Vom Malz zur Mass:Der Haderner Bräu ist die erste Bio-Brauerei in München

Vom Malz zur Mass: Die kleine Brauerei 'Münchner Kraftbräu GmbH' in Großhadern.

Die kleine Brauerei 'Münchner Kraftbräu GmbH' in Großhadern.

(Foto: Robert Haas)

Produziert wird in Großhadern, die Rohstoffe stammen aus rein ökologischem Anbau in Bayern. Beim ersten Hofverkauf war nach einer Stunde alles vergriffen.

Von Benjamin Engel

Der erste Eindruck vom Haderner-Bier: Es schmeckt angenehmen erfrischend, vollmundig. Dann legt sich auf den hinteren Zungengrund eine leicht herbe Note. Und das ist genau das, was die Eurasburger Inhaber des Haderner Bräus erreichen wollen. Das naturtrübe Helle mit satter goldgelber Farbe soll die Liebhaber von Hopfenaromen mit feinen Bitterstoffen genauso ansprechen wie die Freunde spritziger Biere mit einem Schuss Restsüße.

Darauf abgestimmt haben Braumeister Nikolaus Starkmeth sowie Thomas und Marta Girg die Rezeptur für das Bier entwickelt. Die Rohstoffe stammen aus rein ökologischem Anbau in Bayern - damit betreibt das Eurasburger Ehepaar die erste Bio-Brauerei in München. Traditioneller Hopfen der Sorte "Perle" aus der Region Hersbruck gibt dem Hellen seinen charakteristischen Geschmack. Daneben stellt das Haderner Bräu Weißbier und Dunkles her. Zudem soll es auf die Jahreszeiten abgestimmte wechselnde Biersorten oder auch einmal ein Indian Pale Ale geben.

Der 38-jährige Thomas Girg und seine ein Jahr ältere Frau Marta, Wein-Sommelière und im Bio-Hotel Schlossgut Oberambach tätig, eint der Genuss und die Freude an Essen und Trinken. Auf Reisen wollen sie gerne hochwertige Produkte entdecken, besuchen deshalb häufig Destillerien, Weingüter oder Brauereien. In ihrem Garten in Eurasburg haben sie sogar Weinstöcke.

Thomas Girg stellt Holundersirup oder Federweißen selbst her, selbstverständlich nur aus garantiert ungespritzten Zutaten. Deshalb sollte auch das Bier aus ihrer Brauerei ökologischen Kriterien entsprechen und ist mit dem bayerischen Bio-Siegel zertifiziert. Der Hopfen stammt etwa vom Biohof Friedrich in der Fränkischen Schweiz.

Vor gut einem Jahr hat der gelernte technische Betriebswirt Thomas Girg in der Garage seines Hauses erstmals selbst begonnen, Bier zu brauen. Dass er und seine Frau sich nun seit Jahresbeginn Brauereibesitzer nennen dürfen, war dennoch ungeplant. "Das hat sich aus vielen Zufällen ergeben", sagt Thomas Girg. Im Vorjahr erfuhr er, dass das Vorhaben, eine in der Großhaderner Straße im gleichnamigen Münchner Stadtteil geplante Brauerei zu eröffnen, noch in der Bauphase aufgegeben worden war. Die Vorbesitzer hatten sich zerstritten.

Dann ging alles ganz schnell. Thomas Girg schaute sich die Räumlichkeiten in einem Hinterhof mitten im Wohngebiet kurzerhand an, besprach sich mit seiner Frau am Weihnachtstisch, und sie einigten sich mit den Vorbesitzern, die bestehenden Brauanlagen zu kaufen und den Betrieb fertigzustellen.

Dann holten sie sich noch den erfahrenen 63-jährigen Braumeister Nikolaus Starkmeth dazu - er war schon bei den Vorbesitzern als Berater im Gespräch. Im April brauten sie ihr erstes Bier. Seitdem ist Thomas Girg so oft es geht, in der Brauerei in München-Großhadern. Er führt eine Veranstaltungsfirma, hat weltweit Ausstellungen wie die der chinesischen Terrakotta-Armee oder der Körperwelten-Show betreut.

Etwa 2000 Hektoliter Bier im Jahr

Beim Brauen verlässt sich Girg auf die Fachkompetenz von Starkmeth. Der hat schon viele Brauerei mitaufgebaut und beraten. Rund 20 Jahre lang hat Starkmeth für den Anlagenbauer Joh. Albrecht weltweit Brauereien aufgebaut. Im Ausland hat er gelernt, kreativ zu sein. Starkmeth hat in Russland Kirschbier hergestellt. In Japan musste er Hopfen einsetzen, bei dem weder Name, Sorte, noch Jahrgang auf der Packung standen.

Und in Wales, erzählt Starkmeth, arbeitete er für eine Brauerei, zu der er nur durch mehrere Weidengatter gelangen konnte, so abgelegen war der Betrieb. Starkmeth gibt seine Erfahrung in Brauseminaren in München-Großhadern weiter. Die Teilnehmer können ein- bis zweimal im Monat lernen, wie sie Helles, Weißbier, ein kräftiges Stout oder ein Indian Pale Ale selbst herstellen können.

Das Ehepaar Girg und Starkmeth verstehen ihr erstes Jahr noch als Testphase. Falls alles nach ihren Vorstellungen funktioniert, wollen sie rund 2000 Hektoliter Bier im Jahr brauen. Bisher waren sie zumindest zum Teil durchaus erfolgreich. Sie verkaufen ihr Bier direkt aus den Brauerei-Räumen heraus. Außerdem schenken sie es im Biergarten beim Bio-Hotel Schlossgut Oberambach aus.

Vom ersten Hofverkauf war Thoms Girg selbst überrascht. Die Leute seien in langen Schlangen angestanden, sagt er. "Nach einer Stunde war alles ausverkauft." Seit 1. September unterstützt sie ein Lehrling in der Brauerei. Sie beteiligten sich am Bio Erleben Festival auf dem Münchner Odeonsplatz am 11. und 12. September.

Die Schwierigkeiten um den Namen für das neue Bier hätte Girg gerne vermieden. Denn gegen die Bezeichnung "Kraft Bier" reichte das Kraft Bräu aus Trier in Rheinland-Pfalz eine Unterlassungsaufforderung ein. Girg und Starkmeth mussten sich einen neuen Namen suchen.

Außerdem konnten sie ihre Biere noch nicht in solchem Umfang wie angedacht in Getränkemärkten oder Bio-Läden platzieren. Denn solange der Name nicht klar war, wollten viele das Bier nicht in ihr Sortiment aufnehmen. Ein echtes Ärgernis für Girg. Jetzt ist er froh, endlich den Namen Haderner Bier gefunden zu haben.

Öffnungszeiten Schlossgut Oberambach: Freitag 17 bis 22 Uhr, Samstag/Sonntag/Feiertage 13 bis 22 Uhr, Donnerstag 18.30 bis 21 Uhr. Hofverkauf in der Großhaderner Straße: Montag bis Donnerstag 10 bis 17 Uhr, Freitag 10 bis 18 Uhr.

Brauereigründungen in Bayern

Es ist verhältnismäßig einfach, eine Brauerei zu gründen: Wer Bier herstellen und verkaufen will, muss lediglich ein Gewerbe anmelden. Bestimmte Qualifikationen oder gar einen Meisterabschluss braucht es dafür nicht. "Wer sich befähigt fühlt, kann einfach loslegen. Den Rest regelt der Markt", sagt Oliver Dawid, Geschäftsführer im Verband Private Brauereien Bayern. Allerdings sind viele Neugründer ausgebildete Braumeister oder haben im Fachbereich studiert. Denn um ein Bier von dauerhaft guter Qualität herstellen zu können, zählen Wissen und Erfahrung. Und die haben eben längst nicht alle, die als Hobby in ihrer Küche Bier brauen.

Große Brauereigruppen dominieren den weltweiten Biermarkt. Anheuser-Busch InBev mit Sitz im belgischen Brüssel ist der größte Konzern mit zirka 200 Marken rund um den Globus, darunter die Münchner Brauereien Löwenbräu, Spaten und Franziskaner-Weißbier. Das Unternehmen stellte im Jahr 2015 insgesamt 409,9 Millionen Hektoliter Bier her, der Anteil an der weltweiten Bierproduktion lag damit bei gut einem Fünftel. Der größte deutsche Konzern war im Vorjahr die Radeberger Gruppe mit einem Bierausstoß von 11,8 Millionen Hektolitern und einem Anteil von 0,6 Prozent an der weltweiten Bierproduktion.

In Bayern vertreten der Brauerbund und der Verband Private Brauereien die Interessen ihrer Mitglieder. Laut Oliver Dawid, Geschäftsführer im Verband Private Brauereien Bayern, hat seine Organisation im Freistaat rund 400 Mitglieder, berät etwa auch in betriebswirtschaftlichen, technischen oder Marketing-Fragen. Im Fokus stehen private inhaber- und familiengeführte Brauereien, die sich nicht an den Interessen des Kapitalmarkts orientieren. Unter den klassischen Brauereien sieht Dawid die Branche konsolidiert. Einzelne fielen weg, andere Kleinstbrauereien entwickelten sich Richtung Mittelstand, sagt er. Doch in jüngster Zeit entstünden vermehrt Klein- und Kleinstbrauereien. Furore machten etwa das 2003 in einer Garage gegründete Giesinger Bräu in München oder auch Crew Republic aus Unterschleissheim. Benjamin Engel

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