Wolfratshauser Politik:Hinter verschlossenen Türen

Wolfratshauser Politik: Über die Schulter schauen kann man den Stadträten nicht immer - manche Dinge werden zunächst nichtöffentlich beraten.

Über die Schulter schauen kann man den Stadträten nicht immer - manche Dinge werden zunächst nichtöffentlich beraten.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Am Donnerstag soll in nichtöffentlicher Sitzung über eine Förderung des Badehauses beraten werden. Die Handhabe zeigt, wie groß die Ängste der Beteiligten sind.

Von Viktoria Spinrad

Wenn am Donnerstagabend die zehn Vertreter des Wolfratshauser Kulturausschusses zusammenkommen, geht es für Sybille Krafft um alles. Tausende von ehrenamtlichen Stunden haben sie und weitere Helfer in den Aufbau und den Betrieb des Erinnerungsorts Badehaus gesteckt, haben in Waldram einen überregionalen Besuchermagneten geschaffen. Doch die Helfer sind am Limit, suchen die Unterstützung der Stadt. Deswegen hat der Verein einen Antrag auf Zuschuss gestellt, der nun auf der Tagesordnung steht. Allerdings nicht auf der öffentlichen, wie für Zuschüsse üblich, sondern auf der nicht-öffentlichen. Auf Wunsch des Vereins, wie es heißt.

Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW) bestätigt, dass Zuschüsse aus Steuergeldern grundsätzlich öffentlich beraten werden müssten - und dass er dies auch getan hätte. "Ich hätte das definitiv öffentlich behandelt", sagt er. Allerdings richte er sich nach dem Wunsch des Vereins. Dessen Vorsitzende Krafft möchte am Montag nicht über ihren Antrag sprechen - wie rauszuhören ist, fürchtet sie eine Neiddebatte.

Kann eine Stadt hinter verschlossenen Türen über Vereinsförderung vorberaten?

Die auch ein Grund sein könnte, weshalb es in Wolfratshausen seit Jahren Usus zu sein scheint, dass Vereinsförderungen in den Ausschüssen nichtöffentlich behandelt werden. Was wiederum eine grundsätzliche Frage aufwirft: Kann eine Stadt Vereine hinter verschlossenen Türen mit Steuergeldern fördern oder ihre Förderung ausbremsen? "Es ist auf alle Fälle grenzwertig", sagt Fritz Schnaller. Der SPD-Stadtrat plädiert für mehr Transparenz - "die Bürger sollten einen Überblick haben, wie Steuergelder verwendet werden", sagt er - und plädiert für einen Richtungswechsel: In der neuen Amtszeit solle man grundsätzlich hinterfragen, "ob das so richtig und zeitgemäß" sei.

Ähnlich sieht es Roswitha Beyer (SPD). Unter Ausschluss der Öffentlichkeit könnten Räte ihre Lieblingsvereine fördern. "Da wäre die Öffentlichkeit ein Kontrollorgan, dass man sauberer durchdenkt und gerechter aufteilt", sagt sie. Insbesondere in diesem konkreten Fall sieht sie Bedarf für Transparenz: "Die Stadt muss sich öffentlich zum Badehaus und zur Erinnerungskultur bekennen", sagt sie.

Juristisch hat die Frage nach der Öffentlichkeit Raum für Interpretationen. In der Bayerischen Gemeindeordnung herrscht der Grundsatz der Öffentlichkeit. Beschlüsse über Vereinszuschüsse müssen immer in öffentlicher Sitzung gefasst werden. Ausschlussgründe sind Grundstücks- und Steuerangelegenheiten.

In Wolfratshausen gab es in der Vergangenheit andere Gründe. "Unter den Vereinen kam der Neid auf", erinnert sich Beyer. Befürworter der aktuellen Wolfratshauser Handhabe argumentieren zudem mit dem Druck, der im Beisein von Interessensgruppen entstehen könne. "Da ist die Frage, ob sich jeder Stadtrat frei entscheidet", sagt Heinz-Walter Daffner (BVW).

Der ehemalige Wolfratshauser Bürgermeister Helmut Forster (BVW) führt noch ein weiteres Argument an: den Schutz der Antragsteller und Räte. Es gehe nicht um Intransparenz, sondern um den Schutz der Privatsphäre. Schließlich würden die Angriffe auf Kommunalpolitiker "immer härter". Eine Erfahrung, die auch SPD-Rätin Beyer macht: Sie berichtet von einer Morddrohung an die Räte, die für die Deckelung der Surfwelle stimmten. Aus Druck und Hetze zieht sie dennoch einen anderen Schluss: "Wenn man sich da gängeln lassen tät, braucht man kein Stadtrat zu sein. Wir dürfen nicht anfangen zu kuschen", sagt sie.

Derweil relativiert Bürgermeister Heilinglechner die Rolle der Ausschuss-Sitzung zur Badehaus-Thematik. Es handle sich "nur um eine Vorberatung". Im Stadtrat werde das Thema aber "definitiv öffentlich behandelt", sagt er.

Zur SZ-Startseite

Historie neu erzählt
:Erinnerungen an das Kriegsende und an 75 Jahre DP-Lager Föhrenwald

Gedenkveranstaltungen, Ausstellungen, Zeitzeugengespräche, Filmabende und Konzerte: Der Badehaus-Verein Waldram-Föhrenwald stellt sein Jahresprogramm vor.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: