlfühlen kann und sich nicht mit anderen, sondern immer nur mit seiner Version von gestern oder von letzter Woche vergleicht“. Jeder solle das Beste für sich selbst aus der Stunde mitnehmen, sagt Jordan-Eisele.
Von der Dramaturgin zur Tanzlehrerin
Die Tanzlehrerin selbst hat als Quereinsteigerin angefangen, Ballett zu unterrichten. Zuvor studierte sie Musiktheaterdramaturgie und arbeitete als Dramaturgin am Theater in Magdeburg. Danach unterrichtete sie Theaterpädagogik an Münchner Grundschulen, bis sie eine Ausbildung zur Tanzpädagogin machte. In dieser Ausbildung wurde erklärt, wie man gesundes Ballett unterrichtet, erzählt sie. Jordan-Eisele bekam Fortbildungen über den Verein Tamed, einem gemeinnützigen Verein für Tanzmedizin, in welchen erklärt wurde, welche Übungen für den Körper ungesund sind und welche Elemente deshalb eliminiert werden sollten. Ein Beispiel hierfür ist das „Port de Bras“.
Eine unnatürliche Bewegung
In einer Variante dieses Ballettelements steht man in der ersten Position, das heißt mit gestreckten Beinen und auswärts gedrehten Füßen. Dabei beugt man sich mit gestrecktem Oberkörper nach vorne in Richtung Boden, während der Arm zu den Füßen mitgeführt wird. Diese Bewegung sei für die Hüfte sehr unnatürlich, wird aber in der Waganova-Methode, der klassischen, russischen Ballett-Unterrichtsmethode, so gelehrt. Nach Tamed soll die Hüfte entlastet werden, indem die Füße parallel stehen. Diese kleine Änderung habe eine große Wirkung, um langfristig gesundheitliche Schäden zu vermeiden, so Jordan-Eisele.
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Mit der Ausbildung in Tanzpädagogik könne man auch Ballett unterrichten, ohne vorher Tänzerin oder Tänzer gewesen zu sein. Auch nicht jeder professionelle Balletttänzer sei ein geborener Lehrer, meint die Ballettpädagogin. Wenn Tanzlehrer sehen, dass bei ihren Schülerinnen und Schülern der Wille und das Talent vorhanden sind, professionell Ballett zu tanzen, dann empfehlen sie diese weiter. Die Kinder müssen dann nach München oder in eine andere Stadt fahren, um auf eine entsprechende Ballettschule, wie etwa die Ballettakademie der Hochschule für Musik und Theater in München, zu gehen.
Mittlerweile haben schon mehrere ihrer Schülerinnen Tanzpädagogik studiert, professionelle Balletttänzerin werden wollte noch keiner, erzählt Johanna Jordan-Eisele. Wer mit Ballett beginnt, merke schnell, dass es anfangs undankbar ist, da man sehr viel Technik lernt. Doch wenn man weitermacht und Spaß dabei hat, dann „sieht Tanz toll aus, weil man Teile von sich selber reinlegt und nicht nur die richtige Technik und Choreografie ausführt“, beschreibt die Tanzlehrerin. Die Kinder lernen beim Ballett neben einer guten Haltung und Disziplin auch, „dass man beim Tanzen ganz man selbst sein kann. Man kehrt sein Innerstes raus und legt es offen“. Für Johanna Jordan-Eisele selbst ist die Ballettschule „wie Heimkommen“, beschreibt sie.
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