Werner Schneyder:Letztes Solo eines ganz Großen

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Der Kabarettist Werner Schneyder denkt ans Aufhören. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Der Kabarettist rechnet im Tölzer Kurhaus mit Gesellschaft und Politik ab.

Von Martina Schulz, Bad Tölz

"Satire ist die Forderung nach einer heilen Welt", beendet Werner Schneyder sein Gastspiel im ausverkauften Kurhaus in Bad Tölz. Sein Programm "Das ultimative Solo" ist genau das: das letzte Soloprogramm eines der ganz Großen des deutschsprachigen Kabaretts. Schneyder, der 1937 in Graz geboren wurde, wird im Januar 80 Jahre alt. Ehe er sich von der Bühne verabschiedet, teilt er, der auch Boxsportübertragungen moderierte, noch einmal richtig aus. Keiner wird verschont: Politiker, die EU, Manager, die katholische Kirche, der Islam, Finanzmärkte, Fremdenverkehr, die Verkehrspolitik, das Fernsehen, die Kulturschaffenden, die Kritiker, und nicht zuletzt das Kabarett selber werden verbal ausgeknockt.

"Wenn in der SPD heute einer ,Genossen' sagt, dann meint er damit die Vergangenheit von genießen und meistens einen Chateau Rothschildt", sagt er süffisant. Doch Schneyder kann auch sehr bissig und sehr direkt sein: "Wie die Nonnen vorm Pornokino steht die SPD vor der Linken." Direkt werden muss er auch, denn er kritisiert genau jene Worthülsen, Phrasen und die aufgeblähte Sprache, mit denen die Gesellschaft täglich konfrontiert wird. Deshalb seien die "Wahlzellen so schlecht besucht wie Beichtstühle". Politische Parteien müssten wieder an das appellieren, wofür sie eigentlich stehen, und Charakter zeigen. Mit der Folge, dass dann bei den Sozis eben "Urlaub nach Bedarf" im Programm stünde. "Die Nutzung der menschlichen Blödheit darf man nicht den Rechten überlassen", mahnt er.

Die Parteien wüssten schon gar nicht mehr, wofür ihr Name eigentlich stehe. Mit einem sauberen linken Haken greift Schneyder die Sozialdemokraten an. Mit der Ablehnung der SED nach der Wiedervereinigung habe sich die SPD in Deutschland "den linken Flügel ausgerissen". Wie eine Fliege flöge sie nun im Kreis, eine Bewegung, die als "Schröder-Pirouette" in die Geschichte eingehen werde.

Mit einem rechten Haken attackiert Schneyder dann das Verhalten der CSU. "Christlich sozial bedeutet: in Gottes Namen so tun als ob." Heuchelei ist Schneyder grundsätzlich ein Dorn im Auge: "Ich habe Freunde, die wollen keine Überwachung, regen sich dann aber auf, wenn der Staat nicht genug für den Schutz der Bürger macht." Ebenso heuchlerisch sei es, sich über Flüchtlinge aus Afrika zu ereifern, die sich dort die Lebensmittel nicht mehr leisten könnten, weil der Westen die Preise diktiert: "Je mehr Flüchtlinge kommen, desto erfolgreicher ist die Exportpolitik." Schneyder gibt auch deshalb den Managern eine Mitschuld am Aufflammen des Nationalismus. Und Donald Trump, der dümmer sei als die Familie Bush inklusive Haustier, habe nun auch noch die Großgauner der Wall Street in seiner Regierung.

Schneyder beobachtet und analysiert sehr genau, bevor er gnadenlos seine Tiefschläge verteilt. Gerade der Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsfällen verurteilt der Kabarettist scharf. Seit es keine Pfarrersköchinnen mehr gebe, da Frauen dank Emanzipation nicht mehr an den Herd wollten, müsse der Pfarrer sich eben anderweitig umschauen. Papst Benedikt habe "Kondome erlaubt, um die Gesundheit seiner Kardinäle zu schützen". Und in einem seiner Gedichte, die er am Bühnenrand vorträgt, heißt es "Maria bleibt die Reine, sie schaffte es alleine". Dem Publikum war angesichts der sprachlichen Direktheit seine Überraschung anzumerken. Selbst versöhnlichere Töne haben bei Schneyder immer eine Pointe: "Kinder zu erziehen ist leicht. Schwer ist es, das Ergebnis zu lieben."

Die beste Zeit sei für den Satiriker das Paradies gewesen, hält Schneyder am Ende der zweistündigen Veranstaltung fest. Da sei die Sache noch übersichtlich gewesen: "Die Sache mit dem Apfel wird böse enden." Der Abend im Kurhaus zeigte, dass es in der realen Welt kaum einen Punkt gibt, den der Satiriker weglassen kann, denn "der Zustand der Welt zwingt uns zu intelligenten Antworten".

© SZ vom 05.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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