Filmpremiere:Heimat - garantiert subjektiv

Filmpremiere: Regisseur Walter Steffen bei der Arbeit.

Regisseur Walter Steffen bei der Arbeit.

(Foto: Konzept+Dialog/OH)

In Teil 2 von Walter Steffens Episodenfilm "Mein Daheim im Oberland" stellt Pater Geißinger seine Lieblingsplätze im Kloster Benediktbeuern vor. Und Anatol Regnier erzählt von seinem ersten Schultag, der nicht stattfand.

Von Stephanie Schwaderer, Seeshaupt/Benediktbeuern

Walter Steffen hat eine besondere Form der Heimatkunde erfunden. Seit Mitte der Achtzigerjahre rückt der Seeshaupter Regisseur Menschen aus seiner oberbayerischen Umgebung in den Mittelpunkt seiner Dokumentarfilme, porträtiert Fischer, Flößer, Handwerker. Für sein neuestes Projekt "Mein Daheim im Oberland" ist er noch einen Schritt weiter gegangen. Statt selbst die Geschichte eines Ortes, einer Stadt oder Gemeinde zu erzählen, lässt er Leute zu Wort kommen, die diesen Orten auf besondere Weise verbunden sind. Am Samstag, 20. August, feiert Teil 2 seines Episodenfilms in Oberau Premiere. Mit dabei sind diesmal Benediktbeuern, vorgestellt von Pater Karl Geißinger, Geretsried (Assunta Tammelleo), Oberau (Josef Lohr), Gauting (Gerd Holzheimer), Weilheim (Susie Wimmer) und Ambach (Anatol Regnier).

"In jeder menschlichen Persönlichkeit spiegelt sich die ganze Welt", sagt Steffen. Für die insgesamt zwölf Episoden habe er Menschen ausgewählt, die begeistert waren von der Idee, ihre Heimatorte aus einer persönlichen Perspektive vorzustellen. Die Leitfragen lauteten: "Was ist dein persönliches Daheim? Welcher Platz und welche Menschen waren und sind für dich in deinem Heimatort wichtig oder prägend?" Nach den Vorgesprächen hatten alle Protagonisten einen Drehtag zur Verfügung, den sie frei gestalten durften. So entstanden zwölf filmische Porträts von Menschen und ihren Heimatorten, "unverfälscht und direkt", wie Steffen sagt, "nah und wahrhaftig, heiter, ernst und berührend und dabei immer subjektiv".

Der Blick, den Pater Karl Geißinger auf Benediktbeuern wirft, ist natürlich vom Klosterleben der Salesianer geprägt. Geißinger hat das weit über die Region bekannte Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) aufgebaut, das vor allem Kindern und Jugendlichen einen wertschätzenden Umgang mit der Natur und dem Leben in seiner ganzen Vielfalt vermitteln will. Ein Ort, den der Pater täglich aufsucht, ist der Aussichtspunkt, von wo aus er über die Moorlandschaft blicken und innere Ruhe finden kann. Im Kloster zeigt er den Meditationsgarten, den er selbst angelegt hat, führt über den Friedhof und durch den Kreuzgang in die Klosterbasilika, die für ihn ein besonderer Ort des "Daheim-Seins" ist, und hinauf in den alten Dachstuhl des Maierhofs, wo die Salesianer einen Meditationsraum eingerichtet haben.

Assunta Tammelleo, bekannt als Leiterin der Kulturbühne "Hinterhalt", stellt ihre Wahlheimat Geretsried unter anderem mit einem Besuch beim "Schmid Bäck" vor. Ludwig Schmid führt das Filmteam durch seine Backstube und erklärt dabei, wie Geretsried nach dem Krieg auf ehemaligen Bunkern der Munitionsfabriken aufgebaut wurde. Die nächste Station ist die evangelische Petruskirche, wo Tammelleo Pfarrer Theo Heckel vorstellt. Er hatte vor einigen Jahren Aufsehen erregt, als er dem Schützenverein untersagte, am Volkstrauertag auf dem Friedhof Böllerschüsse abzufeuern. Weiter geht es zum "Blauen Bunker" und in den Proberaum des Multiinstrumentalisten Roland Hammerschmied, der von seiner Flucht aus der Tschechoslowakei nach dem Ende des Prager Frühlings erzählt. Weitere wichtige Orte sind für Tammelleo die Firma Pana im Industriegebiet, die sie mit ihrem Mann aufgebaut hat, und der "Hinterhalt" in Gelting, wo sie den Geretsrieder Filmmusiker Titus Vollmer und seine Familie vorstellt.

Von seinem ersten Schultag, der nicht stattfand, berichtet Anatol Regnier in seinem Porträt. Der Ambacher Schriftsteller und Musiker ist ein Enkel des Dramatikers Frank Wedekind und Sohn des Schauspielers Charles Regnier. Vor seiner ehemaligen Grundschule in Holzhausen erinnert er sich an jenen Tag, als seine Mutter sich im Termin vertat und zwei Wochen zu früh mit ihm zur Einschulung ging. Auf dem alten Holzhauser Friedhof, von dem aus man einen grandiosen Blick über den Starnberger See in das Voralpenland hat, sind viele Menschen begraben, die Regnier als Kind kannte. Auch seine Mutter liegt dort. Regnier erzählt von ihrer Beerdigung, bei der einer der Sargträger ins Grab fiel. In Ambach gewährt der Künstler Einblicke in die Besonderheit seines Dorfes, in dem es nur eine Häuserzeile gibt. Die Führung endet in seiner kleinen Dachwohnung, wo er ein Lied seines Großvaters Frank Wedekind singt.

"Mein Daheim im Oberland, Teil 2" wird am Samstag, 20. August, im Kulturpark Oberau uraufgeführt. Neben der Filmvorstellung mit den Mitwirkenden und dem Filmteam gibt es ein Konzert mit Titus Vollmer, der auch die Filmmusik komponiert hat, und Norbert "Wetsox" Fähndrich. Beginn 19.30 Uhr, Einlass 18 Uhr. Karten zu 7 Euro gibt es bei der Tourist-Info Oberau. Danach wird der Dokumentarfilm in einigen bayerischen Kinos gezeigt. In Münsing, Benediktbeuern und Geretsried sind zudem Sondervorführungen geplant. Infos unter www.konzept-und-dialog.de oder www.OLAtv.de

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