Süddeutsche Zeitung

Politik in Bad Tölz:Offene Fragen zu neuem Hotel

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Der Tölzer Stadtrat verschiebt eine Entscheidung über den Bebauungsplan für das Projekt auf der Wackersberger Höhe. Vor allem die neuen Mandatsträger vermissen wichtige Informationen zu dem Vorhaben

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Mit dem neuen Natur-Hotel auf der Wackersberger Höhe geht erst einmal nichts voran. Vor allem die neuen Mitglieder des Tölzer Stadtrats sahen sich am Dienstagabend im Kurhaus außerstande, den Bebauungsplan zu beschließen. Sie vermissten wichtige Auskünfte zu dem Projekt, das die Eheleute Johannes und Andrea Tien auf der Wiese zwischen dem Stadtwald und der Wackersberger Straße planen. "Für mich sind noch viele Fragen offen", sagte Stadträtin Gabriele Frei (CSU). Ihr Parteikollege Anton Mayer sprach gar von einer "Überrumpelungstaktik" der Stadtverwaltung. Am Ende entschied sich der Stadtrat auf Vorschlag von Bürgermeister Ingo Mehner (CSU) mehrheitlich dafür, das Thema auf die Sitzung am 21. Juli zu vertagen. Bis dahin sollen Informationsdefizite behoben werden.

Nach dem Entwurf, der im Oktober vorigen Jahres präsentiert wurde, soll auf dem rund 8400 Quadratmeter großen Areal ein Hotel im Vier-Sterne-Segment entstehen, das etwa 100 Betten in acht Chalets vorsieht. Der Neubau könnte Skizzen zufolge aus variablen Würfeln bestehen, durch die Natur und Innenräume verschmelzen, etwa durch Bäume in der Fassade. Vorgesehen sind Gebäude mit zwei Vollgeschossen und Laternengeschoss. Die Besucher sollen dort Naturerlebnis, Ruhe und Wellness verbinden können. Der alte Stadtrat beschloss im November 2019 die Aufstellung eines Bebauungsplanes. Zum Vorentwurf, der im April auslag, gingen etliche Stellungnahmen ein. Vor allem Nachbarn lehnen das Projekt strikt ab.

Ihre Kritik reicht von Verstößen gegen Ziele des Landesentwicklungsplanes, weil das neue Hotel im Außenbereich liegt, über Eingriffe in die sensible Natur am Waldsaum und fehlende Unterlagen bis hin zu dem Argument, dass das Projekt städtebaulich unnötig sei. Das Landratsamt fordert eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung des Waldrandgebiets, der Vogel- und Fledermausarten als Brut- und Jagdplatz dient. Was Zersiedelung und Flächenverbrauch betrifft, sieht die Regierung von Oberbayern indes keine Diskrepanz zu den Zielen der Raumordnung. In einem Immissionsgutachten wurde Bauamtsleiter Christian Fürstberger zufolge auch konstatiert, dass es "keine Lärmkonflikte durch die Planung" gebe. Das Wasserwirtschaftsamt Weilheim fordert ein Bodengutachten und ein Konzept zur Beseitigung des Niederschlagswassers. Klar sei, dass man "für das Hotel auf jeden Fall einen Kanal bauen" müsse, so Fürstberger.

Solange kein geologisches Gutachten vorliege, könne sie nichts entscheiden, sagte Dorothea Bigos (Grüne). Momentan sei etwa eine zentrale Versickerung des Oberflächenwassers vorgesehen, aber unklar sei, wie das Gelände an der Hangkante geologisch beschaffen sei. Auch Johanna Pfund fühlte sich "in manchen Dingen uninformiert". So gebe es keine Angaben zum Baufenster des Vorhabens, sagte die Fraktionssprecherin der Grünen. "Mir scheint das sehr groß und sehr riegelartig zu sein." Auch die Auswirkungen für den Waldsaum sehe sie mit Sorge. Moritz Saumweber (Grüne) fragte nach, ob die Wanderparkplätze, die sich am Rande auf dem Wiesen-Areal befinden, in der Tat verlegt werden sollen. Sie würden auch von den Eltern des nahen Waldkindergartens genutzt, sagte er. Die parkten aber meist auf dem Grünstreifen vor dem Kindergarten, der davon schon braun sei, erwiderte Fürstberger.

Zwei- oder dreigeschossige Gebäude, wie viele Zimmer insgesamt, wie viele Quadratmeter für touristische Nutzung? Für Stadträtin Frei, die das Hotel selbst befürwortet, sind dies offene Fragen. "Mir fehlt ein aktuelles Konzept, wo wir klare Zahlen haben." Dies aber sei nicht Gegenstand eines Bebauungsplanes, so Fürstberger. Das sei zwar formaljuristisch richtig, sagte Dritter Bürgermeister Christof Botzenhart (CSU). Dennoch bezeichnete er es als "problematisch, wenn neue Stadträte in Mithaftung genommen werden für etwas, was der alte Stadtrat beschlossen hat". Stadtrat Mayer monierte den Verkauf eines städtischen Filetstücks auf der Wackersberger Höhe. Zudem sei unklar, ob - wie bisher kommuniziert - eine Betreiberwohnung geplant sei oder doch zwei. Ob Irreführung oder redaktioneller Fehler im Bebauungsplan - "so etwas stinkt mir gewaltig".

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SZ vom 02.07.2020
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