Wackersberg:Zweite Heimat Wackersberg

Altbundespräsident Richard von Weizsäcker war seiner Ferienregion tief verbunden

Von Klaus Schieder, Wackersberg

Manche Prominente suchen sich für ihren Feriensitz eine kleine Gemeinde aus, um ihre Ruhe zu haben. Mit der Bevölkerung haben sie eher sporadischen Kontakt. Bei Altbundespräsident Richard von Weizsäcker, der am Samstag mit 94 Jahren gestorben ist, war das völlig anders. In Wackersberg, wo er seit mehr als drei Jahrzehnten eine Ferienwohnung hatte, war Weizsäcker "überall eingebunden", sagt der frühere Bürgermeister Georg Kellner. "Er hat sich für alle interessiert." Das habe man auch an seinen Geburtstagen gesehen. Zum Gratulieren kam fast das ganze Dorf, die Nachbarn, die Gebirgsschützen, der Kirchenchor, die Musikkapelle. Kellner fände es gut, "wenn man in Wackersberg zu seinem Gedenken etwas machen würde".

Dem stimmt der amtierende Rathauschef Alois Bauer zu: "Wir sind am Überlegen." Unter anderem plant er einen Gedenkgottesdienst in Wackersberg. Ein kleines Denkmal haben sie ihm in der Gemeinde schon gesetzt, als sie einen 12,2 Kilometer langen Abschnitt des Heilklimawanderwegs südlich von Wackersberg in "Richard-von-Weizsäcker-Runde" benannten. Der Namensgeber hat es Bauer zufolge genossen, an seinem Ferienort auch mal Ausflüge alleine unternehmen zu können, ohne Bodyguards. "Er hat sich hier geborgen und behütet gefühlt." Oft habe er auf seinen Touren das Gespräch mit anderen Spaziergängern gesucht, "er hat sich mit den einfachen Leuten unterhalten".

Richard von Weizsäcker gestorben

Mit Pauken und Trompeten feierte Richard von Weizsäcker einst in Wackersberg seinen 80. Geburtstag.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Richard von Weizsäcker und seine Frau Marianne kamen auch oft nach Bad Tölz. Obst und Gemüse kauften sie im Geschäft von Claudia Kuch in der Nockhergasse ein. Der Altbundespräsident sei eine "ganz normale, ganz nette Person gewesen - ebenso seine Frau", erinnert sich die Ladeninhaberin. Mit beiden hat sie auch mal über private Dinge gesprochen, zum Beispiel über die Kinder.

Wenn er die paar Kilometer rüber in die Kurstadt fuhr, dann nicht bloß wegen Besorgungen. Weizsäcker hatte noch ein Ziel: das Eisstadion des EC Bad Tölz. Aus Berlin kannte er Lorenz Funk senior, der 1966 mit den Tölzern den deutschen Meistertitel geholt hatte. "Er ist gerne zu uns gekommen", sagt Vereinspräsident Josef Hintermaier. "Und wir haben ihn immer gerne bei uns gehabt." Dabei sah der Altbundespräsident nicht nur den Spielen zu, er kannte den Eisclub auch aus der Innenansicht. Mit ihm habe er "auf Augenhöhe" sprechen können, sagt Hintermaier. "Er wusste immer, was los ist, unser Nachwuchsmodell hat ihm sehr gefallen." Als der EC Bad Tölz den DNL-Titel holte, bekam Hintermaier ein Gratulations-Fax von Weizsäcker aus Berlin. "Das war für mich das schönste Erlebnis."

Altbürgermeister Kellner hat viele Gespräche mit dem Altbundespräsidenten geführt, der sich meist sechs Wochen im Sommer und zu Weihnachten in Wackersberg aufhielt. Im Sommer 2014 besuchte er ihn zum letzten Mal in der Ferienwohnung. Die Unterhaltung dauerte nicht mehr so lange wie früher, der hochbetagte Gastgeber brach sie nach einiger Zeit ab.

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