Verkehr:Um- und Auswege für Bad Tölz

Die Stadt erarbeitet unter der Mitarbeit von Bürgern einen Verkehrsentwicklungsplan, doch zur öffentlichen Präsentation kommen nur wenige Interessenten. Der Stadtrat behandelt das Konzept Anfang 2015

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Der Kleine Kursaal in Bad Tölz ist, wie sein Name schon sagt, von überschaubarer Dimension. Ungefähr 100 Stühle passen rein, mehr nicht. Jan Weber-Ebnet von der Arbeitsgemeinschaft "Urbanes Wohnen" aus München hegte deshalb die Befürchtung, der Platz könnte nicht reichen. "Ich habe gedacht, dass der Saal brechend voll wird, dass Hunderte Leute hier sitzen und wir uns überlegen müssen, wie wir das Ganze organisiert kriegen", sagte er. Da hatte er sich gründlich getäuscht. Der Saal blieb weitgehend leer, als am Donnerstagabend das Konzept für den Verkehrsentwicklungsplan der Stadt bis zum Jahr 2030 präsentiert wurde. Nur 27 Zuhörer waren gekommen - und die hörten nichts Neues, weil sich fast jeder von ihnen an den vier Workshops in diesem Jahr beteiligt hatte, in denen dieser Leitfaden erarbeitet wurde. Auf 40 Leitziele und 53 Maßnahmen hatten sich die im Schnitt 20 bis 30 Teilnehmer in den Klausuren verständigt. Ulrich Glöckl, leitender Verkehrsplaner vom Münchner Büro "Transver", begnügte sich damit, einige Kernpunkte zu erläutern.

Stadtbus und Bahnhof

Fahrgäste, die den Stadtbus in Tölz nehmen, brauchen viel Zeit. Die Forderung aus den Workshops lautet daher: Das ganze System muss eine andere Struktur bekommen, mit dichterem Takt, kürzeren Verbindungen. Für Bürgermeister Janker ist dies nicht so einfach: Kopple man den Stadtbus vom Regionalbussystem ab, koste dies die Kommune "viel Geld". Ein gewichtiger Punkt in den Klausuren war zudem der Tölzer Bahnhof. Das Gebäude sei "einfach in einem schlechten Zustand", sagte Glöckl. Vorgeschlagen wird deshalb ein Gestaltungskonzept für den Bahnhof und sein Umfeld. Dazu müsse die Stadt weiter mit dem Eigentümer verhandeln.

Verkehr: Die Einmündung der Sachsenkamer Straße in die stark befahrene Bundesstraße 472 ist zum Teil nicht mit Ampeln ausgestattet und damit ungesichert.

Die Einmündung der Sachsenkamer Straße in die stark befahrene Bundesstraße 472 ist zum Teil nicht mit Ampeln ausgestattet und damit ungesichert.

(Foto: harry wolfsbauer)

Kurviertel

Im Bäderteil gilt die Maxime: Die Aufenthaltsqualität geht vor. Der Verkehr sollte dem Plan zufolge möglichst über die äußeren Straßen um das Stadtviertel führen. Dagegen sei die Ludwigstraße "als Fußgängerzone zu stärken", sagte Glöckl. Von einem Kreisverkehr vor der nahe gelegenen Tourist-Information wird demzufolge abgeraten. Wie der innere Teil des Kurviertels denn genau beruhigt werden solle, wollte Zuhörer Winfried Sedlmayr wissen. "Um Einzelmaßnahmen kümmern wir uns jetzt nicht", erwiderte Glöckl, ging aber kurz auf die Buchener Straße ein. Die sei von der Verkehrsbelastung her für diesen ruhigen Stadtteil zwar an der Grenze, doch sei dies noch "keine Katastrophe". Eine Sperrung der Straße kommt für Bürgermeister Janker nicht in Frage. Dies wäre "keine Lösung für den größeren Bereich des Badeteils", sagte er. Zu den Leitzielen des Konzepts zählt auch, dass die Stadt vor größeren Wohnbauprojekten - wie etwa im Kurviertel - ein Gutachten bestellen soll, um die Auswirkungen auf den Verkehr zu prüfen. Für Willibald Raab sollte dies bei allen Vorhaben mit mehr als 50 neuen Wohnungen und "mehr als 800 Quadratmetern verkaufter Fläche" geschehen. Verkehrsforscher Glöckl hält solche Expertisen für richtig, schränkte aber ein: "Die Stadt kann das nicht bei jeder Baugenehmigung machen."

Radwege

Radfahrer, die in Tölz von West nach Ost, vom Kurviertel zum Gymnasium oder zum Bahnhof wollen, haben es schwer. Ihnen bleibt nur die stark befahrene Osterleite. Die Fußgängerzone ist für sie gesperrt, die Nockhergasse eine Einbahnstraße in der Gegenrichtung. Der Weg über die Osterleite sei eine Notlösung, sagte Glöckl. Deshalb entstand in der Workshops die Idee, einen Radstreifen in der Nockhergasse entgegen der Einbahnrichtung anzulegen. Das Problem: An der Einmündung der Jägergasse stehen die Häuser so dicht beieinander, das kaum mehr als ein Auto durchpasst. Die kurzfristige Lösung: Eine Art Baustellenampel könnte an dieser Engstelle das Bergauffahren der Radler dennoch ermöglichen. Sie muss jedoch mit dem Takt der Ampeln an der Hindenburgstraße synchronisiert werden, damit es bergab nicht zu Staus kommt. Die langfristige Lösung: Das Haus, das in östlicher Richtung rechter Hand in die Gasse hineinragt, soll Arkaden im Parterre bekommen. Durch sie könnte der Radweg hindurchführen. Auch sonst sollen neue Radrouten entstehen. Das Konzept sieht einen Ringschluss um Tölz vor, wozu die Verlängerung des Radwegs an der B 472 gehört, ebenso ein Ausbau der Strecke von der Lenggrieser Straße an der Isar entlang zum Zentrum. Dort müsse man noch um Container kurven, der Weg sei weder beleuchtet noch befestigt, sagte Glöckl.

Verkehr: Am Isarkai laufen alle Buslinien in Tölz zusammen. Wer in den Stadtbus steigt, muss allerdings lange Fahrzeiten in Kauf nehmen.

Am Isarkai laufen alle Buslinien in Tölz zusammen. Wer in den Stadtbus steigt, muss allerdings lange Fahrzeiten in Kauf nehmen.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Anbindung der Flinthöhe

Wer als Passant oder Radler von der Flinthöhe ins Stadtzentrum möchte, dem bleibt nur die Route über die Kreuzung der Bundesstraße 472 mit der Sachsenkamer Straße. Dort gibt es teils Ampeln, teils ist der Übergang ungesichert, obwohl dort viele Schüler unterwegs sind. "Das ist ein Knoten mit vielen Tücken", sagte Glöckl. Daran werde sich auch mit dem Bau der Nordumfahrung nichts ändern. Das Staatliche Bauamt Weilheim will an dieser Stelle einen Kreisverkehr errichten, der das Problem aus Sicht des Verkehrsforschers aber nicht lösen wird. Nach den bisherigen Planungen biete auch der Kreisel "nur ungesicherte Querungen", sagte Glöckl. Die weiter nördlich geplante Überführung sei "umwegig". Auf eine bessere Anbindung der Flinthöhe an die Innenstadt, die den Teilnehmern des Workshops wichtig war, pocht auch die Stadt in ihrer Stellungnahme im Planfeststellungsverfahren: Sie fordert eine zusätzliche Querung für Fußgänger und Radler südlich des Kreisverkehrs.

Dritte Isarquerung

In Tölz gibt es zwei Möglichkeiten über die Isar zu gelangen: über die Isarbrücke in der Stadtmitte und über die B 472 im Süden. Im Norden gibt es nichts. Angeregt wird eine dritte Überquerung vom Gewerbegebiet Farchet zur verlängerten Königsdorfer Straße. Wie Christin Schlicht vom Büro "Transver" mitteilte, zöge dies eine Verkehrszunahme von 65 Prozent auf der Benediktbeurer Straße nach sich.

Mit dem Verkehrsplan wird sich der Stadtrat Anfang 2015 befassen. Das Konzept werde er "nicht in der Schublade verschwinden lassen", versprach Janker. Mit knapp 150 000 Euro für die Workshops sei es dafür zu teuer gewesen. "Außerdem haben sich Sie sich dafür viel zu sehr engagiert", lobte er die wenigen Zuhörer. "Schade, dass wir ein so kleiner Kreis sind."

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