Die denkmalgeschützte Villa in Ambach, in der einst Waldemar Bonsels (1880-1952) lebte, dürfte zu den auffälligsten Gebäuden am Ostufer des Starnberger Sees sein. Das liegt vor allem am „Ungarischen Tor“, das mit Blumenornamenten farbprächtig verziert ist und das weitläufige Grundstück mit 3400 Quadratmetern Fläche zur Straßenseite im Westen abschließt. Die Holzkonstruktion ist inzwischen zwar nur eine Replik. Allerdings hat das Anwesen mit dem dahinter liegenden Landhaus und dem Grab des Biene-Maja-Erfolgsautors in der Gemeinde Münsing hohen, gerade auch emotionalen Wiedererkennungswert. Vor allem deshalb schlugen die Pläne der Waldemar-Bonsels-Stiftung, die Villa zu veräußern, in den vergangenen Jahren hohe Wellen. Nun hat das Gebäude, inklusive Seeufergrundstück, einen neuen Eigentümer.
Die Villa wurde für eine zweistellige Millionensumme zum Verkauf angeboten
Die Idee zum Verkauf hatte der langjährige Stiftungsvorsitzende Ralf Kirberg vor vielen Jahren. Eine Familie aus der Region habe die historische Immobilie jetzt erworben, bestätigt der Nachfolger im Stiftungsvorstand, Michael Schmid. Nach SZ-Informationen stand eine zweistellige Millionensumme im Raum. „Der Verkauf war notwendig, um die Stiftungszwecke langfristig erfüllen zu können“, sagt Schmid auf Nachfrage. Darunter fallen Förderprojekte für Kunst, Literatur, Wissenschaft und Forschung sowie zur Volksbildung und Erziehung wie etwa die „SingPause“ oder Workshops zur Konfliktlösung an Schulen.
Um dies weiter zu gewährleisten, muss die Stiftung Geld erwirtschaften. „Eine vertretbare Rendite war angesichts des hohen Verwaltungsaufwands für die Villa aber nicht zu erzielen“, sagt Schmid, der die Stiftung seit Jahresanfang gemeinsam mit Jörg Wunderer leitet.
Das Haus war zwar vermietet. Wie Vorgänger Kirberg vor Jahren schon erklärt hatte, mussten jedoch große Summen aufgewendet werden, um etwa die Fassade der Villa mit Details wie dem Familienwappen der ursprünglichen Besitzerfamilie Benczúr originalgetreu zu sanieren. Während der Verkaufsphase, für die das Maklerbüro Immovision des Starnbergers Oliver Herbst als Marktführer für Seeuferimmobilien unterstützend eingeschaltet war, stießen allerdings Ideen der Stiftung für zusätzliches Baurecht auf dem Villengrundstück auf Widerstand.
Dafür sollte zwar der Anbau aus den 1960er-Jahren an der Westseite des Hauses weichen. Stattdessen wollte die Stiftung zunächst ein Haus in direkter Linie zur ebenfalls denkmalgeschützten, jedoch nicht zum Bonsels-Grundstück zählenden Kapelle an der Seeuferstraße bauen. Das lehnten der Münsinger Gemeinderat und das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen genauso ab wie danach ein näher an der südlichen Grundstücksgrenze vorgesehenes Gebäude. Letzteres scheiterte am Immissionsschutz, da ein Fischer auf dem angrenzenden Nachbarareal angesiedelt ist, der räuchert.
Beide Pläne hatte auch der Ostuferschutzverband (OSV) abgelehnt und einen Verkauf generell kritisiert. So fürchtete der Vorstand, dass auf diese Weise das Orts- und Landschaftsbild zerstört werde – wegen Gewinnmaximierung. Schließlich gab die Stiftung ihre Vorstöße zu zusätzlichem Baurecht auf – und sich mit einem Vorbescheid zufrieden, den zweigeschossigen Anbau energetisch zu sanieren und umzugestalten.
Die Bonsels-Villa zu verkaufen, hat wegen der gestiegenen Zinsen und des Ukrainekriegs laut Makler Oliver Herbst etwas länger gedauert. „Ich freue mich, dass wir für die Stiftung einen würdigen Nachfolger finden konnten.“ Es sei gelungen, eine geerdete Familie zu vermitteln, die in das Haus einziehen wolle.
Um überhaupt verkaufen zu dürfen, musste die Stiftung erst ihre Satzung ändern. Waldemar Bonsels dritte Ehefrau Rose-Marie (1909-1993) hatte im Jahr 1977 die Stiftung gegründet und lebte bis zu ihrem Tod in Ambach. Sie legte fest, dass das Andenken an ihren Mann auf dem Grundstück gepflegt werden soll. Im ehemaligen Atelier des Erbauers der Villa hatte sie einen Gedenkraum eingerichtet, in dem der originale Schreibtisch von Waldemars Bonsels und Erinnerungsstücke standen. „Zu verkaufen, war für uns emotional ein Riesenschritt“, sagt Jörg Wunderer, der die Stiftung gemeinsam mit Schmid leitet. Schließlich habe dies den Kerngedanken betroffen. „Wir haben eine Vernunftentscheidung treffen müssen.“ Die bei der Regierung von Oberbayern angesiedelte Rechtsaufsicht für Stiftungen erklärte den Verkauf schlussendlich für zulässig.
Ersatzweise hat die Stiftung ein Mehrfamilienhaus in München erworben, wo auch die Geschäftsstelle untergebracht ist
Der Erlös daraus soll laut Schmid den Bestand der Stiftung nachhaltig sichern. Dafür sei ein Mehrfamilienhaus in der Münchner Ludwigsvorstadt erworben worden, in dem auch die Geschäftsstelle integriert ist. Zudem werde am Standort gerade ein Gedenkraum eingerichtet, in dem zusätzlich zum Mobiliar aus der Ambacher Villa die Erstausgabe von Bonsels Erfolgsbuch „Die Biene Maja und ihre Abenteuer“ sowie Ausgaben aus 30 Ländern gezeigt werden. Zur Biografie gehört allerdings auch, dass die Nazis 1933 zwar zahlreiche Bücher des Schriftstellers verbrennen ließen. Darauf reagierte Bonsels aber opportunistisch und verfasste für den Roman „Dositos“ ein antisemitisches Vorwort.
Gemeinsam mit dem Münchner Literaturarchiv Monacensia hat die Stiftung den Nachlass des Autors digitalisiert und öffentlich zugänglich gemacht. „So wollen wir zeitgemäß wie kritisch an Waldemar Bonsels erinnern und die Entdeckerfreude einer Biene Maja weiter vermitteln“, so Schmid.