Wegen Klimawandel und Artensterben:Rekord-Zulauf beim LBV

Wegen Klimawandel und Artensterben: LBV-Landessprecher Markus Erlwein freut sich über den Zuwachs.

LBV-Landessprecher Markus Erlwein freut sich über den Zuwachs.

(Foto: LBV/oh)

Der Landesbund für Vogelschutz konnte 2019 im Landkreis 70 Prozent mehr Mitglieder gewinnen - dank aktiver Haustürwerbung und eines gestiegenen Umweltbewusstseins. Der Bund Naturschutz will das in diesem Jahr nutzen

Von Vanessa Neuss

Die Bezeichnung "Klimahysterie" wurde zum Unwort des Jahres 2019, nachdem sie von manchen Politikern und einigen Medien inflationär verwendet worden war. Die örtlichen Naturschutzverbände hingegen engagieren sich fernab von jeglicher Hysterie schon seit Jahrzehnten für die Umwelt und das Klima. Und immer mehr wollen mitmachen: Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) hat 2019 riesige Zuwächse verzeichnet: Ganze 1 234 neue Mitglieder zählt die Kreisgruppe Bad Tölz-Wolfratshausen - insgesamt sind es bereits 3000. "Der Landkreis war ein Schwerpunkt in der aktiven Mitgliederwerbung", sagt Markus Erlwein, Sprecher des LBV-Landesverbandes. Damit überholt der LBV den Bund Naturschutz (BN), dessen Kreisgruppe 2100 Mitglieder zählt. Deren Vorsitzender Friedl Krönauer berichtet von gleichbleibenden Mitgliederzahlen, merkt aber vermehrtes Interesse bei den Bürgern. "Wir kriegen einen Haufen Zuschriften", sagt Krönauer.

Das Bewusstsein für den Umweltschutz in der Bevölkerung sei im vergangenen Jahr spürbar gestiegen, konstatiert auch Erlwein. Die "Fridays for Future"-Bewegung trage einen großen Teil dazu bei. Weitere "einschneidende Vorkommnisse" führten ebenfalls zu erhöhtem Engagement. Das Thema Insektensterben etwa erlange aufgrund der Krefelder Studie von 2017 großes Aufsehen in der Öffentlichkeit. Der LBV gehörte auch zum Trägerkreis des erfolgreichen Volksbegehrens Artenvielfalt in Bayern. Immer mehr Bürger wollten die Natur in ihrer unmittelbaren Umgebung bewahren, sagt Erlwein. "Vielen Menschen ist es nicht egal, ob die Arten vor ihrer Haustür sterben oder die Natur verschwindet", so der Sprecher des LBV.

Der BN-Vorsitzende Krönauer sieht vor allem die Politik im Zugzwang. Es könne nicht schnell genug gehen, dass man etwas gegen das Artensterben und die Klimaerwärmung unternehme, sagt er. Entscheidend dabei sei: "Es muss sozial verträglich sein." Ein natur- und klimaverträgliches Leben sollte nichts sein, das man sich leisten können müsse, findet Krönauer. Nicht nur gut situierte "Bildungsbürger" sollten mitgezogen werden, auch "Leute, bei denen es knapp ist". Die Kommunalpolitiker im Landkreis würden immer wieder vorgeben, dass alles in bester Ordnung sei, sagt er. Doch der Boden beispielsweise sei eben nicht unerschöpflich.

Dass immer mehr Bürger gewillt sind, die Natur auch tatkräftig zu schützen, zeigt der überdurchschnittlich hohe Zuwachs an Mitgliedern beim LBV. Der lag bayernweit 2019 bei zehn Prozent. In den vergangenen Jahren war die Tendenz laut Erlwein zwar auch steigend, allerdings nicht in diesem Ausmaß. Die Kreisgruppe übertrifft den Schnitt jedoch bei Weitem. 70 Prozent neue Mitglieder konnte der LBV in Bad Tölz-Wolfratshausen im vergangenen Jahr gewinnen. Sabine Tappertzhofen, die die Kreis-Geschäftsstelle leitet, weiß, warum der Zuwachs so groß ist: "Studierende sind von Haustür zu Haustür gelaufen und haben den LBV vorgestellt." So seien viele neue Mitgliedschaften entstanden, einige davon aktiv. "Für die Biotoppflege können wir jede helfende Hand gebrauchen", sagt Tappertzhofen - etwa um Streuwiesen zu mähen. Man könne niemanden überzeugen, der von Grund auf kein Interesse habe, betont Tappertzhofen - und freut sich über das große Interesse am LBV. "Früher wurden wir oft ein bisschen belächelt", sagt sie. "Heute nimmt man uns ernst und engagiert sich."

Beim BN sind die Mitgliederzahlen dagegen seit Jahren eher konstant. "Alle fünf Jahre gehen die Verbände von Haustür zu Haustür und wollen so neue Mitglieder gewinnen", sagt Krönauer. In diesem Jahr sei es wieder soweit. Ein fester Stamm an aktiven Mitgliedern wirke schon seit einigen Jahren beim BN mit, so Krönauer. Viele andere unterstützten den Naturschutzverband hauptsächlich finanziell. Oft sei es schwierig, die Menschen für konstantes Engagement zu motivieren. Für einzelne zeitlich begrenzte Projekte wie Baumpflanzungen sei dies einfacher. Dennoch hat sich Krönauer für 2020 viel vorgenommen: "Wir werden versuchen, die Ortsgruppen zu stärken und auch neue zu gründen."

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