Bad Tölz-Wolfratshausen:Nach dem Hagel kommt der Wolkenbruch

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Nach dem Unwetter waren Mitarbeiter des Wolfratshauser Bauhofs noch damit beschäftigt, die Schäden zu beseitigen. Oberhalb der Münsinger Straße mussten sie unter anderem Rohre von Geröll befreien. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Den Nordlandkreis trifft am Dienstagabend das zweite folgenschwere Unwetter innerhalb weniger Tage. Straßen und Keller werden überflutet. Schwerpunkt ist wieder einmal Wolfratshausen, wo viele noch ihre Autoschäden eruieren.

Von Konstantin Kaip und Moritz Hackl, Bad Tölz-Wolfratshausen

Viele Menschen im Nordlandkreis blicken in diesem Frühsommer besorgt in den Himmel. Der hat ihnen schließlich in kurzer Zeit zwei folgenschwere Unwetter beschert, vor allem in und um Wolfratshausen. Nach dem Hagelsturm Anfang vergangener Woche, der zahlreiche Autos und Dachfenster beschädigt hat, gab es am Dienstagabend nun wieder ein heftiges Gewitter, diesmal vor allem mit sintflutartigem Regen, der Straßen und Keller überflutet hat. Mehr als 80 Einsätze gab es laut Kreisfeuerwehrsprecher Stefan Kießkalt im Landkreis, 66 davon in den Nordgemeinden. "Der Schwerpunkt lag in Münsing und Wolfratshausen", berichtet er.

Neben umgestürzten Bäumen und überfluteten Straßen mussten sich die Feuerwehrleute vor allem um vollgelaufene Keller kümmern. 16 mussten sie laut Kießkalt in Münsing, Ammerland und Ambach abpumpen, zwölf in Wolfratshausen. In der Loisachstadt waren vor allem der Obermarkt und die Gassen zum Bergwald betroffen. Praktisch alle Feuerwehren im Nordlandkreis seien im Einsatz gewesen, sagt Kießkalt - von Münsing bis nach Egling. Um kurz nach 17 Uhr sei es losgegangen, "dann sind im Minutentakt die Alarme reingekommen" - bis etwa 20.45 Uhr.

An Fußballschauen war für die meisten Ehrenamtlichen der Freiwilligen Feuerwehren also nicht zu denken. Dafür zeigte sich, wie vielfältig ihr Einsatzfeld ist. Hatten sie sich beim Hagelsturm vergangene Woche vor allem um "wahnsinnig viele durchschlagene Dachfenster" zu kümmern, wie Kießkalt sagt, hätten sie diesmal "eher die Wassermassen an Hanglagen" auf Trab gehalten. Dafür seien die Einsatzkräfte inzwischen gut gerüstet. "Die Starkregenereignisse sind ja nichts Neues, sondern begleiten uns schon seit mehreren Jahren", sagt Kießkalt. Die meisten Teams hätten mehrere Pumpen, die sie parallel einsetzen könnten. Am Dienstag sei es vorgekommen, dass Bürger warten mussten, bis ihr Keller an der Reihe war. Viel sei aber "relativ schnell erledigt" gewesen.

Der Wolfratshauser Bauhof war indes noch am Mittwochnachmittag damit beschäftigt, die Münsinger Straße und die Äußere Beuerberger Straße freizuräumen. Dort kam es zu Murenabgängen, beide Straßen mussten gesperrt werden. "Es war sehr viel Regen in kürzester Zeit", sagt Bürgermeister Klaus Heilinglechner. Dieser habe das Geröll, das der Hagel vergangene Woche gelockert habe, nun auf die Fahrbahn gespült. Zudem müssten auch die vier großen Kiesfanggruben am Bergwald ausgeräumt werden. Bis Dienstag seien diese völlig frei gewesen, nun hätten sich dort drei bis vier Tonnen Kies angesammelt, berichtet der Bürgermeister. "Es schaut verheerend aus." Auch hätten die Wassermassen Zweige und Geröll in viele der 2800 Sinkkästen gespült, die nun nach und nach freigeräumt werden müssten. "Ich hoffe, dass es jetzt mal irgendwann ein bisschen ruhiger wird", sagt Heilinglechner - vor allem für die Bauhof-Mitarbeiter, die wie nach dem Hagel nun wieder im Dauereinsatz seien. Schließlich müssten sie auch den Aufbau des Fluss-Festivals stemmen, das am Freitag beginnt.

Dellen zählen: Der Sachverständige Markus Scheifl begutachtet ein Auto mit Hagelschaden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Viele Wolfratshauser müssen sich derweil noch um die Hagelschäden an ihren Autos kümmern, die das Unwetter vergangene Woche angerichtet hat. Die Versicherungskammer Bayern bietet ihren Kunden dafür Sammelbesichtigungen an, bei denen die Schäden begutachtet und Reparaturempfehlungen gegeben werden - in einer eigens umfunktionierten Autowerkstatt an der Pfaffenrieder Straße. "Unser Ziel ist es, schnell und unbürokratisch zu helfen", sagt der Schadensmanager Christian Krams. Hagelstürme seien nichts Ungewöhnliches. Was sich aber geändert habe, sei die Intensität der Unwetter. So sei der Hagelsturm in der Region, der sich vergangene Woche über mehrere Tage zog, das drittschlimmste Ereignis seit Aufzeichnung der Versicherung. Derzeit gehe man von 30 000 Schäden aus, die das Unwetter verursacht habe - ein Drittel an Kraftfahrzeugen und zwei Drittel an Gebäuden. "In der Region war Wolfratshausen am stärksten betroffen", sagt Krams.

Nthambi Susan weiß, was das heißt. Die bis zu 6,5 Zentimeter großen Hagelkörner haben in der Nacht zum Dienstag vergangener Woche tiefe Dellen in ihr Auto geschlagen. "Man kann nicht wissen, was die Natur macht", sagt die Wolfratshauserin. "Und man kann die Natur nicht vermeiden." Sachbearbeiter Markus Scheifl begutachtet ihren Wagen. Nachdem er Dellenanzahl, Intensität und Umfang des Schadens vermerkt hat, gibt er die Daten in ein Programm ein, das die Kosten kalkuliert. Wenn Dellen gedrückt, also mit Werkzeug behoben werden können, dann bleibe auch die Herstellergarantie bestehen. Nur wenn auch der Lack beschädigt sei, könne sie verfallen. Es könnten aber auch Teile ausgetauscht werden. "Jeder Hagelschaden lässt sich richten", erklärt Scheifl. "Die Frage ist nur, ob es auch wirtschaftlich ist."

© SZ vom 01.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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