Gemeinderat Kochel:Walchenseekraftwerk als Zündstoff

Gemeinderat Kochel: Die Wasserrechte für das Walchenseekraftwerk laufen 2030 aus. Das sorgt auch in Kochel für Diskussionen.

Die Wasserrechte für das Walchenseekraftwerk laufen 2030 aus. Das sorgt auch in Kochel für Diskussionen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Klaus Barthel fordert eine Rückverstaatlichung, Bürgermeister Thomas Holz wirft ihm persönliche Profilierung vor.

Von Petra Schneider, Kochel am See

Im Jahr 2030 laufen die Wasserrechte für das Walchenseekraftwerk aus. Ob Uniper das Kraftwerk auf Kochler Flur weiterbetreiben oder ob es in die Hand des Freistaat zurückgeführt werden soll, wird zurzeit heftig diskutiert. Grüne, Freie Wähler und SPD haben sich im Landtag bereits für einen solchen "Heimfall" ausgesprochen. Im Kochler Gemeinderat hat das Thema am Dienstag für eine explosive Stimmung gesorgt. Anlass war ein Antrag von Klaus Barthel (SPD), in dem er eine Rückverstaatlichung des Walchenseekraftwerks fordert.

Der Gemeinderat möge die "Entscheidungsträger in Land und Bund" auffordern, die Wasserkraft und insbesondere das Walchenseekraftwerk "aus dem Uniper-Konzern herauszulösen und wieder in öffentliches Eigentum zu überführen", heißt es im Antrag. Die gegenwärtige Situation - auch vor dem Hintergrund, dass der Bund den wegen der Gaskrise ins Straucheln geratenen Konzern zu 99 Prozent übernommen hat - "ermöglicht und fordert eine zeitnahe Entscheidung", erklärte Barthel. Die Gemeinde Kochel müsse ebenso wie die anderen betroffenen Gemeinden in angemessener Form an den aktuellen Weichenstellungen beteiligt werden. Ebenso an den zukünftigen Aufsichts- und Verwaltungsgremien, sowie an den Erträgen.

Gemeinderat Kochel: Das Kraftwerk müsse wieder in öffentliches Eigentum überführt werden, fordert Klaus Barthel (SPD).

Das Kraftwerk müsse wieder in öffentliches Eigentum überführt werden, fordert Klaus Barthel (SPD).

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Das Walchenseekraftwerk, das 80 Jahre unter staatlicher Regie gelaufen sei und 1994 unter dem damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) privatisiert wurde, sei ein "Gewinnbringer", sagte Barthel. Bei einem Heimfall würde das Geld in der Region bleiben. Ein staatliches Unternehmen übernehme mehr Verantwortung etwa bei der in den Flüssen verbleibenden Restwassermenge, die Umweltschützer seit Jahren erhöhen wollen.

Mit dem Auslaufen der Wasserrechte für Uniper biete sich eine historische Chance, den Fehler der Privatisierung zu korrigieren, sagte Barthel. Ob und und zu welchen Konditionen eine Rückverstaatlichung vonstatten gehen könnte, müsse man sehen. "Aber der Freistaat sollte Interesse anmelden". Er hoffe, dass sich der Kochler Gemeinderat entsprechend positioniere, sagte Barthel.

Im Gemeinderat gab es Unterstützung für den Vorstoß, mehrheitlich war man aber der Meinung, dass eine Entscheidung über das Walchenseekraftwerk nicht in der Zuständigkeit eines kommunalen Gremiums liege. Bürgermeister Holz, der für den Landtag kandidiert, reagierte extrem gereizt auf den Antrag von Barthel. Er entzog dem SPD-Gemeinderat zeitweise das Wort und schnitt auch Diskussionsbeiträge anderer Gemeinderatsmitglieder ab. "Sie haben wieder einmal unter Beweise gestellt, dass es Ihnen nicht um die Gemeinde geht", warf er Barthel vor. Das Thema sei hochkomplex und dürfe nicht zum "Spielball für persönliche Interessen" oder zur Plattform für "mediale Aufmerksamkeit" werden.

Gemeinderat Kochel: Bürgermeister Thomas Holz (CSU) wirft Barthel vor, er mache das Walchenseekraftwerkt in seinem Antrag zum "Spielball persönlicher Interessen".

Bürgermeister Thomas Holz (CSU) wirft Barthel vor, er mache das Walchenseekraftwerkt in seinem Antrag zum "Spielball persönlicher Interessen".

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Ein Heimfall des Walchenseekraftwerks sei rechtlich nicht möglich, das habe das bayerische Umweltministerium bereits erklärt, betonte Holz. Außerdem seien einige Punkte völlig offen: Will sich der Bund überhaupt von der rentablen Wasserkraftsparte trennen? Wie hoch wäre der Preis, den der Freistaat an den Bund zahlen müsste? Und wo solle das Geld überhaupt herkommen, das dann nicht mehr der Region zur Verfügung stehe, fragte Holz.

Die Forderung von Barthel, dass die betroffenen Gemeinden in den Entscheidungsprozess eingebunden werden müssten, sei längst Realität. Denn Vertreter der Kommunen Jachenau, Kochel und Krün bereiteten seit acht Jahren gemeinsam mit Staatsregierung und Landratsamt "in sehr konstruktiver Art und Weise" eine Entscheidung für 2030 vor. Zu der von Barthel geforderten Beteiligung an den Erträgen des Wasserkraftwerks sagte Holz: In den vergangenen Jahren habe die Gemeinde "leidvolle Erfahrungen gemacht". 2017 musste Kochel mehrere Hunderttausend Euro Gewerbesteuerrückzahlungen aus den Jahren 1994/95 leisten, plus einer Verzinsung mit damals sechs Prozent pro Jahr. Das Walchenseekraftwerk erziele zwar ein Plus, sagte Holz. Durch die Verrechnung mit Verlusten aus anderen Konzernbereichen seien die Gewinne aber klein gerechnet worden - mit Auswirkungen auf die Gewerbesteuer. Statt eine Beteiligung an den Erträgen zu fordern, sei es besser von "Wertschöpfung" zu sprechen; Nachteile, die den Gemeinden durch das Wasserkraftwerk entstünden, müssten ausgeglichen werden.

In einer chaotischen Abstimmung votierte die Mehrheit schließlich gegen eine von Rosi Marksteiner (Mitte) beantragte Vertagung. Der Antrag von Barthel wurde mit 15 zu vier Stimmen ebenfalls abgelehnt. Einstimmig billigten die Gemeinderäte schließlich den Beschlussvorschlag von Holz, wonach der Bürgermeister beauftragt werde, weiterhin Gespräche über eine Beteiligung der Gemeinde an der Wertschöpfung des Walchenseekraftwerks zu führen.

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