Unterm Dach der SZ:Alles nur eine Frage der Umsetzung

Die beiden Eglinger Bürgermeisterkandidaten Hubert Oberhauser und Hans Spindler treffen sich zum Gespräch bei der SZ. Sie liegen weniger weit auseinander, als der Wahlkampfauftakt vermuten ließ.

Von Claudia Koestler

Unterm Dach der SZ  /  Kommunalwahl  2014

Im Gespräch unterm Dach der SZ: die Eglinger Bürgermeisterkandidaten Hubert Oberhauser (li., FW) und Hans Spindler (parteilos für die CSU).

(Foto: Hartmut Pöstges)

Was täten Journalisten nur ohne Politiker. Arbeitslos wäre der Berufsstand, auch wenn er sich im Gegenzug für seine Existenz einiges anhören muss. Hierzulande dürfte sich Franz Josef Strauß ins Gedächtnis gebrannt haben, der Journalisten einst als "Ratten und Schmeißfliegen" betitelt hatte. Aber wer will schon nachtragend sein. Denn es gibt auch den umgekehrten Fall: Die Gemeinde Egling zum Beispiel tut Journalisten nur insofern weh, als sie wenig Schlagzeilen liefert.

Die Eglinger Harmonie ist inzwischen sprichwörtlich, Entscheidungen fällt der Rat ohne Fraktionszwang oder andere Ränkeschmiedereien. Doch mitten in diese heile Welt hat der Wahlkampf atmosphärische Störungen getragen. Im Nachgang einer Podiumsdiskussion der beiden Bürgermeisterkandidaten Hubert Oberhauser (Freie Wähler) und Hans Spindler (parteifrei für die CSU) gärte Unmut. Der gipfelte in der Kritik am Tempo des Rates und in der Ankündigung, künftig "aggressiver" aufzutreten. Dass aus den Samthandschuhen plötzlich ein Fehdehandschuh geworden war, schockierte die Bürger.

Zeit für eine zweite Podiumsrunde blieb den Kandidaten nicht. Doch für ein klärendes Gespräch schon: Erstmals seit dem Eklat trafen die Kontrahenten persönlich aufeinander, und zwar unterm Dach der SZ. Und statt Salz in die Wunden zu streuen, kann ein Interview tatsächlich Menschen näher bringen.

Der Ton zwar noch nicht freundschaftlich, aber zumindest freundlich, so grüßten sich Oberhauser und Spindler anfangs, duzten sich im Fortlauf des Gesprächs und näherten sich thematisch immer mehr an, bis hin zur verbalen Handreichung am Ende. Dass beide das Amt nicht halbherzig anstreben, wurde schnell deutlich. Kam die Sprache auf ihre Gemeinde, betonten beide, wie viel ihnen Egling bedeutet: "Heimat", sagten sie.

"Ich arbeite zwar in der Stadt, aber umso mehr schätze ich dann das Leben auf dem Land, weil man die Leute kennt, weil sie offener sind, mehr bereit sind, sich in die Gemeinschaft einzubringen", erklärte Spindler. Oberhauser, in eine lokale Unternehmerfamilie hineingeboren und seit 18 Jahren im Gemeinderat, kann sich auch nicht vorstellen, woanders zu leben: "Durch die Kommunalpolitik befasst man sich damit, das zu erhalten, was man schätzt."

Eglinger Strukturen

Doch was genau ist das, was Egling und seine Ortsteile ausmacht und schützenswert ist? "Dass wir dörflich und ländlich strukturiert sind und bleiben. Dass wir die Eigenheiten der sieben Altgemeinden behalten und trotzdem als großes Ganzes auftreten können. Dass das Dorfleben erhalten bleibt und wir trotzdem wachsen und uns weiterentwickeln", zählte Oberhauser auf. Im Anschluss dieses Auftakts tauchte er zum ersten Mal auf, der Satz, der das weitere Gespräch prägen sollte: "Da sind wir nicht weit auseinander", fügte Spindler an Oberhausers Ausführungen an.

In der Tat haben sich beide Kandidaten ähnliche bis gleiche Themen auf die Fahnen geschrieben. Die Unterschiede, die sich dabei im Detail zeigten: Oberhauser, derzeit Zweiter Bürgermeister der Gemeinde, wirft sein Hintergrundwissen und seine Erfahrung in die Waagschale, Spindler kontert mit Gestaltungswillen und Ideen. Und genau in dieser Kombination können sie sich fast ideal die Bälle zuwerfen, wie im Laufe des Gesprächs deutlich wurde: "Auch ich finde es wichtig, dass der dörfliche Charakter erhalten bleibt. Und dass Wohnen und Arbeiten Hand in Hand gehen, dass man Arbeitsplätze und Nahversorgung vor Ort hat", ergänzte Spindler.

Immerhin finden sich derzeit fast 700 Gewerbetreibende in der Gemeinde mit mehr als 5200 Einwohnern. Das meiste davon Handwerksbetriebe und sogenanntes stilles, aber auch produzierendes Gewerbe. Eine gute Basis, um konjunkturellen Schwankungen gelassen entgegenzusehen. Dass Egling, im Speckgürtel von München liegend, zum Schlafdorf wird, ist derzeit also keine akute Bedrohung. "Aber da müssen wir eben sehen, dass das auch so bleibt", sagte Spindler.

Breitbandausbau

Deshalb sei für ihn der Breitbandausbau "Hauptthema Nummer eins, weil es ein entscheidender Standortfaktor ist. Nur mit der Anbindung ist gewährleistet, dass Betriebe bleiben können und Anreiz da ist, dass weitere dazukommen", so Spindler. "Dafür ist bereits viel passiert", erklärte Oberhauser daraufhin. "Fünf Ortsteile sind bereits ausgebaut. Dass wir noch nicht weiter sind, liegt am staatlichen Förderprogramm, das sich geändert hat." Trotzdem ist er sich sicher, "dass wir in den kommenden zwei Jahren den Ausbau komplett haben werden". Im Landkreis jedenfalls sei Egling bereits Vorreiter. "Wo ich zustimmen muss, ist, dass sich die Gemeinde in letzter Zeit dahintergeklemmt hat", sagte Spindler. Was er indes bemängelte, sei, "dass man vielleicht ein bisschen spät auf den Zug aufgesprungen ist".

Ortsgestaltung

Die Rahmenbedingungen für Bauten in der Gemeinde sind für viele Eglinger ein weiteres heißes Thema. Die Ortsgestaltungssatzung aber wird derzeit bereits von den Räten überarbeitet: "Da sind wir recht fortgeschritten in der Debatte und wir möchten das möglichst bald abschließen", sagte Oberhauser. Dass man ihm damit den Wind aus einem Wahlkampfthema genommen haben könnte, sah Spindler nicht so, im Gegenteil: "Ich habe das Thema ja eingebracht, um es anzuregen. Insofern habe ich eher Wind in die Segel geblasen." Und Oberhauser goutierte: "Gute Ideen sind immer willkommen."

Energiewende

Beide Kandidaten haben sich auch der Energiewende verschrieben. Einig sind sich beide, dass das größte Potenzial im Sparen liege. Dazu werden schon jetzt gemeindliche Gebäude nach und nach saniert. Während Oberhauser auf Landwirte als Energiewirte setzt und die Gemeinde als Unterstützer für private Maßnahmen sieht, wertet Spindler Energie als Daseinsvorsorge und sieht somit die Gemeinde in der Pflicht: "Vielleicht sollten wir für Neubau- oder Gewerbegebiet einen Anschluss- und Benutzungszwang für regenerative Blockheizkraftwerke andenken", sagte Spindler. "Einen Anschlusszwang würde ich mir gut überlegen. Aber man muss offen sein und über alles diskutieren können", entgegnete Oberhauser. Im Blick behalten wollen beide indes, ob sich ein Investor finden könnte für Geothermie, trotz der Erfahrung in Gelting.

Demografie

Verstärkt beschäftigen wird die Gemeinde auch das Thema einer älter werdenden Gesellschaft. Oberhauser betonte, dass man den demografischen Wandel landkreisübergreifend lösen sollte. Ein besonderes Augenmerk wolle er auf Mobilität legen. "Ein Traum von mir ist, ein Haus oder einen Raum zu haben, in dem generationsübergreifende Tätigkeiten weitergegeben werden, so wie früher in den Familien", sagte Spindler dazu.

In Egling habe man großes Glück, "weil wir solche Begegnungsstätten schon haben", entgegnete Oberhauser: "In jedem Ortsteil gibt es Vereinshäuser. Auch wenn das dort derzeit noch Vereinsaktivitäten sind, sind das de facto schon Mehrgenerationenhäuser." Ein Ansatz also, daraus mehr zu machen und sie für alle zu öffnen, auch für jene, "die vielleicht nicht in einen Verein wollen", fügte Spindler an.

Zusammenarbeit

"Absolut überzeugt, dass das die Zukunft ist", sind beide von interkommunaler Zusammenarbeit. "Wir werden mehr Arbeiten auf mehr Schultern verteilen müssen. Zum Beispiel, dass man sich "gemeindeübergreifend Personal teile, oder einen Bus", sagte Oberhauser. Spindler brachte es auf den Punkt: "Synergien muss man nutzen."

Transparenz

Auch bei einem weiteren Thema waren sich beide einig: Transparenz soll künftig in Egling großgeschrieben werden. "Denn Bürger akzeptieren Entscheidungen eher, wenn sie eingebunden sind", sagte Spindler. Der Sachverstand der Bevölkerung, Schwarmintelligenz genannt, solle folglich stärker genutzt werden. "Das sehe ich genauso", stimmte Oberhauser zu: "Wenn man vorab etwas erklärt, kann man vieles aus dem Weg räumen, man muss Dinge offenlegen und breit diskutieren". Das umfasste bei beiden den Wunsch nach einer neuen Eglinger Gemeindewebseite mit mehr Informationen.

Ausblick Zwei Köpfe, eine Meinung? Nicht in allen Details, aber sie ergänzten sich gut. Daher ist es fast tröstlich, dass es beide ins Amt schaffen werden, wahlweise als Erster oder Zweiter Bürgermeister. "Und ab März versuchen wir, wieder ein gutes Klima zu schaffen", sagte Oberhauser am Ende. Wieder? "Ja, zwischendurch hat es etwas gekriselt", gab er zu. "Ich hatte zwar nicht den Eindruck , dass wir unfair miteinander ungegangen sind. Aber ich habe ein paar Dinge deutlich angesprochen und gemerkt, dass das dem einen oder anderen nicht behagt hat", sagte Spindler. Andererseits habe er den Reaktionen entnommen, "dass ich den einen oder anderen Punkt getroffen habe". Manche Projekte hätte er persönlich "mit mehr Nachdruck verfolgt". Dadurch, dass er dies so thematisiert habe, "ist ja auch was in Bewegung geraten". Per aspera ad astra sozusagen, übersetzt "durch das Raue zu den Sternen".

Auch wenn die beiden Kandidaten optisch gesehen am Ende weiter weg voneinander saßen als vorher: Das Gespräch hat Wogen geglättet und Gemeinsamkeiten gestärkt. "Insgesamt gehen wir fair miteinander um und mit dem, was wir für die Gemeinde wollen, sind wir ganz nah beieinander", so das Fazit Spindlers. "Wir sind beide zwei Charakterköpfe. Aber egal, wie sich der Wähler entscheidet, es werden Leute sein, die sich engagieren. Das ist der gemeinsame Nenner. Alles andere sind nur Fragen der Umsetzung", sagte Oberhauser. Spindler schloss mit den Worten des Tages: "Das sehe ich genauso!"

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