Versorgung in Bad Tölz-Wolfratshausen:Keine Not-OP für die Klinik

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Die Kreisklinik Wolfratshausen bleibt in kommunaler Hand. Geschäftsführer Ingo Kühn (im Bild) muss aber alle halbe Jahre Bericht ablegen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Landkreis bekennt sich zu seiner Rolle als Träger des Wolfratshauser Kreiskrankenhauses. Ein Verkauf des defizitären Kommunalunternehmens ist damit eigentlich vom Tisch - ein Schlupfloch gibt es aber.

Von Florian Zick, Bad Tölz-Wolfratshausen

Ein Verkauf der Wolfratshauser Kreisklinik ist vorläufig vom Tisch. Der Kreistag bekannte sich nach einer erneut emotionalen und teilweise von Buhrufen begleiteten Debatte am Montagnachmittag zu seiner Rolle als Träger des Krankenhauses. Allerdings sollen weitere Kooperationspartner gesucht werden - ähnlich wie bei der Geburtshilfe in Wolfratshausen, die wird schon jetzt vom Klinikum Starnberg betrieben. Solche Kooperationen seien unausweichlich, sagte Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). Denn kleine Krankenhäuser könnten nur überleben, wenn sie sich in gewisser Form spezialisierten. Das gelte auch für das defizitäre Kreiskrankenhaus. "Passt schon, weiter so - das funktioniert jedenfalls nicht", so Niedermaier.

Der nun gefasste Beschluss bleibt weit hinter dem Vorschlag zurück, den Niedermaier dem Kreistag eigentlich schon Mitte Mai zur Entscheidung vorlegen wollte. Darin war noch die Rede davon, dass ein Investor, der den Betrieb des Krankenhauses übernimmt, optional auch die Mehrheitsanteile an der Klinik übernehmen kann. Wegen der breiten Proteste gegen eine befürchtete Privatisierung des Kreiskrankenhauses hat Niedermaier den Beschlussvorschlag damals allerdings zurückgezogen - für ein "Diskussionsmoratorium", wie er es nannte.

Niedermaier verzichtete ausdrücklich darauf, die Vorgänge der vergangenen Monate noch einmal zu rekapitulieren. Die öffentliche Debatte sei polemisch und durchsetzt mit falschen Fakten gewesen, sagte er. Das habe der Kreisklinik massiv geschadet. Er habe sich auch persönlich viele Anfeindungen anhören müssen. Auf diese "böswilligen Unterstellungen" werde er nicht reagieren, so Niedermaier. Für die SPD-Kreisrätin Filiz Cetin ist es aber gerade der Landrat gewesen, der durch seine restriktive Kommunikationspolitik die Auseinandersetzung angeheizt hat. Über Monate hinweg ist über die Umstrukturierung der Kreisklinik schließlich nur im kleinsten Kreis gesprochen worden, im Aufsichtsrat der Klinik und in einem extra eingesetzten Lenkungsausschuss des Kreistags. Nicht die öffentliche Diskussion habe der Kreisklinik geschadet, so Cetin, "sondern die Intransparenz, das Nicht-darüber-Reden".

Auch für Franz Hartmann (Freie Unabhängige Wähler), der seinem Unmut in der Sitzung mehrfach mit Buhrufen Ausdruck verlieh, ist über die Kreisklinik zu lange unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutiert worden. Das Krankenhaus sei die "Seele des Alt-Landkreises Wolfratshausen", sagte er. Man hätte die Bevölkerung aus diesem Grund besser einbeziehen müssen.

Fritz Meixner (SPD) forderte sogar, im Landratsamt den bisherigen Umstrukturierungsprozess kritisch aufzuarbeiten. "Da sind handwerkliche Fehler passiert", sagte er. Nach Ansicht von Landrat Niedermaier gibt es dafür allerdings keinen Anlass. Das ganze Verfahren sei für die Fraktionen im Kreistag "offen" gewesen und sei insgesamt "gut gelaufen", sagte er.

Trotz der erhitzten Gemüter wurde mit großer Mehrheit letztlich aber doch ein Beschluss gefasst. Es sei zwar ein "sehr emotionaler Diskussionsprozess" gewesen, so Geretsrieds Bürgermeister Michael Müller (CSU). "Zwischenzeitlich war der Landrat auch bei mir so beliebt wie Fußpilz", sagte er. Doch das Bekenntnis des Landkreises zur öffentlichen Trägerschaft sei "ein positives Signal". Als Flächenlandkreis brauche Bad Tölz-Wolfratshausen auch einfach zwei Krankenhäuser, ergänzte sein Wolfratshauser Amtskollege Klaus Heilinglechner (Bürgervereinigung). "Es muss uns allen klar sein, dass das nicht anders geht."

Gemäß dem Beschluss muss Ingo Kühn, der Geschäftsführer der Kreisklinik, nun alle halbe Jahre zum Rapport. Sollte es finanziell nach unten gehen, soll die Geschäftsführung auch gleich Vorschläge für Gegenmaßnahmen unterbreiten. Wie Kühn am Montagnachmittag darlegte, steht die Kreisklinik wirtschaftlich derzeit aber gar nicht so schlecht da. Vergangenes Jahr belief sich das Defizit lediglich auf 454 000 Euro - und das, obwohl coronabedingt viele Operationen verschoben werden mussten. "Ich denke, dass wir auf einem guten Weg sind", sagte Kühn deshalb.

Eine Hintertür gibt es im Klinikbeschluss freilich doch. Die SPD hätte den Begriff "Trägerschaft" im Beschluss nämlich gerne mit einem Adjektiv ergänzt. Ein "ausschließlich" oder "mehrheitlich" fiel im Kreistag allerdings durch. Das wäre "eine zu große Fessel" gewesen, sagte Landrat Niedermaier. Eine Übernahme des Kreiskrankenhauses ist damit weiterhin möglich - zumindest aber nicht mehr durch einen privaten Klinikbetreiber.

© SZ vom 27.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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