Süddeutsche Zeitung

Wirtschaft in Bad Tölz-Wolfratshausen:Sparkasse macht zehn Filialen dicht

Das Kreditinstitut schließt fünf Zweigstellen und verwandelt fünf weitere in Selbstbedienungszonen. Künftig sollen sechs große Beratungs-, ein Kunden- und ein Digitalcenter die "Herzkammern" für die Kundenbetreuung sein

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen treibt ihre Umstrukturierung im Landkreis voran. Anfang 2022 werden die fünf Filialen in Icking, Bad Heilbrunn, Gaißach, Jachenau und Walchensee komplett geschlossen. Die fünf Zweigstellen in Dietramszell, Reichersbeuern, Egling, Königsdorf und Waldram werden in sogenannte SB-Geschäftsstellen mit Geldautomat und Kontoauszugsdrucker umgewandelt. Die Filialen in Münsing, Kochel und im Sparkassencenter am Tölzer Bahnhof bleiben erhalten. "Das ist kein Programm, mit dem Kosten gespart und Personal abgebaut werden soll", betonte Vorstandsvorsitzende Renate Waßmer beim Jahrespressegespräch der Sparkasse am Mittwoch im Beratungscenter Bad Tölz. Vielmehr reagiere man damit auch auf das Verhalten der Kunden in der Corona-Pandemie.

Wie Vorstandsmitglied Thorsten Straubinger erläuterte, fänden mittlerweile 83 Prozent aller "stationären Vorgänge" ausschließlich in den sechs Beratungscentern der Sparkasse im Landkreis statt. Das bedeutet: Ein Kunde erscheint dort persönlich, weil er ein Anliegen hat. Die restlichen 17 Prozent verteilen sich auf die derzeit noch 13 Filialen. Wobei jene zehn Zweigstellen, die bald nur aus Automaten bestehen oder ganz geschlossen werden, bislang ohnehin allenfalls zwei Mal pro Woche mit einem Mitarbeiter besetzt sind. Die Kunden in Icking werden von 2022 an in Wolfratshausen betreut, die Bad Heilbrunner in Benediktbeuern, die Gaißacher in Tölz, die Jachenauer in Lenggries, die Walchenseer in Kochel. Bei den Geldautomaten kooperiert die Sparkasse mit der Volksbank im Rewe-Markt in Bad Heilbrunn und in der Jachenau. Für die Kunden in Walchensee soll es einen Service-Point in der Tourist-Info geben. Ansonsten verwies Straubinger auf das Bargeld-Taxi, das die Sparkasse seit 2018 anbietet: Kunden können bis zu 2000 Euro im Monat telefonisch ordern und sich per Post bringen lassen - das Geldinstitut übernimmt dabei Kosten und Risiko. Die Klienten in Dietramszell, Reichersbeuern, Egling, Königsdorf und Waldram werden fortan in den Beratungscentern in Bad Tölz, Geretsried und Wolfratshausen betreut.

Ein Personalabbau geht damit nicht einher. Die Sparkasse beschäftigt derzeit 442 Mitarbeiter und 23 Azubis, die für insgesamt etwa 70 000 Kunden im Landkreis zuständig sind. In den zehn Filialen, die geschlossen, respektive umgewandelt werden, gibt es umgerechnet sieben Vollzeitstellen. "Aber wir brauchen zusätzlich mehr als zehn Vollzeitkräfte", sagte Straubinger. Die Kapazitäten sollen verlagert werden. Die sechs Beratungscenter in Bad Tölz, Lenggries, Benediktbeuern, Wolfratshausen sowie an der Egerlandstraße und der Händelstraße in Geretsried sollen die "Herzkammern" der Sparkasse sein, wie Vorstandsvorsitzende Waßmer sagte. Dazu kommen das hauseigene Kunden-Servicecenter für die Telefonberatung sowie das Digitale Beratungscenter (DBC), das von drei auf sieben bis acht Mitarbeiter aufgestockt werden soll.

Die Räume der zehn Filialen befinden sich teils im Besitz des Kreditinstituts, teils wurden sie gepachtet. Die Mietverträge in Egling oder Königsdorf habe man gekündigt, berichtete Vorstandsmitglied Christian Spindler. Das Gebäude in Waldram werde vielleicht in ein Wohnhaus umgewandelt, in Dietramszell wolle man die Immobilie als Büro vermieten. In Wolfratshausen sucht die Sparkasse derzeit ein geeignetes Areal für das Beratungscenter - tunlichst im Gewerbegebiet, mit Parkmöglichkeiten und gut zu erreichen. Die ehemalige Filiale in der Tölzer Markstraße wollte das Kreditinstitut eigentlich an einen Einzelhändler vermieten, aber dieser Kontakt hat sich wegen Corona zerschlagen. "Wir werden neu ausschreiben", avisierte Spindler.

Mit ihrer Strategie, im digitalen Zeitalter auf wenige Beratungscenter anstatt auf viele Filialen zu setzen, sieht sich die Sparkasse gerade in der Corona-Zeit bestätigt. Dafür zählte Straubinger vor allem zwei Gründe auf. Zum einen seien Frequenz und Marktanteile in den Centern inzwischen ungleich höher als in den Filialen, außerdem spiele auch das Bargeld eine geringere Rolle als vor der Pandemie. Dies belegten die Auszahlungen an Geldautomaten, die 2020 um knapp 300 000 auf 1,15 Millionen Vorgängen sanken. Zudem hätten die telefonische und die digitale Beratung, etwa über Screensharing, zugenommen und lägen nun bei einem Anteil von 40 Prozent. Zwei Drittel der Kunden nutzten über alle Altersgruppen hinweg das Online-Banking, so Straubinger. Und die Sparkassen-App hat mittlerweile 17 900 Nutzer (2011 waren es nur 2080). Die Umstrukturierungen, so Waßmer, zielten darauf ab, "dass wir dort sind, wo der Kunde uns sucht".

Trotz Corona verlief das Geschäftsjahr 2020 für die Sparkasse zufriedenstellend. "Wir haben unsere Rolle als Marktführer in der Region behauptet", so Waßmer. Der Marktanteil liegt bei 44,8 Prozent, gefolgt von den Genossenschaftsbanken mit 35,5 Prozent. Das Kundengeschäftsvolumen belief sich auf fast fünf Milliarden Euro, ein Plus von 25 Prozent seit 2015. Die Einlagen betrugen rund 2,2 Milliarden, die Kredite knapp zwei Milliarden - 150 Millionen Euro mehr als 2019. Der Gewinn umfasste 2,8 Millionen, das Eigenkapital erhöhte sich von 138 auf 150 Millionen Euro.

Insgesamt bearbeitete die Sparkasse 212 Anträge auf Corona-Fördergelder und gab 33 Millionen Euro an solchen Mitteln aus. Überdies wurden 1042 Darlehen wegen Corona ausgesetzt: "Das zeigt, dass wir für die Kunden da waren in einer Notsituation", sagte Waßmer.

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Quelle:
SZ vom 29.07.2021
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