Süddeutsche Zeitung

Vor dem Amtsgericht:Wegen Pornovideos verurteilt

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41-Jähriger hat Aufnahmen von Kindern und Jugendlichen beim Geschlechtsverkehr auf seiner Festplatte gespeichert

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Die auf einer externen Festplatte sichergestellten Videos sind für die Staatsanwältin einfach nur "widerlich": Auf einem ziehen sich zwei elfjährige Mädchen nach und nach aus und präsentieren sich vor der Kamera. Sechs andere zeigen Jugendliche: 14 und 16 Jahre alte Buben onanieren, weitere Buben im Alter von 15 bis 17 Jahren sind beim Geschlechtsverkehr zu sehen.

Für den Besitz dieser kinder- und jugendpornografischen Videos hatte ein 41-jähriger Mann aus dem Südlandkreis einen Strafbefehl bekommen und Einspruch eingelegt. Nur deshalb wurde gegen den Werbekaufmann öffentlich am Wolfratshauser Amtsgericht verhandelt. Er selbst war am Montag nicht im Sitzungssaal erschienen. Er ließ sich allein durch seinen Verteidiger vertreten - und wurde zu einer Geldstrafe von 1800 Euro verurteilt.

An der Schuld seines Mandanten zweifelte der Verteidiger. Es stimme nicht, dass die Dateien, wie in der Anklage aufgeführt, in der Wohnung des Mannes entdeckt worden seien. "Die Festplatte ist in seiner Firma gefunden worden", erklärte der Anwalt. Jeder der rund 20 Mitarbeiter hätte darauf zugreifen können.

Sein Mandant sei in einer finanziell "desolaten Situation". Seine Frau habe sich von ihm getrennt. Er sei hoch verschuldet, privat wie mit seiner Firma. Deshalb sei er der Verhandlung ferngeblieben. "Er hätte das heute psychisch nicht überstanden", sagte der Verteidiger. Ganz bewusst habe sein Mandant den Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränkt und damit nur ein geringeres Strafmaß angestrebt.

Wie der Verteidiger darstellte, gebe sein Mandant monatlich wesentlich mehr aus, als er einnehme. Vor wenigen Monaten seien seinem Mandanten, der Firmengeschäftsführer sei, die zwei wichtigsten Auftraggeber abgesprungen. Allein schon die Personalkosten seien höher als die Einnahmen seines Betriebes. "Die Konten sinken immer weiter ins Minus", berichtete er.

In seinem Plädoyer beantragte der Verteidiger, seinen Mandanten nur zu einer Geldstrafe von 900 Euro - 90 Tagessätze zu zehn Euro - zu verurteilen. Er hoffe, dass verstanden worden sei, warum der Beschuldigte den Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränke.

Auf die Bitte des Verteidigers, die im Strafbefehl festgesetzten 120 Tagessätze zu reduzieren, ging die Staatsanwältin aber nicht ein. "Der Straftatbestand steht rechtskräftig fest, weil er den Einspruch auf die Rechtsfolgen beschränkt hat", stellte sie klar. "Ich finde es widerlich", sagte sie weiter. "Ich werde mehr beantragen." Sie forderte eine Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu 15 Euro, also 2100 Euro wegen des Besitzes kinder- und jugendpornografischer Schriften. Für den Angeklagten spreche, dass er strafrechtlich noch nicht auffällig geworden sei.

Wie sich in der Verhandlung herausstellte, war der Mann allerdings noch vor dem Fund der Videos beim heimlichen Filmen erwischt worden. Er hatte laut Amtsrichter Helmut Berger in den Umkleidekabinen eines Schwimmbades Aufnahmen gemacht. Das hatte er der Polizei gestanden. Seine Ehefrau hatte sich daraufhin von ihm getrennt. Wie der Verteidiger bestätigte, gibt es zwei gemeinsame Kinder im Alter von inzwischen vier und sechs Jahren.

Nach dem Gesetz kann, wer kinderpornografische Schriften besitzt, mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren belangt werden. Für den Besitz jugendpornografischer Schriften sind Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren möglich. Für Amtsrichter Berger hat sich der Angeklagte schuldig gemacht. "Es liegt Besitz vor", erklärte er in der Urteilsbegründung. Der Mann habe die Vorwürfe eingeräumt, weil er den Einspruch gegen den Strafbefehl auf die Rechtsfolgen beschränkt habe.

Bei den 120 im Strafbefehl ausgesprochen Tagesätzen blieb Berger. Er setzte jedoch die Höhe des jeweiligen Tagessatzes auf nur 15 Euro fest. Dies begründete der Amtsrichter mit der wirtschaftlichen Situation des Mannes und Unterhaltsverpflichtungen.

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SZ vom 16.01.2018
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