Workshop mit Kamera:Obacht Waller!

Workshop mit Kamera: Bilder, die in Bewegung geraten: Janna Ji Wonders mit den Workshop-Teilnehmerinnen Josephine, Franziska, Verena und Michael Geiger (von links).

Bilder, die in Bewegung geraten: Janna Ji Wonders mit den Workshop-Teilnehmerinnen Josephine, Franziska, Verena und Michael Geiger (von links).

(Foto: Manfred Neubauer)

Die Regisseurin Janna Ji Wonders zeigt Kindern aus der Dorfschule Walchensee, wie man Filme macht. Bei dem Projekt in ihrem Heimatort entsteht ein atmosphärischer Streifen über die Sage um das Ungeheuer im See.

Von Quirin Hacker

Die Regisseurin Janna Ji Wonders sitzt umringt von vier Kindern im Haus der Begegnung in Walchensee vor dem Laptop. "Wollen wir jetzt nur den Kameraschwenk nehmen, oder auch das Boot?", fragt sie. "Auch das Boot", sagt Verena, Grundschülerin aus der Dorfschule des Kochler Ortsteils wie die anderen Kinder. Auf dem Billardtisch neben den Workshop-Teilnehmern sind Kamera, Stativ und andere Videotechnik aufgereiht. Damit haben die vier Schulkinder im Rahmen eines Filmprojekts zusammen mit der Regisseurin die lokale Sage um das Ungeheuer vom Walchensee verfilmt. Die Geschichte geht so:

Am Grund des Walchensees lebt ein riesiger Waller. Er ist so gigantisch, dass er seine Schwanzflosse im Maul halten muss. Wenn der Riesenfisch eines Tages seine Flosse aus dem Maul nimmt, wird eine Flutwelle ausgelöst, die den Kesselberg einreißt und die ganze Region überschwemmt. Deshalb werfen die Bewohner von Walchensee jedes Jahr einen geweihten Goldring in das Wasser, um das Monster vom Walchensee zu besänftigen.

Workshop mit Kamera: "Obacht Waller!" Der Filmtitel erscheint im ersten Bild.

"Obacht Waller!" Der Filmtitel erscheint im ersten Bild.

(Foto: Manfred Neubauer)

"Wir haben die Sage am ersten Schultag gelernt, da habe ich das wirklich geglaubt", sagt Franziska. Auch die Regisseurin Wonders kennt die Geschichte, schließlich kommt auch sie aus Walchensee. Ihre Uroma gründete dort ein Ausflugscafé. Berühmt wurde die in Kalifornien geborene Regisseurin, die mit vier Jahren nach Deutschland kam und in Schwabing und am Walchensee aufwuchs, für ihren Film "Walchensee Forever". Die Dokumentation, die 2020 mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet wurde, ergründet ihren Heimatort und das Leben der Frauen aus fünf Generationen ihrer Familie. Als Kind habe die Mutter sie oft gefilmt und ihr Fragen gestellt, erzählt Wonders. "Ich habe mir dann immer die Kamera geschnappt und selbst gefilmt." Diese Lust aufs Filmemachen will sie nun in ihrem Workshop auch in den Kindern aus Walchensee entfachen. "Es wäre schön, wenn ich diesen kreativen Funken, den ich in meiner Kindheit erlebt habe, auch an die Schüler und Schülerinnen weitergeben könnte."

Workshop mit Kamera: Furchterregendes Monster: Den Film-Fisch haben die Kinder selbst gebastelt.

Furchterregendes Monster: Den Film-Fisch haben die Kinder selbst gebastelt.

(Foto: Manfred Neubauer)

Zum Auftakt durften sich die Workshop-Teilnemer mit der Technik vertraut machen. "Ich hatte noch nie so eine professionelle Kamera in der Hand", sagt Franziska. "Das war cool, vor allem, dass wir die selber bedienen konnten." Die Schülerinnen und Schüler malten das Seeungeheuer mit Acrylfarben auf Leinwand und filmten die Bilder. "Ich fand das Malen besonders toll", sagt Josephine. Dann studierte jeder einen Satz der Sage ein, der jeweils auf der Tonspur aufgenommen wurde. "Das letzte Mal haben wir dann alles zusammen gesprochen", berichtet Franziska. Diese Aufnahme kam schließlich auch in die Endversion des Films. Bei Nieselregen ging das kleine Filmteam dann anschließend hinunter zum See, um dort Stimmungsbilder mit der Kamera einzufangen. Wie Regisseurin Wonders erzählt, war das Wetter für die Aufnahmen gar nicht schlecht, weil bei Regen keine Surfer unterwegs waren, die nicht in die Geschichte von der Sage gepasst hätten.

Workshop mit Kamera: Sieht aus wie "Herr der Ringe" ist aber aus dem Waller-Film der Kinder, in dem Ringe ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.

Sieht aus wie "Herr der Ringe" ist aber aus dem Waller-Film der Kinder, in dem Ringe ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.

(Foto: Manfred Naubauer)

Wieder zurück im Haus der Begegnung steht nun der Schnitt an. "Das hier soll das erste Bild sein, weil da steht ja ,Obacht Waller'", sagt die Teilnehmerin Verena und zeigt auf den Bildschirm. Und schon ist der Titel für das Werk gefunden. "So kann der Film auch heißen", schlägt die Regisseurin vor.

Als am späten Nachmittag der fertige Film über die Leinwand läuft, sind alle begeistert. "Mama, wir haben einen Film gedreht", sagt Franziksa, als ihre Mutter sie nach dem langen Workshop-Tag abholen kommt. "Willst du den noch anschauen? Der ist so cool." Auch Janna Ji Wonders ist mit dem Ergebnis zufrieden. "Dieser Film war jetzt atmosphärisch, fast schon dokumentarisch", sagt sie. "Das nächste Mal könnte ich mir vorstellen, dass wir ein Drehbuch schreiben und dann schauspielern." Denn mit den Workshops soll es auf jeden Fall weitergehen. Welche der vielen lokalen Sagen um den Walchensee im nächsten Projekt verfilmt wird, ist aber noch offen.

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