Wegen hoher Fallzahlen:Mehr Sozialarbeit im Lettenholz

Der Tölzer Stadtrat billigt eine zusätzliche halbe Stelle an der Grundschule des Viertels

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Die Lettenholz-Siedlung ist nicht gerade ein Problemviertel, die Kriminalitätsrate liegt dort auch nicht höher als anderswo in Bad Tölz. In den Wohnblocks leben jedoch viele Familien, die aus anderen Ländern stammen und Hilfe benötigen. Das zeigt sich auch an den Fallzahlen der Jugendsozialarbeit an der Lettenholz-Grundschule. Im Jahr 2016 waren es dort noch 62 Einzelfälle, in denen Kinder und ihre Eltern professionelle Unterstützung bekamen, im Vorjahr stieg dieser Einsatz um rund 50 Prozent auf 92 Fälle. Zum Vergleich: Der Durchschnitt bei den sechs Jugendsozialarbeitern im Landkreis liegt bei 34. Deshalb stimmten die Stadträte im Haupt- und Finanzausschuss am Donnerstag ohne längere Debatte einer weiteren halben Stelle für Jugendsozialarbeit an der Lettenholzschule zu.

"Ich glaube, der Bedarf ist notwendig", sagte Bürgermeister Josef Janker (CSU). "Das ist wohlinvestiertes Geld." An der Grundschule am Stadtrand arbeitet bislang eine Fachkraft, die für 20 Stunden pro Woche angestellt ist. In dieser Zeit könne sie die vielen Kinder, die Unterstützung brauchen, nicht alle betreuen, sagte die stellvertretende Stadtkämmerin Silke Furmanek. Jedenfalls nicht mit der Intensität, wie sie das gerne möchte und wie dies auch erforderlich sei. Dabei könne gerade Kindern im Grundschulalter und ihren Eltern wirksam geholfen werden, weil sie für die Jugendsozialarbeit in dieser Phase noch zu erreichen und eher bereit seien, Angebote anzunehmen, so Furmanek. "Man arbeitet hier sehr präventiv." Aufgrund der hohen Zahl an Einzelfällen sei es für die Halbtagskraft aber nicht möglich, auch noch Projektarbeit mit benachteiligten Kindern zu leisten. An den beiden anderen Grundschulen in Tölz sind die Fallzahlen niedriger: An der Südschule waren es 2016 lediglich 42 Fälle, an der Jahnschule gar nur 39.

Vor diesem Hintergrund empfahl auch das Amt für Jugend und Familie des Landkreises, der die halbe Stelle bei der Regierung von Oberbayern beantragen und selbst mitfinanzieren muss, die Aufstockung der Jugendsozialarbeit im Lettenholz. Die zusätzlichen Personal- und Sachkosten liegen bei 36 000 bis 40 000 Euro. Die Stadt muss Furmanek zufolge einen jährlichen Anteil zwischen 19 600 und 23 600 Euro zahlen. Die halbe Stelle muss vom Jugendhilfeausschuss des Landkreises beschlossen werden. Danach müsse man einen Träger suchen, da die Stadt selbst die Jugendsozialarbeit nach den staatlichen Förderrichtlinien als Sachaufwandsträger nicht übernehmen darf, sagte Furmanek. Auch der Landkreis kommt dafür nicht in Frage, weil er das für sich ausgeschlossen hat. Die zusätzliche Fachkraft wird ihre Arbeit also frühestens zu Beginn des kommenden Schuljahres aufnehmen können.

Ludwig Janker (CSU) wollte wissen, ob die Jugendsozialarbeit nur vormittags oder auch noch am Nachmittag stattfindet. Sie sei nur möglich, wenn die Kinder da seien, erwiderte die stellvertretende Kämmerin. "Also während der Unterrichtszeit." Aus diesem Grund stocke man auch die bestehende halbe Stelle nicht zu einer vollen auf. "Eine Vollzeitkraft wäre nicht sinnvoll, weil sie zwar nachmittags da wäre, die Kinder aber nicht." Dritter Bürgermeister Christof Botzenhart (CSU), der als Studiendirektor am Gymnasium Geretsried tätig ist, weiß aus seinem Berufsalltag, wie anspruchsvoll die Arbeit eines Jugendsozialarbeiters ist. Die Aufstockung an der Lettenholz-Schule könne er von daher nur gutheißen: "Das ist ein Gebiet, für das prognostiziert ist, dass wir noch mehr Migrantenkinder bekommen werden."

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