Zeitgeschichte:Bekenntnis zum Badehaus

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Der Erinnerungsort Badehaus in Waldram, der seit 2018 von Ehrenamtlichen betrieben wird, wurde mehrfach ausgezeichnet. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Wolfratshauser Stadtrat beschließt eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit von Museum und Erinnerungsort in der politischen Bildung. Diese sichert auch die städtische Förderung für den Betreiberverein in Waldram.

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Der Erinnerungsort Badehaus in Waldram und das Museum Wolfratshausen werden künftig im Bereich der politischen Bildung zusammenarbeiten. Auf welche Weise, regelt eine Vereinbarung, die der Stadtrat am Dienstag einstimmig beschlossen hat. Auch die städtische Förderung für den von ehrenamtlichen Mitgliedern eines Vereins betriebenen Erinnerungsort wird durch das Regelwerk nun erhöht, vereinfacht und für die kommenden drei Jahre gesichert: 30 000 Euro erhält das Badehaus im Jahr.

Der 2018 eröffnete Erinnerungsort, der die Siedlungsgeschichte Waldrams als Heimstatt für Rüstungsarbeiter zur NS-Zeit, Lager für jüdische „Displaced Persons“ und Siedlung für katholische Heimatvertriebene in der späteren Nachkriegszeit dokumentiert, stelle eine „wichtige Ergänzung zum Museum Wolfratshausen dar“ und ergänze auch die Ausstellungen des 2023 neu konzipierten Stadtmuseums, heißt es in der Vorlage zum Beschluss. Das Museum Wolfratshausen thematisiert diese für die Stadthistorie wichtige Epoche nicht und verweist stattdessen auf den Erinnerungsort mit seinen umfangreichen Informationsmöglichkeiten.

Essenzielle Ergänzung: Das Badehaus dokumentiert minutiös die Siedlungsgeschichte Waldrams. Deshalb wird sie im neuen Museum Wolfratshausen ausgespart. (Foto: Hartmut Pöstges)

Mit der nun einstimmig verabschiedeten Vereinbarung würdigt der Stadtrat diese wertvolle Ergänzung auch offiziell. Zum Ausdruck kommt das vor allem in der Förderung der Erinnerungsarbeit durch die Stadt. Der Verein „Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald“, der den Erinnerungsort am Kolpingplatz betreibt, musste jahrelang immer wieder regelmäßige Finanzmittel einfordern, 2020 schließlich hatte der Stadtrat einen jährlichen Zuschuss von 20 000 Euro als Defizitausgleich für den Bereich der politischen Bildung in der Einrichtung beschlossen. Die Abrechnung erfolgte über eine Kalkulation, die der Kulturausschuss 2021 festgelegt hatte. Die Abrechnungsmodalitäten hätten jedoch einerseits „zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand“ geführt, und zwar sowohl bei der Stadt als auch beim Verein, heißt es in der Bilanz der Stadtverwaltung; andererseits habe das Badehaus mit dem Zuschuss stets auch nur ein Defizit ausgleichen können. Rücklagen aus Überschüssen, die etwa für den Gebäudeerhalt notwendig seien, hätten nicht angespart werden können.

Um dies zu ermöglichen, die Abrechnung für alle Beteiligten zu erleichtern und gleichzeitig dem Verein „eine Planungssicherheit zu gewähren“, wurde in der Kooperationsvereinbarung auch die finanzielle Unterstützung durch die Stadt überarbeitet. Weil der Stadtrat dem Badehaus für sein Veranstaltungsprogramm in den vergangenen Jahren jeweils weitere 5000 Euro per Einzelbeschluss gewährt hatte, wurde der jährliche Zuschuss in dem Papier zunächst auf 25 000 Euro festgelegt. Der Verein hatte zudem eine Inflationsausgleichsklausel und eine Zusatzförderung als Personalkostenersatz für ehrenamtliche Führungen gefordert. Beides hatte jedoch keinen Eingang in die Vereinbarung gefunden. Die Vertragslaufzeit sei einerseits auf drei Jahre beschränkt und lasse nach Ablauf eine Angleichung zu; andererseits sei die Aufwandsentschädigung pro Führung Aufgabe des Vereins und nicht der Stadt. Schlussendlich aber wurde der jährliche Zuschuss auf 30 000 Euro erhöht, auf Antrag von Fritz Meixner (SPD), dem der Stadtrat einstimmig zustimmte.

„Stabilität für alle, die in Waldram gegen das Vergessen arbeiten“

Die Vereinbarung sei ein „Bekenntnis zur politischen Bildungsarbeit“, erklärte Meixner. Und sie bringe „Stabilität für alle, die in Waldram gegen das Vergessen arbeiten“. Dritte Bürgermeisterin Annette Heinloth (Grüne) erinnerte daran, dass das Badehaus existiere, weil es in Föhrenwald das am längsten bestehende DP-Lager in Europa gegeben habe. Das sei auch eine „Verpflichtung“. Erinnerungsarbeit aufrechtzuerhalten sei „enorm wichtig“. Das mache auch der Ausgang der Europawahl deutlich. Ulrike Krischke (BVW) sah in der Vereinbarung einen „Paradigmenwechsel“: Mit ihr erkenne die Stadt nun die Ebenbürtigkeit von Museum und Erinnerungsort an.

Sybille Krafft, Vorsitzende der „Bürger fürs Badehaus“, hat das Ergebnis der Stadtratssitzung im Urlaub an der Ostsee erfahren. „Wir freuen uns sehr über den Beschluss“, sagt sie am Telefon. „Dass er einstimmig erfolgt ist, zeigt die Wertschätzung, die der Stadtrat unserer ehrenamtlichen Erinnerungsarbeit entgegenbringt.“ Für den Verein sei die Vereinbarung „ein ganz wichtiger Schritt in Richtung Planungssicherheit“ und „ein sehr positives Signal, das wir jetzt auch an die überregionalen Gremien herantragen wollen“. Der Erinnerungsort sei schließlich nicht nur Sache der Stadt Wolfratshausen. Auch Landkreis, Bezirk und Freistaat müssten sich seiner überregionalen Bedeutung bewusst werden. Bereits am Montag kann Krafft darüber mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) sprechen, die das Badehaus besuchen kommt. Bürgermeister Klaus Heilinglechner hat im Stadtrat bereits angekündigt, bei Aigner einen „Vorstoß“ in diese Richtung wagen zu wollen, weil auch er das bayerische Kultusministerium in der Pflicht sehe, den Erinnerungsort in Waldram zu bezuschussen.

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