Vogelzug:Jedem seinen Vogel

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Alte und neue Birdman-Fans verabschieden sich von Hans Langner und seinem Künstlerhäuschen im Ratzenwinkl, das sich beim Ausverkauf Stück für Stück auflöst.

Benjamin Engel

Viele Menschen kamen, um noch einmal "Birdman" Hans Langners buntes Häuschen zu sehen. (Foto: Manfred Neubauer)

So viele Besucher waren wohl noch nie auf einmal im idyllisch gelegenen Künstlerhäuschen von "Birdman" Hans Langner: An der Abzweigung zum Ratzenwinkl stehen die Autos bereits am Sonntagvormittag in langen Reihen neben der Staatsstraße. Neugierige und Bewunderer drängen sich im Inneren des Häuschens, teilweise gibt es fast kein Durchkommen mehr. Der Künstler, der nach Ismaning umzieht, wird zum Abschied förmlich umlagert. Lächelnd signiert er soeben verkaufte Werke.

Viele Gäste lassen sich von ihm einen Stein mit einem seiner minimalistischen Vogelmotive bemalen. Geduldig wartet die neunjährige Frieda aus Wolfratshausen, bis sie an der Reihe ist. "Der kommt jetzt in mein Zimmer", sagt das Mädchen. Das ehemalige Austragshäuschen hat Langner in 13 Jahren zu einem einzigartigen Künstlerdomizil umgestaltet. Die Wände sind innen und außen mit Vogelmotiven verziert. Überall hängen Bilder und stehen Vogelfiguren jedweder Couleur. Am Sonntag hat er sein Haus den ganzen Tag geöffnet und verkauft fast alles, was nicht niet- und nagelfest ist.

Ein Bild mit einem balinesischen Vogel hat es Jochen und Bärbel Kommerell besonders angetan. Sie besitzen ein Feriendomizil in Lenggries und haben von dem anstehenden Ausverkauf in der Zeitung gelesen. "Es ist toll hier, leider sind wir zu spät auf den Birdman gestoßen", bedauern sie. Schon lange vom Künstler begeistert ist Franz Mösbauer. Er sucht nach einem Geschenk für seine Schwiegermutter und wird mit einem Bild fündig. "Ich mag das Abstrakte und die einfachen, frohen Motive mit den Vögeln."

Stefanie Benker nutzt die Chance, noch einmal das Künstlerhaus besuchen zu dürfen. "Es ist schade, dass der Birdman weg geht. Er war eine Tölzer Institution", sagt sie. Mit einem Birdman-Hocker vervollständigt sie ihre Sammlung von Sitzgelegenheiten aus aller Welt. Auf einen Käufer warten mittags um 12 Uhr noch ein Performance-Kostüm aus Federn in rosafarbenen Schattierungen oder ein ausgestopfter Eichelhäher, den Langner mit bunten Vogelfedern aufgepeppt hat.

Den Trubel um ihn herum nimmt der Künstler gelassen. Abschiedsschmerz mag der 48-Jährige nicht verspüren. "Vögel muss man fliegen lassen", sagt er. Er könne alles loslassen, und damit gehe es ihm gut. Den Entschluss, zu seinem Freund nach Ismaning zu ziehen, habe er auch nicht von einem Tag auf den anderen gefasst. "Manchmal muss man gehen, um häufiger wiederzukommen", sagt Langner. So hat er auch für Bad Tölz noch einige Ideen, die er in Zukunft gerne umsetzen möchte.

Das Tölzer Stadtbild soll seinen Vorstellungen nach bunter werden. Er wolle mehr Farbe nach Tölz bringen. Darüber rede er mit der Stadtverwaltung. Mehr möchte Langner im Augenblick noch nicht verraten. Fortsetzen will der Künstler auch seine Projekte mit Schülern im öffentlichen Raum.

Im Landkreis werden seine Werke auch weiterhin präsent bleiben. Von 22. Juni an stellt Langner im Irschenhausener Hollerhaus aus, wie Leiterin Lia Schneider-Stöckl verrät. Sie ist am Sonntag ebenfalls in den Ratzenwinkl gekommen. Während sie noch erzählt, entfernen eifrige Helfer eine der mit Vogelmotiven bemalten Schindeln von der Außenfassade des Hauses. Auch sie hat einen Käufer gefunden. So verschwindet Stück für Stück des Künstlerhauses. Das Bedauern ist groß. Langner nimmt es mit Leichtigkeit: "Jetzt kriegt jeder seinen Vogel."

© SZ vom 29.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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