Vier Frauenfiguren und eine Bühne:Der Schlüssel zum Glück

Vier Frauenfiguren und eine Bühne: "Furchtlos glücklich" heißt das neue Programm, das die Kabarettistin Franziska Wanninger am Freitagabend in Lenggries dem Publikum vorstellte.

"Furchtlos glücklich" heißt das neue Programm, das die Kabarettistin Franziska Wanninger am Freitagabend in Lenggries dem Publikum vorstellte.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Vorpremiere von Franziska Wanningers neuem Programm im KKK

Von Thekla Kraußeneck, Lenggries

Franziska Wanninger ist verliebt - in den einzigen Mann, der sie zum Schweigen bringen kann. Ihren Zahnarzt. Blöd nur, dass man ganz schön mutig sein muss, um einem anderen Menschen die eigenen Gefühle zu gestehen. Überhaupt ist das ganze Leben eine einzige Mutprobe, vor allem, wenn einen ganz absurde Ängste plagen. Wie die "Happy-Hippo-Phobie", die Angst vor dem Zunehmen. Oder die Angst vor einer anderen Meinung, "in Deutschland weit verbreitet", sagt Wanninger, "vor allem unter Chefs, die sagen: Guter Vorschlag, habe ich drüber nachgedacht, machen wir nicht". Oder auch Wanningers vielleicht gar nicht so erfundene Angst vor dem Publikum.

Noch bevor die Kabarettistin auf die Bühne des Lenggrieser KKK tritt, richtet Veranstalterin Sabine Pfister ein paar vorbereitende Worte an die Zuschauer, die den Saal bis auf den letzten Platz füllen. Wanninger schreibe und inszeniere ihr ganzes Programm selbst, die Vorstellung sei eine Vorpremiere, sagt Pfister: "Bitte tragt sie." Klingt nach einer Künstlerin, die vor lauter Aufregung gar nicht weiß, wohin mit sich. Oder sind Pfisters vorbereitende Worte bereits Teil des Programms? Falls ja, dann funktioniert es: Das Publikum empfängt Wanninger warmherzig. Im andern Fall zeigt es, dass die 35-jährige Münchnerin ein echter Profi ist. Denn sobald sie loslegt, spielt sie so, wie man Wanninger kennt: souverän, leidenschaftlich, unheimlich witzig - und vollkommen furchtlos.

"Furchtlos glücklich" heißt das neue Programm, mit dem Wanninger am Freitagabend das Publikum begeistert. Im fliegenden Wechsel schlüpft sie in vier Frauenfiguren, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Zum einen spielt sie sich selbst, die verknallte Mittdreißigerin, die sich zu einem Angstseminar verleiten lässt, weil sie befürchtet, mit 40 Jahren sonst ihren Kinderwunsch mit Räucherstäbchen verdrängen zu müssen. Dann ist da noch die esoterisch angehauchte Seminarleiterin Melissa Schneebergen, die jeden ihrer Monologe mit einem Schlag gegen einen Gong einleitet und "Lebenstüten" verteilt, in denen sich neben einem Wutball auch "ein vielseitig verwendbarer Strick und ein Puzzle ihrer Schwiegermutter, in 1000 Teilen" befinden.

Unnachahmlich die osteuropäische Putzfrau, deren Name so unaussprechlich ist, dass Wanninger sie kurzerhand "Lady Gaga" nennt - und die eines Tages in Wanningers WG-Zimmer platzt, um zu fragen: "Wie alt bist du?" - "35." - "Wo ist Kind?" Als Lady Gaga einen zum Duftsäckchen umfunktionierten Rosenblütentee, den Wanninger nach der zwölften Wurzelbehandlung von ihrem Zahnarzt geschenkt bekommen hat, in den Kompost wird, reagiert die verliebte Kabarettistin so aufgeregt, dass die Putzfrau ihr auf die Schliche kommt. Lady Gaga schickt Wanninger letztlich zum Angstseminar - damit sie den Zahnarzt nicht vertreibt. Der sei schließlich intellektuell.

Um das Chaos zu komplettieren - und Wanningers schauspielerisches Talent noch ein bisschen mehr auszureizen -, klingelt plötzlich auch noch "Chrischta" aus Baden-Württemberg, uneingeladen und nicht ganz uneigennützig. "Wenn einer aus Baden-Württemberg bei dir vor der Tür steht, weißt du: Der will was", sagt Wanninger. Chrischta ist obendrein so penibel, dass Wanningers Neffe sie nur noch "Sagrotante" nennt. Sie will sich in München auf die Suche nach einem Job machen - und treibt Wanninger mit ihrer voreiligen, zickigen und engstirnigen Art schier in den Wahnsinn.

Mit diesem Quartett spielt sich Wanninger fast zwei Stunden lang durch ein kurzweiliges Programm; mal philosophiert sie humoristisch über die beschönigende Darstellung von Kindheitshelden - etwa hätte Obelix mit seinen Cholesterinwerten wohl nie einen Römer verhauen und Frau Holle mit einer Allergie keine Decken ausgeschüttelt -, dann gibt sie wieder Anekdoten zum Besten, von denen man nie so genau weiß, ob sie erfunden sind. Während ihres dreimonatigen Staatsexamens fürs Gymnasiallehramt habe sie einmal solche Lust auf Pizza und Nudeln gehabt, dass sie beim Lieferservice einfach beides bestellt habe. Um vor dem Enrique Iglesias ähnelnden Pizzaboten nicht verfressen zu wirken, habe sie kurzerhand die ganze Wohnung geputzt und ihm dann mit den Worten geöffnet: "Schatz, das Essen ist da!" Worauf der Bote antwortete: "Vorsicht, heiß."

Nach diesem Exkurs durch das Leben einer Singlefrau, die mit ihrer Sehnsucht nach einer Beziehung und ihren Versagensängsten ringt, erkennt Wanninger, dass sie - den Zahnarzt betreffend - nie etwas zu verlieren hatte. Ihr Publikum entlässt sie mit einem Lied und zwei wichtigen Erkenntnissen: Die einzige Konstante im Leben ist die Veränderung, und der Schlüssel heißt Vertrauen.

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