Erneuerbare Energien:Ein Joker namens Gasumlage

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Beim Walchenseekraftwerk laufen in acht Jahren die Wasserrechte aus. Über den Weiterbetrieb wird neu verhandelt. (Foto: Manfred Neubauer)

Dass der Betreiber des Walchenseekraftwerks Uniper mit staatlichen Mitteln gerettet werden muss, sieht die SPD als Verhandlungsvorteil bei der Neuvergabe der Wasserrechte. Der Landtags-Fraktionsvorsitzende Florian von Brunn erfährt zudem bei seiner Sommertour, dass das Tölzer Modell der Besucherlenkung Erfolge zeigt.

Von Petra Schneider, Kochel am See

Seit 2016 ist der finnische Energiekonzern Uniper Eigentümer des Walchenseekraftwerks. Ende September 2030 laufen die Wasserrechte aus, über den Weiterbetrieb wird neu verhandelt. Aus Sicht der SPD wäre ein Heimfall des Wasserkraftwerks, also eine Rückführung in das Eigentum des Freistaats, geboten. Denn nur dann könne sichergestellt werden, dass in öffentlichem Interesse gehandelt werde und nicht aus rein wirtschaftlichen Überlegungen. "Privatisierungen im Bereich der Daseinsvorsorge sind der falsche Weg", sagte Florian von Brunn, SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag, am Mittwoch in Walchensee.

Auf der letzten Station seiner diesjährigen Sommertour standen die Themen Ausflugsverkehr und Walchenseekraftwerk auf der Agenda. Neben dem SPD-Kreisvorsitzenden Klaus Barthel waren auch der Wallgauer Bürgermeister Basti Eiter (Wallgauer Wählerverein) und sein Mittenwalder Kollege Enrico Corongiu (SPD), Naturschutzranger Hans Adlwarth, Karl Probst vom Verein "Rettet die Isar jetzt" sowie Fischereivertreter Andreas Boehm gekommen.

Florian von Brunn (rechts) und Klaus Barthel am Walchensee, einer Station der Sommertour. (Foto: Manfred Neubauer)

Wegen Lieferkürzungen aus Russland ist auch Uniper massiv unter Druck geraten und soll mit Mitteln aus einer inzwischen umstrittenen Gasumlage vor der Insolvenz bewahrt werden. Von den insgesamt 34 Milliarden, die verteilt werden sollen, wird Uniper mit rund 60 Prozent den Löwenanteil bekommen. Für die Verhandlungen zur Neuvergabe der Wasserrechte am Walchenseekraftwerk könnte sich das aus Sicht der SPD als Joker erweisen. "Wenn wir euch den Arsch retten, müsst ihr uns entgegenkommen", formulierte Barthel. Denn juristisch ist der Heimfall des Wasserkraftwerks, das rund acht Prozent des Energiebedarfs der Region erzeugt, nicht so einfach. In den Verträgen von 1919 sei offenbar kein Heimfallrecht verankert worden, erklärte Probst. Ein solches sei nur für die kleineren Kraftwerke an Ober- und Niedernach festgelegt. Vom bayerischen Umweltministerium werde diese Rechtsauffassung geteilt, sagte von Brunn. Die SPD will das so allerdings nicht stehen lassen. Der Fraktionsvorsitzende kündigte an, im Landtag einen Antrag zu stellen, den Sachverhalt juristisch prüfen zu lassen. Denn die Region, die auch unter den Eingriffen durch das Kraftwerk leide, solle mitreden und profitieren, und das nicht nur über Gewerbesteuereinnahmen, betonte Barthel. Außerdem müsse der Vergabeprozess transparenter gemacht und die Öffentlichkeit beteiligt werden.

Karl Probst, der seit Jahren dafür kämpft, dass aus ökologischen Gründen mehr Restwasser vor allem in der oberen Isar, Jachen und im Rißbach verbleiben soll, kritisierte, dass das Wassermanagement von Uniper nicht der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie genüge. Wenn das Walchenseekraftwerk in das Eigentum des Freistaats zurückgeführt würde, könnten entsprechende Rahmenbedingungen vorgegeben werden und müssten nicht mit einem Konzern verhandelt werden, in dessen betriebswirtschaftliche Überlegungen man keinen Einblick habe, sagte Barthel. Dass die Freien Wähler kürzlich den Vorschlag im Landtag eingebracht haben, alle Kraftwerke in die öffentliche Hand zu überführen, sei erfreulich, sagte von Brunn. "Wir unterstützen das."

Breiten Raum nahm am Mittwoch der Erholungsdruck ein, der auf dem sensiblen Gebiet am Walchensee lastet. Dass dort seit drei Jahren Ranger unterwegs sind, mache sich positiv bemerkbar, sagte Hans Adlwarth. So habe sich die Zahl der Wohnmobile, die unerlaubt am Südufer zum Übernachten geparkt würden, von 150 auf zehn pro Nacht reduziert. Seitdem wagten sich nachts wieder mehr Tiere heraus, und der Müll habe sich um 80 Prozent reduziert. Für die 14 Ranger, die im Landkreis unterwegs sind, aufklären sollen, aber keine polizeiliche Befugnis haben, gab es viel Lob: Sie leisteten wertvolle Dienste bei der Sensibilisierung der Ausflügler und hätten dazu beigetragen, dass sich das Miteinander am Walchensee verbessert habe.

Der Walchensee ist nicht nur bei Stand-up-Paddlern im Sommer sehr beliebt. (Foto: Manfred Neubauer)

Einig war man sich auch darüber: Aufklären allein reicht nicht. "Es muss weh tun, sonst geht es nicht", sagte Adlwart. Mehr Kontrollen, saftige Geldbußen, Platzverweise - erst dadurch habe sich die Situation deutlich verbessert. Auch im Nachbarlandkreis Garmisch-Partenkirchen hat sich der Erfolg des Tölzer Modells herum gesprochen. Seit dem Ansturm auf das obere Isartal im ersten Lockdown setzt man auch dort Ranger ein, bisher allerdings zu wenig. 60 Festangestellte wären im Landkreis Garmisch nötig, sagte der Mittenwalder Bürgermeister Corongiu. Finanziell sei das für die Landkreise aber nicht zu stemmen. Der Freistaat müsse sich stärker beteiligen. Nach Ansicht des SPD-Fraktionsvorsitzenden wäre dies durchaus möglich. Weil die Förderung von Seilbahnen in schneearmen Regionen gekürzt werde, wären Mittel für Naturschutzranger frei, sagte von Brunn.

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