Tod eines 21-Jährigen:"So etwas habe ich noch nie erlebt"

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Die Polizei in Wolfratshausen tappt zurzeit noch im Dunkeln. (Foto: dpa)

Der Unfall auf der B 11 schockiert auch die Einsatzkräfte - und stellt sie vor eine Herausforderung

Von Viktoria Spinrad, Wolfratshausen

Auf der Bundesstraße 11 rauschen die Autos vorbei, doch wer genauer hinschaut, sieht sie: die gelben Markierungen der Polizei nach dem Unfall, der die Menschen dieser Tage weit über Wolfratshausen hinaus schockiert. Hier, wo der Bürgersteig längst aufhört, endete am Dienstagabend das Leben eines 21-jährigen Mannes aus Afghanistan.

Über den Unfallhergang ist auch am Donnerstag nichts Neues bekannt. Fest steht nur, dass der junge Mann wohl überfahren wurde. Von wem, ist noch offen: Der Fahrer, der den 21-Jährigen überrollt hatte, war anschließend weitergefahren. Entsprechend tief sitzt der Schock bei vielen am Donnerstag. "Ich bin sprachlos", sagt Bürgermeister Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung Wolfratshausen). "So etwas habe ich noch nie erlebt - weder bei der Feuerwehr noch als Amtsleiter oder Bürgermeister."

Wolfratshausen
:Toter 21-Jähriger auf Bundesstraße entdeckt - Unfallverursacher fuhr einfach weiter

Eine Zeugin hatte den orientierungslosen Mann noch lebend gesehen und hielt kurz an. Weil andere Autos hinter ihr jedoch hupten, fuhr auch sie weiter. Auf dem Bauch des Toten entdeckt die Polizei später Spuren eines Reifenprofils.

Ähnliches ist am Donnerstag von der Polizei in Wolfratshausen und Weilheim zu vernehmen. Hubert Schwaiger ist Dienststellenleiter bei der Weilheimer Verkehrspolizei: "So etwas habe ich in elf Jahren nicht erlebt", sagt er. Und: "Gottseidank ist das kein Allerweltsphänomen."

Der 21-jährige Mann war am Dienstagabend an der B11 Richtung Geretsried gegen 21 Uhr von einem Auto erfasst und tödlich verletzt wurden. Jegliche Hilfe kam für ihn zu spät. Am Bauch des 21-Jährigen wurden laut Polizei Spuren eines Reifenprofils festgestellt. Wie viele Autofahrer an ihm vorbeifuhren, ohne Hilfe zu leisten, wird zurzeit noch ermittelt. Die Beamten konnten Bruchstücke von Fahrzeugteilen sicherstellen. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft München II wurde der Leichnam sichergestellt, eine Obduktion soll in diesen Tagen die genaue Todesursache klären.

Am Donnerstag haben sich die Angehörigen des 21-Jährigen von ihm verabschiedet

Nachdem sie am späten Dienstagabend seelsorgerisch betreut werden mussten, konnten sich die Angehörigen des Getöteten am Donnerstag von ihm verabschieden - seine Geschwister und deren Kinder sowie mehrere Cousins und Mitglieder des Helferkreises. Dieser skizziert einen komplizierten Lebenslauf: Demnach musste der junge Mann schon als Kind mit seiner Familie in den Iran flüchten. Als Soldat einer afghanischen Einheit in Syrien soll er gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gekämpft haben. Erst vor kurzem war er von Beuerberg nach Wolfratshausen umgesiedelt worden, soll hier wieder Hoffnung geschöpft haben: "Er war gerade dabei, positiv in die Zukunft zu schauen", heißt es aus dem Helferkreis.

Während die einen Abschied nehmen, versuchen andere, den Unfallfahrer ausfindig zu machen. Am Donnerstag hatte die Polizei noch keine konkrete Spur. Es gibt bisher nur einen Hinweis. Demnach soll er oder sie mit einem Minivan unterwegs gewesen sein: einem Mazda 5, Nissan NV200, VW Sharan oder Seat Alhambra. Hubert Schwaiger von der Weilheimer Verkehrspolizei appelliert an den Unfallfahrer: "Sich zu melden ist immer besser als sich nicht zu melden."

Wer den Unfall beobachtet hat oder von einem im Frontbereich beschädigten Auto weiß, meldet sich unter Telefon 08171/421 10 bei der Polizei

© SZ vom 20.12.2019/vfs - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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