Vor dem Amtsgericht:Neun Tonnen pro Nacht

Vor dem Amtsgericht: Vor Gericht bekräftigen beide Männer ihre Geständnisse.

Vor Gericht bekräftigen beide Männer ihre Geständnisse.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Eine Bande aus München stiehlt im großen Stil Autobatterien aus Geretsried - sie kommen mit Bewährungsstrafen davon

Von Benjamin Emonts

Es sei eine ziemlich schwere Arbeit gewesen, beteuert der Angeklagte, sie habe nicht nur Rückenschmerzen verursacht, sondern die Säure auch seine Schuhe ruiniert. Das Mitleid am Schöffengericht Wolfratshausen hält sich jedoch in Grenzen. Als Teil einer dreiköpfigen Bande hat der Münchner über mehrere Monate hinweg fast 30 Tonnen alte Autobatterien über Nacht von einem Autoteilehändler in Geretsried gestohlen.

Das wertvolle Blei in den Batterien brachte dem Trio bei Zwischenhändlern in München mehr als 20 000 Euro ein - die Batterien finanzierten ihr Leben, bis die Polizei ihnen in die Quere kam.

"Es ist einerseits zum Lachen und anderseits zum Weinen", sagt der Vertreter der Staatsanwaltschaft München II, die Anklage wegen schweren Bandendiebstahls und gewerbsmäßigen Betrugs erhoben hat. Tatsächlich kommt einem im Fall der dreiköpfigen Bande aus München manchmal unfreiwillig das Schmunzeln, wenn sie von ihren Taten erzählen. Die zwei Münchner, 35 und 32 Jahre alt, sind zuvor strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten, ebenso wenig ihre Komplizin, eine 30-jährige Münchnerin, die sich nun wegen Beihilfe zum schweren Bandendiebstahl verantworten muss. Alle drei hatten zum Tatzeitpunkt finanziell schwer zu kämpfen, der eine war spielsüchtig, der andere hatte eine schwangere Frau und war arbeitslos, die dritte hatte mit einem der Männer ein erfolgloses Unternehmen, das auf einen teuren Sportwagen partout nicht verzichten wollte.

Kameras am Tatort

Ihre prekäre Situation ließ sie die Straftaten begehen. Insgesamt elf Mal fuhren sie nachts zu einem Autoteilehändler in Geretsried, in dessen offenem Hinterhof sich die alten Autobatterien meterhoch stapelten. Sie nutzten dafür ihre Privatfahrzeuge oder ausgeliehene Transporter, die sie bedenkenlos auf ihren echten Namen anmieteten. Die Kameras am Tatort hielten sie wie selbstverständlich für Attrappen. Nach ihrem Diebeszug fuhren sie arglos zur nahegelegenen Tankstelle und kauften dort in aller Ruhe ein. Schließlich bewahrten sie die unzähligen Quittungen von ihren Batterieverkäufen zuhause fein säuberlich auf. Von ihren erbeuteten Geldbündeln fertigten sie Handy-Fotos an.

"Es spricht nichts dafür, dass Sie der kriminalistische Mastermind waren", umschreibt es der Staatsanwalt. Dennoch dauerte es eine Weile, bis der Diebstahl aufflog. Bei der Unmenge an Batterien fiel es zunächst nicht auf, dass einige fehlten. Die Bande fand sehr schnell Gefallen an ihrer neuen Geldquelle und wurde gieriger. Aus anfangs einer Tonne, die sie pro Nacht entführten, wurden zu Höchstzeiten neun Tonnen, die sie per Hand verluden. Um das alles zu bewerkstelligen, fuhren sie mehrmals pro Nacht zwischen Geretsried und München hin und her.

Der Eigentümer des Unternehmens meldete die Diebstähle der Geretsrieder Polizei, die Recherchen anstellte. Auf den Videoaufzeichnungen der Tankstelle und des Autoteilehändlers war ein Lieferbus zu sehen, der nur von einem einzigen Baumarkt in der Region vermietet wird. Die Personalien von einem der Angeklagten waren schnell ermittelt. Die Polizei wartete zunächst ab. Eines nachts, als einer der Angeklagten am Tatort gesichtet wurde, schlugen sie zu. Auf der Polizeiwache sagte der Mann umfassend aus, sein Komplize einen Tag später.

Vor Gericht bekräftigen beide Männer ihre Geständnisse. Nur deshalb verurteilt sie Amtsrichter Helmut Berger zu zwei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung und jeweils 160 Sozialstunden. Die 30-jährige Münchnerin, die Auto und Garage bereitgestellt hatte und zeitweise mit am Tatort war, wird wegen Beihilfe zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt. Ihr Bruder, der nur einmal mitgeholfen hat, muss 90 Tagessätze à 25 Euro bezahlen. Für den finanziellen Schaden müssen die zwei Hauptschuldigen aufkommen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: