Lenggries:Mit Paddel und Pinsel Gewässer schützen

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Pascal Rösler und sein Verein Pure Water for Generations führen Kinder spielerisch an das Thema Wasser heran.

Von Veronika Ellecosta, Lenggries

Die Sonne hat den morgendlichen Herbstnebel von den Kiesbänken an der Isar vertrieben. Einige Reste davon hüllen die Berge darüber noch in Weiß, aber der Himmel wird schon langsam blau. In der Ferne läuten Kuhglocken und das Wasser plätschert milde dahin. Vor wenigen Wochen, als 950 Kinder und Jugendliche ihre Bilder zu den Wassertagen hier in Fleck bei Lenggries ablegten, trug die Isar noch weniger Wasser als heute, erzählt Pascal Rösler und streckt sich auf den noch kaum erwärmten Kiesbänken aus. "Aber so ist sie halt, die Isar."

Rösler trägt Lederhosen und Strümpfe in Blau, passend zum Wasserthema, dazu ein ebenfalls blaues Hemd. Die Tracht hat er aus Nachhaltigkeitsgründen eigentlich immer an, und das Hemd stammt aus einer früheren Zeit in seinem Leben als Unternehmer. Heute nennt sich der 49-Jährige selbst lieber "Natural Entrepreneur", einer der gerne anpackt, wenn ihm etwas einfällt. 2016 entdeckte Rösler das Wasser für sich, geliebt hat er es aber eigentlich schon immer, wie er sagt. Das Wasser ist sein Kraftort, er fühlt sich ihm verbunden. Tausende Kilometer stand er bisher auf seinem Stand-üp-Paddling-Board: Er paddelte von München nach Wien auf der Donau, dann über die gesamte Salzach und schließlich zwei Monate lang über die Donau bis an das Schwarze Meer. Seine Flussreisen verpackte er in Filme, mit denen er heute flussauf- und flussabwärts tourt. Er tut das, um Spenden für Wasser- und Umweltschutz zu sammeln, aber vor allem, um die Menschen für die Thematik zu sensibilisieren.

Wer so lange auf einem Brett über die Flüsse paddelt, sagt Rösler, wird irgendwann stutzig, warum das Wasser, auf dem man rudert, nicht trinkbar ist. Warum es immer noch von Industrie und Schifffahrt verschmutzt wird. Daraus hat er seine Vision formuliert: Die Donau soll bis 2042 wieder Trinkwasser führen, daneben auch ihre Seitenarme, zum Beispiel die Isar. Der Weg zum sauberen Wasser führt zurück zu den Wurzeln, zu einer demütigen und dankbaren Verbindung zur Natur, die den Menschen, wie Rösler glaubt, abhandengekommen ist.

Die vergangenen 130 Jahre Industrialisierung hätten den Flüssen mehr geschadet als die Jahrhunderte davor, sagt er. Pascal Rösler rief seinen Verein Pure Water for Generations ins Leben, um dazu beizutragen, dieses verlorene Gleichgewicht wieder herzustellen, um die Botschaft vom Wasser in die Welt zu tragen. Denn zuversichtlich ist er trotz allem: Dass die Menschen ihr Bewusstsein und ihr Verhalten ändern können. Ein wichtiger Bestandteil dieses Weges ist neben politischen Forderungen für Rösler dabei Bildungsarbeit.

Aus diesem Grund rief Pure Water for Generations 2019 die sogenannten Wassertage ins Leben. Nach einem Jahr Corona-bedingter Pause fanden die Projekttage diesen Sommer zum zweiten Mal statt. An 21 Tagen in diesem Sommer waren Rösler und sein Team in vier deutschen Bundesländern und in Österreich unterwegs, um sich mit den Schulklassen und Feriengruppen mit dem Thema Wasser auseinanderzusetzen. Der Zugang von Rösler ist dabei, wie auch in den Filmen über seine Flussreisen auf dem Stand-up-Paddling-Board, kein naturwissenschaftlicher. Es geht ihm um philosophische Fragen, um die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt und eben um den ökologischen Bewusstseinswandel.

Im Jahr 2019 gab es schon einmal eine Ausstellung mit Wasserbildern von Kindern, damals am Walchensee. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Diese Perspektive eröffnet Rösler den Kindern an den Wassertagen: Gemeinsam wird dort über den Fluss des Lebens sinniert, am Wasser meditiert, der Weg des Plastiks in die Donau nachgezeichnet und das eigene Konsumverhalten hinterfragt. Am letzten Tag geht es auf den Fluss zum Paddeln und zum Abschluss des Projekts legen die Kinder die Wasserbilder aus, die an der Malstation entstanden sind.

Vor zwei Jahren konnte man die Bilder am Walchensee bewundern, im August dieses Jahres wählte Rösler die Kiesbänke der Isar in Fleck bei Lenggries aus. 950 Bilder waren es heuer insgesamt, erzählt er zufrieden. Die Jugend stimmt ihn zuversichtlich, denn sie spürt diese Verbindung zum Wasser noch, sagt er. "Das sieht man, wenn badende Kinder das Wasser gar nicht mehr verlassen wollen, egal, wie blau vor Kälte ihre Lippen schon sind." Nur die Erwachsenen haben das irgendwie verlernt, findet er.

Ob die Donau bis 2042 wirklich trinkbar werden wird, sei am Ende nicht das, was zählt. Mittlerweile steht die Sonne höher und hat den letzten Nebel aufgelöst, eine Bachstelze springt über die weißen Steine im Fluss. Pascal Rösler schaut auf das fließende Gewässer. Wenn die Menschen erkannt haben, dass Wasser schützenswert ist, sagt Rösler sei der Bewusstseinswandel, den er sich so sehr erhofft, schon eingetreten.

© SZ vom 12.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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