Natur in Wolfratshausen:Die Stadt der langweiligen Bäume

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Ein Luftbild von Wolfratshausen mit der Fußgängerbrücke Sebastianisteg über die Loisach - und einigen Bäumen. Die offenbar nicht jeden entzücken. (Foto: Manfred Neubauer)

Das Bestandsfazit eines Kontrolleurs fällt für Wolfratshausen wenig schmeichelhaft aus. Wenigstens hat die Kommune mehr Exemplare als gedacht.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Der Wolfratshauser Baumfreund muss stark sein. In den Isarauen sterben immer mehr der landschaftsprägenden Kiefern ab, weil der Borkenkäfer und ein Pilz sich ausbreitet. Wie eine gute Nachricht klingt da erst einmal, dass der von der Kommune für heuer eingeschaltete Baumkontrolleur Rupert Markreiter 500 Exemplare mehr auf Wolfratshauser Stadtgebiet gefunden hat, als bisher ausgewiesen waren. Statt geschätzter 1600 hat er nämlich 2100 Bäume gefunden. Bemerkenswert war daran für Markreiter offensichtlich wenig, wie er im Bauausschuss des Wolfratshauser Stadtrats jüngst berichtete. Erstens habe die Kommune etwa im Vergleich mit Tölz nur einen kleinen Baumbestand und zweitens keine wirklich ortsprägenden Exemplare. "Ihr habt's langweilige Bäume, Kiefern, Buchen und Spitzahorn", stellte Markreiter rigoros fest.

Gleichzeitig stimmte der Baumpfleger schon einmal darauf ein, dass demnächst besonders viel geschnippelt werden muss. "524 notwendige Maßnahmen" stünden laut Markreiter an. Das meiste davon aber "Firlefanz". Mal sei um den Stamm gewachsener Efeu wegzuschneiden. In 80 bis 90 Prozent der Fälle handele es sich um harmloses Totholz. 46 Bäume müssten gefällt werden, weil diese nicht verkehrssicher seien. Einige seien aber nur wenige Zentimeter hoch, hätten die Pflanzung nicht überlebt oder seien von Autos umgefahren worden. Andere seien durch den Schneedruck nach den großen Niederschlagsmengen von Dezember 2023 oder durch das Eschentriebsterben in Mitleidenschaft gezogen.

Für Markreiter persönlich wäre es um einige Bäume ohnehin nicht schade, weil die Exemplare so "Gurken" seien. Stattdessen riet der Baumpfleger aus Attenham bei Egling lieber ein "gescheites" Exemplar nachzupflanzen. "Ein Stadtbaum wird halt nicht 150 Jahre alt wie an einem natürlichen Standort, sondern nur 50 bis 60 Jahre."

Dass es schnell emotional wird, wenn es um Bäume in Kommunen geht, zeigte sich auch an den Wortmeldungen in der Bauausschusssitzung. Warum sein Gruppierungskollege Manfred Fleischer nicht bei Baumkontrollen eingebunden werde, fragte sich Richard Kugler (Wolfratshauser Liste). Dieser sei schließlich "Dr. Forstwirt" und könnte daher die Brisanz aus dem Thema nehmen, wenn er eingebunden werde. An Fleischers Fachwissen wollte Bürgermeister Heilinglechner (BVW) nicht zweifeln. Doch habe die Stadt eben einen Kontrolleur, der das Thema von praktischer und wirtschaftlicher Seite betrachte. "Ich brauche da keine Kommission", so der Wolfratshauser Rathauschef. Die Kommune pflanze immer nach. "Es können nicht genug Bäume sein, das sollten aber sinnvolle sein."

Für Umweltreferent Hans Schmidt (Grüne) ist der Baumbestand allein jedoch nicht entscheidend. Gerade ältere Exemplare seien wichtig, weil diese mehr Kohlenstoffdioxid speicherten. Sich als Umweltreferent zum Baumbestand einzubringen, sei aufwendig. Wenn er das nicht mehr tun solle, sei damit seine letzte Aktivität als Umweltreferent vorbei.

Von Schmidt wünschte sich Bürgermeister Heilinglechner allerdings nur, die Meinung eines Sachverständigen nicht ständig zu bezweifeln. Das Kontra des Grünen-Stadtrats. Laut einem Sachverständigen hätten doch die Linden vor der Schule an der Sauerlacher Straße entfernt werden sollen. Die Grünen hätten sich dafür eingesetzt, dass die Exemplare stehen bleiben sollten. Dem habe Heilinglechner doch zugestimmt. "Auch das kommt vor, dass ich Ihnen zustimme", so der Bürgermeister.

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