Volkszählung:Gut erfasst und abgezählt

Für den Volkszählung im kommenden Jahr müssen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen fast 15.000 Menschen berichten, wie sie leben und arbeiten. Das geht den Kritikern zu weit.

Thekla Kraußeneck und Dominik Hutter

Das Wort Volkszählung kommt den Verantwortlichen nur selten über die Lippen: "Zensus2011" nennt sich die bundesweite Erfassung, die im Mai nächsten Jahres die 25 Jahre alten Datenbestände der Behörden auf den neuesten Stand bringen soll. Anders als bei der umstrittenen Volkszählung 1987 werden allerdings nicht mehr sämtliche Bürger befragt.

Da zahlreiche Daten aus bestehenden Behördenregistern entnommen werden, begnügen sich die Statistiker diesmal mit Stichproben: Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen erhalten voraussichtlich 14.861 Menschen Besuch von ehrenamtlichen "Interviewern", bayernweit trifft es 1,18 Millionen.

Zusätzlich müssen sämtliche Eigentümer von Wohngebäuden detaillierte Auskünfte über ihre Immobilie, deren Ausstattung, Nutzung und Mieter erteilen. Die Teilnahme am Zensus 2011 ist Pflicht. Wer sich weigert, zahlt bis zu 5000 Euro. So weit will man nach Angaben des Statistischen Bundesamts aber nicht gehen; derzeit stünde ein Strafsatz von rund 300 Euro zur Debatte.

Wie schon 1987 ist die Volkszählung 2011 aus Gründen des Datenschutzes nicht ohne Kritiker. Die Fragen der Interviewer haben es in sich: Der Staat will wissen, mit wie vielen Leuten man zusammenwohnt, ob man einen Migrationshintergrund hat und über welchen Schul- und Hochschulabschluss man verfügt. Dazu kommen Fragen wie "Können Sie innerhalb der nächsten zwei Wochen eine bezahlte Tätigkeit aufnehmen?" - wer in der Zensuswoche vom 9. bis 15. Mai 2011 ausnahmsweise nicht gearbeitet hat, soll dafür einen Grund nennen.

"In höchstem Maße beängstigend"

Kreisrat Franz Xaver Sailer (Grüne) geht das zu weit. "Die Fragen zur Berufstätigkeit sollten in der Privatsphäre bleiben", sagte er auf Anfrage. "Solche Fragen könnten auch über die Agentur für Arbeit beantwortet werden." Ansonsten habe sich im Vergleich zur Volkszählung 1987 nicht viel verändert - von der Anzahl der Befragten einmal abgesehen. Nur zehn Prozent der Gesamtbevölkerung sollen den Kern des Zensus ausmachen. Viel zu wenig, findet Sailer. "Das gibt kein repräsentatives Ergebnis und der Bürger kommt dafür auf. Und die, die Illegal hier sind, hat man schon damals nicht erwischt."

Klaus Koch (Grüne), stellvertretender Landrat und aktiver Volkszählungsgegner von 1987, blickt kritisch auf die Datensammlung. Gerade im Zuge der umfassenden Digitalisierung finde er diese "im höchsten Maße beängstigend". Die Zeiten hätten sich geändert: Wurden die Daten vor 23 Jahren noch auf Papierbögen verarbeitet, laufe heute alles digital. Der Bürger verliere den Überblick über die Konsequenzen. "Der Staat hat ein berechtigtes Interesse daran, seine Daten auf Vordermann zu bringen", räumt Koch ein, "aber verfassungsrechtlich muss verhindert werden, dass die Daten einer Person eindeutig zugeordnet werden können. Es darf nicht passieren, dass man noch Jahre später feststellen kann, wer gerade welches Auto fuhr."

Das Landratsamt in Bad Tölz richtet bereits die Erhebungsbüros ein. Der Datenschutz werde dadurch gewährleistet, dass nur zwei Mitarbeiter mit dem Zensus beschäftigt seien, erklärt Sachgebietsleiter Anton Stowasser. Die EDV werde abgesichert, die Schränke seien stets abgesperrt. Er sehe in der Volkszählung auch Positives. So könne man etwa erfahren, wie viele Kinder welche Schulart besuchen werden und wie viele Leute künftig mit dem Zug von Bad Tölz nach München fahren werden.

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