Vom Schrecken der Nazi-Diktatur:Lehrstunde mit Max Mannheimer

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Dokumentationen, Lesungen und Gespräche erinnern an den Todesmarsch und das Kriegsende vor 76 Jahren

76 Jahre ist es her, dass Tausende entkräfteter KZ-Häftlinge aus Dachau Richtung Alpen getrieben wurden. Wer erschöpft zusammenbrach, wurde erschossen. Die Hauptroute führte durch das Würmtal nach Starnberg, über Wolfratshausen nach Bad Tölz und weiter Richtung Tegernsee. Bei Waakirchen befreiten amerikanische Soldaten die ausgezehrten Häftlinge. Viele von ihnen wurden im Lager Föhrenwald versorgt, wo sie ihre ersten Tage in Freiheit verbrachten. Das Lager im heutigen Ortsteil Waldram, das für Zwangsarbeiter errichtet worden war, entwickelte sich fortan zu einem Auffanglager für Displaced Persons, die der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie entkommen waren. Der Erinnerungsort Badehaus, aber auch andere Veranstalter in der Region erinnern in den kommenden Tagen an das Kriegsende und an den Dachauer Todesmarsch.

Eine besondere Unterrichtsstunde hat der Seeshaupter Regisseur und Produzent Walter Steffen mit der Kamera eingefangen. Vor einigen Jahren begleitete er Max Mannheimer bei einem Vortrag in der Hauptschule Altenerding. Mannheimer, der große Mahner und Versöhner, war seit 1988 Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau und leistete bis zu seinem Tod im Herbst 2016 eine herausragende Erinnerungsarbeit. Tausenden von Schülern brachte er den Schrecken des Nationalsozialismus nahe, indem er - mitreißend, charmant und humorvoll - immer wieder seine eigene Geschichte erzählte. Generationen haben seine Worte im Ohr: "Ihr seid nicht dafür verantwortlich, was geschehen ist, aber ihr seid für das verantwortlich, was in der Zukunft geschehen wird." Die Dokumentation seines Vortrags ist in der Woche von Samstag, 24. April, bis Freitag, 30. April, auf Walter Steffens Online-Kanal OLAtv zu sehen.

Mannheimer, der Auschwitz, das KZ Dachau und das Außenlager Mühldorf-Mettenheim überlebt hat, gehörte nicht zu den Häftlingen, die zu Fuß durch das Oberland getrieben wurden, sondern saß in dem so genannten Todeszug, der Ende April 1945 mit 4000 Häftlingen durch Oberbayern irrte. Fünf Tage dauerte die Fahrt, bevor der Zug in Seeshaupt zu stehen kam. Steffen erzählt diese Geschichte in seiner Dokumentation "Endstation Seeshaupt" aus dem Jahr 2009. Der Film wurde in das Archiv von Yad Vashem in Jerusalem aufgenommen und wird bis heute weltweit in Universitäten, Schulen und Holocaust-Gedenkstätten gezeigt. Der Kinotrailer zu "Endstation Seeshaupt" ist ebenfalls von Samstag an auf OLAtv zu sehen, der ganze Film über www.kino-on-demand.com verfügbar.

Aus dem "Späten Tagebuch" von Max Mannheimer liest am Freitag, 30. April, der Schauspieler Michael Stacheder in der Penzberger Stadtbücherei. Die Lesung wird als Live-Stream übertragen und beginnt um 9.45 Uhr. Anmeldung unter buecherei@penzberg.de, kurz vor der Lesung wird der Link für den Live-Stream verschickt.

Auf die Suche nach den letzten Zeitzeugen des Todesmarschs hat sich der Eurasburger Regisseur Max Kronawitter gemacht. In seiner Dokumentation "Als das Grauen vor die Haustür kam" lässt er ehemalige Häftlinge zu Wort kommen, aber auch Leute aus der Bevölkerung, sowie Menschen, die sich der Erinnerungsarbeit verpflichtet haben. Eine Kurzversion seines neunzigminütigen Films feiert an diesem Donnerstag, 22. April, Online-Premiere (Beginn 19.30 Uhr, Anmeldung unter kronawitter@ikarus-film.de). Für den Erinnerungsort Badehaus hat Kronawitter ebenfalls eine halbstündige Kurzfassung zusammengeschnitten, die am Sonntag, 25. April, von 17 Uhr an über die Homepage des Badehaus-Vereins abrufbar ist ( www.erinnerungsort-badehaus.de).

Zudem berichtet Kronawitter von seinen Recherchen und den Dreharbeiten. Außerdem erzählt der Gautinger Altbürgermeister Ekkehard Knobloch von seiner denkwürdigen Initiative, zur Erinnerung an den Todesmarsch zahlreiche Wegstrecken-Mahnmale errichten zu lassen. Die von Hubertus von Pilgrim gestalteten Mahnmale stehen heute in 22 Gemeinden. Musikalisch begleiten Susanne Pausch am Klavier und Peter F. Schneider an der Klarinette das Programm. Schneider hat dafür eigens ein Stück komponiert, das er dem Erinnerungsort Badehaus widmet. Die Veranstaltung ist kostenlos, das Badehaus freut sich jedoch über Spenden.

© SZ vom 22.04.2021 / stsw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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