Wahlparty:Zufriedenheit und Kaiserschmarrn

Lesezeit: 2 min

Nur wenige Parteien feierten gemeinsam, so wie in Icking. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der frisch gegründete Grünen-Ortsverband feiert eine der ganz wenigen Parties zur Europawahl

Von Claudia Koestler, Icking

Ein bisschen tiefer einsteigen in die politischen Relevanzen, in die Fragen, die die Zahlen aufwerfen? "Gerne", sagt Michael Prosinger, frischgebackener Vorsitzender des nicht minder frischgebackenen Grünen-Ortsverbands Icking. Nur: der Kaiserschmarrn wird kalt. Und das hat - mit Verlaub - nach dieser aufregenden ersten Stunde der Hochrechnungen und Zahlen ein bisschen Priorität. Schließlich ist es eine Wahlparty, zu der der Grünen-Ortsverband, noch ganz im Schwung seiner Neugründung, zusammen mit dem Kreisverband in den Ickinger Gasthof Klostermaier eingeladen hat.

Zwar schmettert kein DJ partytaugliche Hits in den Raum. Keine Luftschlangen und Ballons hängen von der Decke, und es hallt auch kein ekstatischer Jubel durchs Wirtshaus. Doch es ist eine ganz und gar frohe Grundstimmung, die zumindest den meisten Gästen ins Gesicht geschrieben ist. Jene Zufriedenheit eben, die es nach der ersten Anspannung zulässt, sich nicht nur den politischen und gesellschaftlichen, sondern eben auch den kulinarischen Dingen zu widmen.

In das Klappern von Geschirr mischt sich geselliges Murmeln, eher beiläufig werden Auftritte von EU-Spitzenkandidaten in der Live-Übertragung kommentiert. "Wirkt irgendwie auswendig gelernt", findet etwa Kreisverbands-Sprecher Alexander Müllejans den Auftritt von Manfred Weber. Nur für die Kleinsten ist die Party schon vorbei, ehe sie begonnen hat. Die ersten Familien mit kleinen Kindern verabschieden sich, noch bevor der Landtagsabgeordnete Hans Urban das vorläufige Ergebnis für den Landkreis bewerten kann. Nicht nur Grüne sind gekommen, um gemeinsam per Beamer die neuesten Hochrechnungen und aktuellen Ergebnisse zu erfahren und zu feiern. Auch einzelne SPD-Mitglieder sitzen an den Tischreihen. Und ihr Blick sagt mehr als tausend Worte. "Ich bin enttäuscht - aber ich habe es auch nicht anders erwartet", erklärt Barbara Wanderer fatalistisch. Seit 45 Jahren ist die Schäftlarnerin schon in der SPD und an diesem Abend einmal mehr vom Ergebnis mitgenommen. "Da frage ich mich schon, warum bin ich eigentlich immer auf der Verliererseite?" Doch auch wenn sie Kummer gewöhnt sei, "diesen Rechtsruck hätte ich niemals für möglich gehalten, nicht bei unserer Vergangenheit", sagt sie leise. Doch bevor die Stimmung kippt, lenkt die nächste Sitzverteilungsgrafik die Aufmerksamkeit ab.

Schwung bringt dann Hans Urban in die Bude, der das Wort ergreift, hemdsärmelig positiv nach vorne blickt und damit auch die Traurigen unter den Gästen einfach überstrahlt: Das Ergebnis der Grünen verwundere ihn nicht, sagt er. Er will es bei den kommenden Kommunalwahlen sogar "noch mal ordentlich steigern". Und dann findet der Landtagsabgeordnete gar Schlussworte, die fast nach Ausgelassenheit und Party klingen: "Jetz' trink' ma no a Hoibe!"

© SZ vom 27.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: