Süddeutsche Zeitung

Video-Premiere in München:Ein Song schlägt Wellen

Lesezeit: 3 min

Die 14-jährige Lucia Tepelmann aus Münsing hat im Frühjahr ein Lied für Greta Thunberg geschrieben. Dann haben sich Musiker, Künstler und Filmprofis eingeklinkt

Von Stephanie Schwaderer, Münsing

Sie könnte nächsten Freitag einen Verweis kassieren, aber Lucia Tepelmann wird definitiv nicht in die Schule gehen. Stattdessen wird sie singen. Mit dem neu gegründeten Wolfratshauser Projekt-Chor One Decision auf dem Münchner Königsplatz. Eigentlich hatte die 14-jährige Münsingerin nur einen Song für Greta Thunberg und die Fridays-for-Future-Bewegung schreiben wollen. Aber dann ist die Sache aus dem Ruder gelaufen. Und dürfte weiterhin Wellen schlagen.

Am Mittwoch, 18. September, zwei Tage vor der geplanten Großdemo am Königsplatz, wird Lucia im Münchner Monopol Kino das Musik-Video "It's Friday" vorstellen. Daran haben 50 Kinder und Jugendliche aus Münsing und dem Umfeld der Wolfratshauser Musikschule mitgewirkt, zudem professionelle Kameramänner und -frauen (eine davon auf der Durchreise nach Los Angeles), Beleuchter und Tontechniker, Schauspieler (Anton Algrang und Nicole Belstler-Boettcher), Künstler und Musiker. Einige von ihnen sind Freunde der Familie, andere Bekannte von Bekannten. "Alle haben sich spontan eingeklinkt", sagt Annika Tepelmann, Lucias Mutter. "Das war absolut besonders. Irre!"

Die Drehbuchautorin, die mit dem Künstler Herbert Nauderer verheiratet ist, hat in den vergangenen Jahren immer wieder ambitionierte Theater- und Kinderfilmprojekte vorangetrieben. Sie ist kreativ, gut vernetzt und zielstrebig - und macht keinen Hehl daraus, dass sie es war, die sich im Frühjahr mit ihrer Tochter hingesetzt hat, um den Future-Song zu texten: "Come on girls it's friday, it's time now to shout / come on boys, it's friday, let's sing it out loud / come on everybody, let's get it done / we're the crowd, we are loud and we've just begun."

Die Melodie mit Ohrwurmpotenzial stammt von Lucia, das Arrangement für Solostimme, Chor und Klavier von Andreas Puhani. "Das hätte ich nicht gekonnt", räumt die Neuntklässlerin freimütig ein. Was ihr hingegen mühelos gelungen ist: Mädchen aus dem renommierten Wolfratshauser Kinderchor, in dem sie seit vielen Jahren singt, für ihr Lied zu begeistern. Und Chorleiter Yoshihisa Kinoshita gleich dazu. "Wir haben uns außerhalb der normalen Chorstunden getroffen", erzählt sie. "Auch Ehemalige haben mitgemacht - die sind super und konnten alles sofort."

Die Idee, ein Video zu machen, brachte wiederum ihre Mutter ins Spiel. "Ich dachte an einen Drehtag", sagt Annika Tepelmann. "Wir hatten kein Geld und wenig Zeit." Ihr Kollege Florian Fessl sei als Erster Feuer und Flamme gewesen. Er organisierte Kameraleute und tat ein leer stehendes Schulhaus in der Münchner Infanteriestraße auf. Anfang August rückte dort ein ganzes Profi-Team an.

Das Video zeigt eine apathische Schulklasse in einem tristen grauen Zimmer (Wandbemalung samt Mausmann: Herbert Nauderer). Auf dem Stundenplan steht die Klimakrise. Ein Mädchen mit Zöpfen (Amrei von Kracht) steht plötzlich auf und trotzt dem Lehrer. Wie Greta Thunberg ermuntert es die Mitschüler, auf die Straße zu gehen und für den Klimaschutz zu kämpfen.

Dazwischen sind Aufnahmen von drei Mädchen geschnitten, die in einem dunklen Wasser stehen. In der Mitte Lucia, die mit beeindruckender Stimme die Solo-Partien singt. Der Pegel steigt unablässig. Am Ende ragen nur noch die Köpfe über die Wasseroberfläche. Ein gelungener Studio-Effekt? Keineswegs, sagt Lucia. "Wir standen bis drei Uhr nachts im Starnberger See." Zunächst hätten sie auf wackligen Kisten balanciert, irgendwann dann Neoprenanzüge unter die roten Kleider angezogen - "weil wir so gefroren haben". Der Einsatz hat sich gelohnt. Die See-Szenen bleiben im Gedächtnis.

Am Ende stürmen etwa 50 Buben und Mädchen auf den wohl bekanntesten Baum am Starnberger See zu, den "Tree of Münsing", wie er seit 2016 im Internet heißt. Sie lachen, schlagen Rad. Die letzte Einstellung zeigt das Mädchen mit den Zöpfen, das ernst in die Kamera blickt und ein Plakat in den Händen hält: "Planet over Profit".

Nächste Woche soll das Video auf Youtube gestellt und über die sozialen Netzwerke verbreitet werden. Möchte Lucia damit berühmt werden? Sie lacht. "Vor allem möchte ich etwas zur Klimaschutz-Bewegung beitragen."

Video-Premiere mit dem Projektchor One Decision (Leitung Yoshihisa Kinoshita) und den Schauspielern Nicole Belstler-Boettcher, Grit Boettcher und Anton Algrang am Mittwoch 18. September, 18.30 Uhr, im Monopol Kino, Schleißheimer Straße 127, München; am Freitag, 20. September, singt der Projektchor bei der geplanten Großdemonstration auf dem Münchner Königsplatz

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4596443
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 12.09.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.