Uraltes Handwerk:Wo die Sensologen dengeln

Sensologen-Kongress Kurs ZUK

Beim Sensologen-Kongress am ZUK in Benediktbeuern kann man alles übers Rasenmähen mit der Sense erfahren.

(Foto: Manfred_Neubauer)

Rasenmähen ist nicht für alle nur eine lästige Pflicht. Rund um die Sense hat sich ein richtiger Kult entwickelt. Besuch bei einem Kongress der etwas anderen Art.

Von Arnold Zimprich, Benediktbeuern

Im Außenbereich des Maierhofs am Kloster Benediktbeuern wird fleißig geklopft, gewetzt, geschliffen, gemäht und vor allem fachgesimpelt. Eine ganze Armada an Sensen lehnt an einem Zaun, eine größere Anzahl teils kurios anmutender Apparate gruppiert sich neben einem Kiesweg, rund 25 Personen sind mit Feuereifer dabei, Sensen einzustellen, erste Mähversuche zu unternehmen, Sensenblätter zu dengeln, zu wetzen und besonders tiefe Scharten mit der Feile auszubessern.

Mittendrin steht Hermann Merten. Der 57-Jährige trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift "Institut für angewandte Sensologie". "Ich bin vom Institut offiziell zum Obersensologen ernannt worden", sagt er stolz und widmet sich wieder der Betreuung einiger Besucher, die ihre Sensen eifrig an einem Hülsendengler plätten, der aus zwei ineinandergreifenden Metallbolzen besteht. Seit 30 Jahren nutzt Merten die Sense, als Besitzer eines mit Obstbäumen bestandenen Grundstücks kann er sich kein besseres Mähwerkzeug vorstellen.

"Du hältst die Sense viel zu hoch", korrigiert der Niedersachse einen Mitstreiter, während Institutsleiter Otto Gion, der den Begriff des Sensologen geprägt hat, einige angehende Sensenprofis dabei berät, in welchem Neigungswinkel man das Sensenblatt idealerweise einstellen muss um das beste Schnittergebnis zu erhalten.

Gion ist der Initiator des vierten Sensologen-Kongresses, es ist ihm ein Anliegen, dieses rund 2000 Jahre alte Handwerk weiterzugeben - zum Beispiel an den Agrarwissenschaftsstudenten Felix Schnell. Der 23-Jährige wird den Sommer auf einer Alm bei Lofer im österreichischen Bundesland Salzburg verbringen. "Das, was ich hier lerne, kann ich auf der Alm eins zu eins umsetzen", erklärt Schnell begeistert. "Eine Wissensbasis wie diese gibt es an der Uni in Weihenstephan nicht."

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Sensenliebhaber Otto Gion hat den wissenschaftlich klingenden Begriff "Sensologie" erfunden.

(Foto: Manfred Neubauer)

Michael Kubsa outet sich schnell als absoluter Profi im Sensen-Business. Der schnauzbärtige Arzbacher arbeitet als Fachberater in einem Baumarkt und ist begeistert von den Möglichkeiten, die das Mähen mit der Sense bietet. "Ich habe ein Grundstück, auf dem sich das Mähen mit dem Balkenmäher kaum lohnt", so Kubsa. Die Wühlmäuse hätten dieses Jahr ganze Arbeit geleistet, sagt er, "da würde ich mit dem schweren Mäher einbrechen". So sei er auf das Mähen mit der Sense gekommen.

Die Geräte vorzustellen, die vor dem Maierhof aufgestellt sind, ist Kubsa ein besonderes Anliegen. "Das ist ein Quetschdenkler", erklärt er mit Blick auf einen hebelbetriebenen Apparat, durch den das Sensenblatt Stück für Stück gezogen wird. Danach hat man ein frisch geschärftes Sensenblatt. "Das stammt von der österreichischen Firma Schröckenfuchs", erklärt Kubsa, der später an diesem Tag noch seinen letztjährigen ersten Platz im Mäh-Wettbewerb verteidigen muss.

Unter einigen Obstbäumen präsentiert Florian Wehrwein sein Können. Der 17-Jährige ist angehender Mechatroniker. "Ich hab' sozusagen auch berufliches Interesse am Sensen", sagt der Unterfranke, dessen Familie eine Landwirtschaft in der Nähe von Kitzingen betreibt. Er sieht sich indes noch lange nicht als perfekten Sensenmäher. "Da ist noch Luft nach oben".

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Viele Sensologen haben manch wunderliche Maschine, mit der sie ihre Sensen schleifen.

(Foto: Manfred_Neubauer)

Paul Knittel sitzt etwas abseits. Der Maschinenbauer aus Friedberg bei Augsburg liebt es, eigene Maschinen und Apparate zu entwickeln, wie er gerne zugibt. So auch den Dengelapparat, den er heute mitgebracht hat. "Ich habe das Schwungrad einer alten Nähmaschine verwendet, dazu das Tretlager eines ausgedienten Fahrrads - das sind unglaublich stabile Lager", sagt der Tüftler. Das Gerät wird mit einem Fußpedal angetrieben, ein Hammer saust in schnellem Takt auf einen kleinen Amboss nieder, das Dengeln des Sensenblatts wird auf diese Weise beschleunigt. Das rhythmische Klopfen von Knittels Dengelapparat wirkt angesichts der eher gemächlichen und unregelmäßigen Geräusche der anderen Werkzeuge fast schon ungewöhnlich modern.

Wird der Kongress nächstes Jahr erneut am Zentrum für Umwelt und Kultur (ZUK) in Benediktbeuern stattfinden? "Wenn genug Interesse da ist, ja", sagt Otto Gion vom Institut für angewandte Sensologie (ZAS). Ein Blick auf die Teilnehmerzahl lässt daran keine Zweifel aufkommen. Das ZUK und das ZAS - die beiden Institutionen haben dem uralten Handwerk neues Leben eingehaucht.

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