Lokale Wirtschaft:Lieb und teuer

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Die Unternehmen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen, wie hier im Gewerbegebiet Farchet in Bad Tölz, bewerben ihren Standort sehr positiv. (Foto: Manfred Neubauer)

Bei einer Umfrage unter den Unternehmen im Landkreis zeigen sich viele Firmenchefs verbunden mit der Region. Kritik gibt es jedoch an der teils schlechten Internetanbindung - und an den hohen Mieten für die Mitarbeiter.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen ist ein guter Wirtschaftsstandort. Das ergab eine Umfrage unter etwa 1550 Unternehmern, welche die Wirtschaftsförderung des Landkreises in Kooperation mit den Wirtschaftsförderern der Städte Bad Tölz, Geretsried und Wolfratshausen in Auftrag gegeben hatte. Allerdings haben die Betriebe durchaus auch Sorgen - und zwar jenseits der Folgen der Corona-Pandemie. Der Fachkräftemangel, die schlechte Breitbandversorgung und das Fehlen von Gewerbeflächen sowie insbesondere von bezahlbarem Wohnraum im Landkreis werteten die Unternehmer als Manko.

Durchgeführt wurde die Umfrage von der Gefak, der Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung mit Sitz in Marburg. Sie hatte die Unternehmen 2016 schon einmal befragt, unter anderem nach ihrer Standortzufriedenheit. Diesmal wurde der Katalog um die Corona-Pandemie und deren Auswirkungen erweitert. Angeschrieben wurde eine repräsentative Auswahl von 1748 Betriebe, auch kleine. Bei 1547, also 88,5 Prozent, konnten die Briefe zugestellt werden. 542 Fragebögen kamen zurück. Die Befragung fand im Februar und März dieses Jahres statt. Große Unterschiede bei den Ergebnissen der Befragung von 2016 und jetzt habe es nicht gegeben, sagte Josef Rother von der Gefak. Er präsentierte die Umfrage am Mittwochabend im Landratsamt. Dass circa 35 Prozent der Fragebögen zurückgekommen seien, sei ein "extrem gutes" Ergebnis, sagte Rother - und für ihn ein Zeichen, dass Unternehmer und Wirtschaftsförderung "hervorragend" zusammenarbeiteten. 42 Prozent der Antworten stammten von Kleinbetrieben. Knapp 22 Prozent davon haben maximal bis zu vier Beschäftigte. Etwa vier Prozent der Unternehmen, also 21 Betriebe, bieten 100 und mehr Angestellten einen Job. Die stärksten Branchen im Landkreis sind Handwerk (144 Betriebe) und sonstige Dienstleistungen (182), gefolgt von Industrie (78), Einzelhandel (62), Hotellerie/Gastronomie (42), Großhandel (22) und Verkehr (zwölf). "Gut" bewertet wurden von den Befragten die überregionalen und örtlichen Verkehrsanbindungen. Schlechtere Noten gab es für die überregionale Schienenanbindung sowie die Verfügbarkeit und das Preisniveau von Gewerbeflächen, aber auch von Wohnraum. Dass der ÖPNV kritischer bewertet werde als noch 2016 könne daran liegen, "dass die Anforderungen höher geworden sind", betonte Rother. Dafür seien 2021 die Bereiche "Nahversorgung" und "Service im Landratsamt" besser bewertet worden. Auch gebe es regionale Unterschiede: Werde in Wolfratshausen die Ausstattung mit Parkplätzen schlecht bewertet, sei man dort zufriedener mit dem ÖPNV. Ebenfalls negativ beurteilten die Unternehmen das Fehlen von qualifizierten Facharbeitern und große räumliche Distanz zu Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Das Thema "Breitbandversorgung und gute Internetverbindung" treibt die lokale Wirtschaft obendrein um. Wobei dieser Bereich in Bad Tölz bessere Noten erhalten habe als in Geretsried, so Rother.

Circa 60 Prozent sprechen von negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie. "Drohende Insolvenzen konnten wir Stand jetzt keine feststellen", sagte Rother. 55 Prozent der Befragten meldeten einen Umsatzrückgang. Die Pandemie habe ein Umdenken in Gang gesetzt, betonte Rother. So gebe es Betriebe, die mehr Fläche bräuchten, um künftig Hygienekonzepte besser umsetzen oder mehr Räume für Videokonferenzen vorhalten zu können. Andere Unternehmen möchten ihre Standorte verkleinern, gerade im Dienstleistungsbereich, weil Arbeiten im Homeoffice neue Perspektiven aufgezeigt habe. "Das ist ein spannendes Thema", sagte Rother.

Dass solche Umfragen wichtig seien, betonte Landrat Josef Niedermaier in seinen Grußworten. Für die Kommunen und die Lokalpolitik seien die Ergebnisse jedenfalls wertvoll, um den Unternehmern helfen zu können. Den Wirtschaftsförderern komme bei diesem Prozess eine Lotsenfunktion zu, betonte Rother. Ihre Aufgabe sei es zu beraten, insbesondere bei Betriebsübergängen - und ein funktionierendes Netzwerk für den Austausch der Unternehmen untereinander zu schaffen.

© SZ vom 23.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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