Wirtschaftsfolgen von Corona:Stille im Tölzer Kurhaus

Gebäude erstrahlen rotem Licht

Ende Juni erstrahlten bundesweit Veranstaltungsgebäude in rotem Licht, um auf die prekäre Situation für Kulturschaffende aufmerksam zu machen - so auch das Kurhaus.

(Foto: Manfred Neubauer)

Keine Hochzeitsfeiern, keine Konzerte, keine Tagungen: Die Pandemie hat das historische Veranstaltungshaus im Kurpark mit voller Wucht getroffen

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Herbert Paul Landauer hat als Unternehmer schon so manches erlebt. Gute Zeiten, normale Zeiten, unerfreuliche Zeiten. Aber so schlecht wie jetzt in der Corona-Krise waren sie für ihn noch nie. Auch wenn er das Tölzer Kurhaus wieder aufsperren durfte, lebe er "im Prinzip weiter fast wie im Shutdown", erzählt der Betreiber. Der Stadtrat tagt zwar im großen Saal, auch der Kreistag hält dort seine Sitzungen ab, ein kleines Filmteam war vor Kurzem zu Gast. All dies sei jedoch bloß so eine Art "homöopathische Betreuung", sagt Landauer. Denn ansonsten ist im Kurhaus kaum etwas los. Keine Hochzeitsfeiern, keine Konzerte, keine Tagungen. "Bis September ist alles weg."

Die Corona-Pandemie hat die Veranstaltungsbranche mit voller Wucht getroffen. Und das Kurhaus sei nun mal "ein reines Veranstaltungshaus", betont der Pächter. Der vom Münchner Architekten Gabriel von Seidl entworfene Prachtbau im Kurpark lockt jedes Jahr viele Hochzeitspaare an, die aus Bad Tölz, aus der Region, aus München kommen, aber auch aus den USA, Kanada, Mexiko oder Asien. Hochzeitsfeiern mit bis zu 250 Gästen, für die der große Saal ausgelegt ist, sind wegen der Corona-Auflagen vorerst nicht zu organisieren. Selbst wenn sie erlaubt wären, gäbe es Landauer zufolge viele Fragen zu klären. Als da wären: Darf eine Musikkapelle im Saal spielen? Darf man nur mit dem Partner aus dem eigenen Haushalt oder auch mit anderen tanzen? Sind die Abstandsregeln drinnen einzuhalten? Was ist mit der Maskenpflicht? Wenn junge Eheleute schon viel Geld ausgeben, möchten sie den schönsten Tag in ihrem Leben nicht gerade mit Mund-Nasen-Schutz feiern, sagt der Pächter.

Ein Trost bleibt Landauer immerhin: Die meisten Paare stornierten ihre Hochzeitsfeier nicht, sondern buchten sie aufs nächste Jahr um. Der Verlust an Einnahmen lässt sich so allerdings nicht wettmachen, 2021 hat schließlich nicht mehr Wochenenden und Feiertage als dieses Jahr. Völlig ungewiss ist die Situation bei ausländischen Paaren, denn niemand kann zurzeit vorhersagen, wann etwa Besucher aus den USA wieder in die EU kommen dürfen. "Ich habe eine Gänsehaut, wenn ich darüber nachdenke", meint Landauer.

Die kulturellen Veranstaltungen im Tölzer Kurhaus liegen ebenfalls brach. Kabarett, Theater, klassische Konzerte, Lesungen - wann solche Abende wieder stattfinden können, sei "bis auf Weiteres unbekannt", sagt Landauer. Auch die Hochzeitsmesse steht auf der Kippe, denn mit den Vorbereitungen dafür müsste der Betreiber in diesen Tagen beginnen. Das Verbot von Großveranstaltungen soll nach aktuellem Stand noch bis Ende Oktober gelten, "aber ich kann ja nicht sagen, ich warte bis dahin ab", erklärt Landauer. "Am 1. November brauche ich nicht mehr anzufangen."

Es sind vor allem die Ungewissheit und das Schwammige mancher Regelungen, die dem Pächter des Kurhauses zu schaffen machen. Nicht immer sei ja nicht definiert, was ein Großveranstaltung nun genau sei, "da ist es schwer für uns zu planen". Auch wenn er sich mit der Corona-Politik der Regierungen in Bund und Land sonst durchaus zufrieden zeigt, fehlt ihm als Veranstaltungsmanager eine Art Fahrplan, um das künftige Programm auf die Beine stellen zu können. Gerade in der Kulturbranche sei es jetzt an der Zeit, die Verträge mit den Künstlern unter Dach und Fach zu bringen. Schlimm, sagt Landauer, sei für ihn "das Ungewisse".

Im Kurhaus sind etwa 40 Mitarbeiter angestellt, davon 25 in Vollzeit. Sie befinden sich derzeit in Kurzarbeit. Einige von ihnen, darunter auch ein Azubi, sind mit Umbuchungen und Stornierungen beschäftigt. Die Gastronomie ist auch im Kurhaus ist zum Teil wieder geöffnet. "Was sich nach Lockerung und Normalität anhört, stimmt so nicht, viele Gasthäuser machen haben ja wieder zugemacht." Im Kurhaus geht es erst einmal weiter. Finanziell habe man in den vergangenen Jahren gut gearbeitet, sagt der Betreiber. Dennoch müsse er jetzt "privates Geld zuschießen".

Mit Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) und einigen Stadträten hat Landauer über die Folgen der Corona-Krise für den Betrieb im Tölzer Kurhaus gesprochen und seine betriebswirtschaftlichen Unterlagen bei der Stadt eingereicht. Vielleicht bekomme er ja Hilfe, sagt der Pächter. "Wenn nicht, kann man nichts machen."

Rathauschef Mehner mag dazu nichts sagen. Ihm ist bewusst, wie wichtig das Kurhaus oder auch das Marionettentheater mit dem Planetarium für Bad Tölz sind. Die Stadt als Eigentümer dieser Gebäude sei in der Corona-Krise genauso gefordert wie ein privater Vermieter, sagt er. "Man kann schon schauen, dass man keine Härtefälle erzeugt und Kulanz zeigt." Für Herbert Paul Landauer werden die Zeiten schwierig bleiben. Trotzdem gibt er sich optimistisch. Nach Rückschlägen, sagt er, sei er auch früher wieder aufgestanden.

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