Volksmusik:Showdown in Blech

Grand Prix der Blasmusik

Die "Schlegldorfer Musikanten" machen beim "Grand Prix der Blasmusik" in Lenggries eine gute Figur, aber nicht das Rennen.

(Foto: Manfred Neubauer)

"Schlegldorfer" treten beim "Grand Prix der Blasmusik" in Lenggries an

Von Susanne Hauck

Lenggries - Drei Stunden Walzer, Polkas, Märsche. Beim "Grand Prix der Blasmusik" in Lenggries wollen drei Orchester ins Finale vordringen und spielen sich für den deutschen Vorentscheid die Seele aus dem Leib. Im gut gefüllten, aber nicht ausverkauften Festzelt sind die Tische in der ersten Reihe nur spärlich besetzt - denn wenn einem der Sound von 25 Tubas, Trompeten, Posaunen, Hörnern und Klarinetten um die Ohren bläst, halten das nur die Schwerhörigen aus.

Ginge es nach dem Applaus, müssten die Lokalmatadoren, die Schlegldorfer Musikanten, mit Abstand gewinnen. Aber der Beifall allein ist nicht ausschlaggebend. Entscheidend seien der musikalische Eindruck und wie sich die Kapelle vor Publikum verkaufe, erläutert Moderator Georg Ried, Volksmusikfreunden von seinen Sendungen im Bayerischen Rundfunk bekannt. "Gibt's denn Schlegldorf überhaupt?", fragt Ried schelmisch, was im Saal johlendes Gelächter hervorruft, weiß doch jeder, der hier ist, dass es ein Ortsteil von Lenggries ist.

Die Schlegldorfer, eine Formation aus der Lenggrieser und der Wackersberger Blaskapelle unter Leitung von Bernhard Simon, geben jedenfalls ein gutes Bild ab, wirken wie aus einem Guss und spielen absolut sicher ihr bayerisch geprägtes Repertoire. Auch optisch können die Mannsbilder punkten: 30 Paar nackte Knie in der kurzen Krachledernen machen schon was her. Der Showeffekt ist ihnen endgültig sicher, als für eine Trinkpause ein fesches Madl zwei Arme voller Maßkrüge anschleppt - die übrigens bis zum Ende des 45-minütigen Auftritts höchst unterschiedlich geleert sind, manche mit Hilfe eines Strohhalms.

Davor hatten die Vollblutmusikanten aus der Nähe von Ulm unter dem Klang von Fanfaren Einzug gehalten. "Jetzt geht's rund", war als Slogan auf dem Hemdkragen der Männer eingestickt, und entsprechend temperamentvoll feuerte Kapellmeister Herrmann Rupp seine Truppe an. Die zwei sehr schönen Soli von Tenorhorn und Trompete erhielten vom Lenggrieser Publikum deutlich mehr Applaus als die Gesangseinlage von Andrea und Frank, die doch sehr an volkstümelnde Darbietungen à la "Musikantenstadl" erinnerte.

Gewinner des Abends wird ein Orchester vom Bodensee: Michael Maier und seine Blasmusikfreunde. "Ich selbat bin Bänker in der Schweiz", so stellt sich Maier schwäbelnd vor. Dass er nicht nur Zahlen, sondern auch Töne kann, beweist er als Solist und sogar Sänger, dazu dirigiert er seine Truppe zackig wie ein General, aufgelockert mit gelegentlichen Luftsprüngen. Den Ausschlag für den Sieg dürften die musikalische Bandbreite und das Niveau der geforderten Eigenkompositionen geben.

Dass Blasmusik mehr sein kann als Bierzeltmusi auf Volksfesten steht außer Frage. Seit ein paar Jahren ist sie wieder richtig in, wobei vor allem junge Formationen wie La Brass Banda mit ihrem modernen Sound abräumen. Dem Allgäuer Musikmanager Georg Preisinger geht es darum, auch der traditionellen Blasmusik zu mehr Anerkennung zu verhelfen, vor allem den semiprofessionellen Orchestern, die aus talentierten Hobbymusikern und einigen wenigen Berufsmusikern bestehen. Um wieder an die Zeiten Ernst Moschs anknüpfen zu können, des 1999 verstorbenen "Königs der Blasmusik", hat Preisinger vergangenes Jahr den "Grand Prix der Blasmusik" ins Leben gerufen.

Die Gewinner dürfen sich über eine CD-Aufnahme freuen und einen Auftritt beim "Woodstock der Blasmusik" vor 50 000 Zuhörern. Preisinger will aus der Veranstaltung in vier Ländern, zu der sich 60 Kapellen beworben haben, keine Jahrmarkt-Belustigung machen. Deshalb hat er die Jury auch nicht mit Szene-Kasperln besetzt, sondern mit studierten Musikern wie Ernst Hutter, dem Chef der Egerländer Musikanten oder Bob Ross von Blechschaden, der Brass-Formation der Münchner Philharmoniker.

Am Bühnenrand in Lenggries stehen schon die Trophäen bereit: ein Pokal mit drei fontänenartig aufragenden Posaunenkörpern und ein Tenorhorn in Sonderlackierung. Doch beides dürfen Michael Maier und seine Blasmusikfreunde noch nicht mitnehmen. Erst geht es im November zum Finale nach Kempten, wo sie auf die Finalisten aus Österreich, Südtirol und der Schweiz treffen.

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