Süddeutsche Zeitung

Veranstaltung im Kolberbräu:Stelldichein für den Frieden

Beim illustren Lichtmessempfang der Grünen fordert EU-Abgeordnete Barbara Lochbihler mehr Zusammenhalt in Europa

Von Arnold Zimprich, Bad Tölz

Es ist wie jedes Jahr ein großes Stelldichein mit Häppchen und Prosecco auf dem obligatorischen Lichtmessempfang der Grünen. Politische Prominenz von Bad Tölz bis nach Brüssel ist gekommen und schüttelt sich freundlich die Hände. Munter wird geplaudert und gescherzt. "Schee, dass ihr alle da seids", empfängt Barbara Schwendner, Sprecherin des Kreisverbands von Bündnis 90/Die Grünen, die illustre Gesellschaft mit der Europaabgeordneten Barbara Lochbihler und LBV-Chef Walter Wintersberger im Kolberbräu. Die Stimmung ist ausgelassen. Das Ergebnis der Landtagswahl 2018 ist schließlich noch präsent: Knapp 20 Prozent der Stimmen fuhren die Grünen im Landkreis ein.

"Es war für uns ein erfolgreiches Jahr", eröffnet denn auch der Kreisgrünen-Sprecher Alexander Müllejans den Abend. Die Themen sind so bunt gemischt wie die Gäste. Josef Bauer, Vorsitzender der Energiewende Oberland, sieht die Windenergie im Landkreis ausgebremst. "Durch die 10-H-Regel sehe ich im Landkreis keine weiteren Entwicklungschancen." Es seien kaum Flächen vorhanden, die noch Handlungsspielraum böten.

Mit dem Landtagsabgeordneten Hans Urban und der Europaabgeordneten Barbara Lochbihler sind politische Größen anwesend, zudem geben sich Stephan Koch von der ÖDP und der Geretsrieder Bundestagsabgeordnete Andreas Wagner (Die Linke) die Ehre. Es gelte insbesondere für die Grünen, das "Gemeinwohl vor den persönlichen Profit" zu stellen, da sonst "persönlicher und nationaler Egoismus" regiere, referiert die grüne Kreisrätin Schwendner. Namen fallen in diesem Zusammenhang keine, angesichts der Aufkündigung des INF-Vertrags bleibt aber nur wenig Interpretationsspielraum. Sie meint wohl auch die Herrschaften Trump und Putin.

Der Isarwinkler Liedermacher Sepp Kloiber musiziert zusammen mit Martin Regnat. Beide spannen den Bogen von bayerischer Stubnmusi bis zu "Mahatma", der "großen Seel". "Wo ist sie geblieben, wo?", fragt Kloiber in die Runde.

Höhepunkt des Abends ist Lochbihlers Vortrag mit dem Titel "Europa. Darum kämpfen wir. Für Frieden, Demokratie und Solidarität." Die aus dem Allgäu stammende Abgeordnete sitzt seit 2009 im EU-Parlament und ist mit dem Zug von Bad Windsheim angereist, wo sie vorher die Landesdelegiertenkonferenz besuchte. "Es ist wichtig, die demokratischen Kräfte zusammenzuhalten", appelliert sie an die rund 50 Anwesenden. Zwei Weltkriege hätten gelehrt, wie kostbar der bald 75 Jahre währende Frieden sei. Fünf Millionen hungernde Kinder, darunter viele in Kriegsgebieten wie dem Jemen oder Syrien, würden Tag vor Tag vor Augen führen, welche Folgen Kriege hätten. "Die EU muss friedensorientierte Außenpolitik machen", so Lochbihler. 28 Staaten müssten mit einer Stimme sprechen, es sei ein Unding, dass sich der österreichische Außenminister Kickl gegen den UN-Migrationspakt ausspreche oder der italienische Außenminister Salvini den französischen Präsidenten Macron angreife. Auf die USA als Weltordnungsmacht sei kein Verlass mehr, ihr Rückzug aus der Unesco und dem UN-Menschenrechtsrat UNHRC Alarmsignale.

"Frieden schaffen bedeutet, sich für den Multilateralismus einzusetzen", fasst Lochbihler ihre Forderungen zusammen. Es sei erforderlich, "Friedenssicherung durch den Schutz der Menschenrechte" zu betreiben. "Ganze Gesellschaften werden in den Krieg geführt, wenn man sich nicht für den Frieden einsetzt und sich rassistischen Populisten entgegenstellt." Die Politik dürfe nicht über dem Recht stehen, appelliert die EU-Abgeordnete. "Entweder die Nationalisten setzen sich durch, oder man setzt ein klares Signal für Europa", fordert Lochbihler die Landkreis-Grünen zur Teilnahme an der Europawahl Ende Mai 2019 auf.

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SZ vom 04.02.2019
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