Leonhardifahrt auf dem Jungfrauenwagen:Um sechs Uhr klingelt der Wecker

Elisabeth Riesch darf auf dem Jungfrauenwagen mitfahren und empfindet das als eine große Ehre.

Von Julian Erbersdobler

Leonhardifahrt auf dem Jungfrauenwagen: Der letzte Schliff: Elisabeth Riesch (links) und Katrin Schwaiger schmücken das Geländer ihres Jungfrauenwagens mit Zweigen.

Der letzte Schliff: Elisabeth Riesch (links) und Katrin Schwaiger schmücken das Geländer ihres Jungfrauenwagens mit Zweigen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Während drüben im Stall Kühe muhen, rückt Elisabeth Riesch ihr Stirnband zurecht. Es soll nicht ins Gesicht rutschen, wenn sie die Alpenrosen stutzt und mit einem grünen Draht an einen hölzernen Rahmen bindet, dem Geländer des Jungfrauenwagens. Elisabeth Riesch, 25, Fleecejacke, Jeans, Wanderschuhe, ist in Wackersberg aufgewachsen, nicht weit vom Jaudnhof. Dort steht sie in einer großen Scheune und bindet einen Zweig an den anderen. "Es ist schon eine Menge Arbeit", sagt sie. An diesem Freitagvormittag helfen ihr noch drei andere junge Frauen, alle ohne Ehering. Nur wer nicht verheiratet ist, darf bei der Leonhardifahrt auf dem Jungfrauenwagen sitzen.

"In jedem Jahr dürfen 20 Frauen dabei sein", sagt Riesch. Anwärterinnen gebe es genug, Plätze auf dem Wagen leider nicht. Die Wackersbergerin ist auch dafür verantwortlich, dass der Nachwuchs nicht zu kurz kommt. In diesem Jahr seien gleich drei neue Jungfrauen an Bord, erzählt sie.

Elisabeth Riesch hat mit zehn Jahren zum ersten Mal bei der Leonhardi-Fahrt in Tölz mitgemacht, damals noch auf dem Kinderwagen. "Der Tag ist einfach etwas ganz Besonderes - auch heute noch." Viele der Frauen, die auch diesmal mitfahren, kennt sie schon ewig. Dass die Chemie auf dem Jaudnhof stimmt, merkt man auch beim Schmücken des Wagens. Immer wieder lachen die jungen Frauen, machen Späße und erinnern sich an die vergangene Leonhardi-Fahrt. Vor einem Jahr hat es geschneit und es war eisig kalt. Die Beweisfotos sind in einem grauen Ordner abgeheftet wie alte Rechnungen für den Steuerberater. Auf den Bildern sieht man Straßen voller Schnee und Frauen, die neben dem Wagen beim Schieben helfen.

Wer durch den Ordner blättert, findet aber auch Anleitungen für das Schmücken, ein Blatt für jede Wagenseite. Kleine Pfeile und bunte Rauten zeigen, welche Zweige wo befestigt werden sollen. Neben Alpenrosen kommen auch Stechpalmen, Wacholder, Moos, Tannen- und Eibenzweige zum Einsatz.

Die Leonhardifahrt beginnt für Riesch am Montag um sechs in der Früh. Dann klingelt der Wecker. Zum Friseur geht die Wackersbergerin schon am Sonntag, um ein bisschen Zeit zu sparen. Mieder, Fuchspelz, Schnurrhut und die Kropfkette legt sie auch schon am Abend raus. "Meistens backe ich vorher auch noch Plätzchen." Die werden vor Ort an besonders hungrige Wallfahrer verteilt. Dass sich manche Jugendliche schon tagsüber betrinken, kann die 25-Jährige nicht verstehen. "Für mich ist es eine Ehre, dass ich Teil der Leonhardifahrt sein kann", sagt Riesch, die in der Kinderklinik in Gaißach arbeitet.

Dieses Jahr fährt sie schon zum siebten Mal mit dem Wagen vom Jaudnhof nach Tölz. "Ich freue mich schon riesig, wenn es endlich losgeht."

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