Unglück am Walchensee:"Du lässt niemanden unten"

Bei einem Tauchunfall im Walchensee ist im vergangenen Jahr ein 34-Jähriger tödlich verunglückt. Nun ist der Tauchlehrer wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

Von Benjamin Engel

Mit mangelhafter Kontrolle hat für Amtsrichter Helmut Berger das Verhängnis begonnen. Im Juli 2016 war ein 34-jähriger Österreicher beim Tauchen im Walchensee ums Leben gekommen. Der 36-jährige Tauchlehrer hatte dessen Ausrüstung - sie war für kalte Gebirgsseen zu dünn - nicht kontrolliert und ihn am Seegrund zurückgelassen. "Die oberste Regel ist, Du lässt niemanden unten", führte Berger in der Urteilsbegründung aus. Den angeklagten Tauchlehrer aus Ismaning sprach er wegen fahrlässiger Tötung schuldig. Mit einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 35 Euro, also 3150 Euro, ist der Mann nicht vorbestraft.

Unverständlich blieben für Berger das Verhalten des Tauchlehrers und der Münchner Schule, für die dieser tätig war. "Das ist eine Gleichgültigkeit, die ich bei einem derartigen Gefahrensport nicht nachvollziehen kann." Die 33-jährige Freundin des Opfers hatte dort einen Gutschein eingelöst. Erfahrung mit dem etwa vier bis sechs Grad kalten Gebirgswasser wie im Walchensee hatten beide nicht. Das Opfer hatte bis zum Unglück nur im warmen Meerwasser getaucht, die Freundin nur zweimal in österreichischen Seen.

Der Verteidiger plädierte für Freispruch. der Tote habe die Gefahren gekannt

Der Anzug des Opfers war mit fünf statt empfohlener sieben Millimetern zu dünn für den Walchensee. Der Mann hatte auch keine Eisweste. Eine ausgeliehene ließ er weg - sie war zu klein. Zudem brauchte er beim Tauchen mehr Sauerstoff als üblich. Darüber hatte die Freundin die Tauchschule informiert. Trotzdem ließen deren Geschäftsführer und der Tauchlehrer den Mann ohne weitere Erkundigungen und Nachfragen bis auf 30 Meter unter die Seeoberfläche hinab. "Das war an der Grenze, was beiden möglich war, ohne Abchecken der Ausrüstung und der Erfahrung", erklärte Berger. Mitschuldig gemacht hatte sich für ihn auch das Opfer. Die zum Ausgleich des Wasserauftriebs benötigten Bleigewichte des Mannes waren für Süßwasser zu schwer, was er nicht abklärte. In einer Tiefe von 30 Metern hatte er signalisiert, auftauchen zu wollen, war aber zu schnell nach oben geschossen. Der Tauchlehrer stoppte ihn zehn Meter unter der Seeoberfläche, indem er die Luft aus der Weste ließ. Wegen der schweren Bleigewichte sanken beide auf eine Tiefe von 36 Metern hinab. Laut einem Gutachter hätte der Angeklagte seine Weste aufblasen und so das Opfer an die Oberfläche bringen können, was er nicht tat. "Den Vorwurf kann ich Ihnen nicht ersparen", sagte Berger.

Als verantwortungslos und gleichgültig bewertete die Staatsanwältin das Verhalten des Angeklagten. "Es war Ihnen möglich und zumutbar das Opfer nach oben zu bringen", warf sie ihm vor. Sie forderte eine weit höhere Geldstrafe mit 240 Tagessätzen. Dagegen plädierte der Verteidiger für Freispruch. Das Opfer habe nach Kursen bis zu 40 Meter tief allein tauchen dürfen. Er habe die Gefahren im Gebirgssee gekannt. Als Guide habe der Tauchlehrer allein die Aufgabe, die Gruppe zu führen. Wann der Zeitpunkt sei, vom Opfer abzulassen, ohne sich strafbar zu machen, sei ungeklärt geblieben. Zur Rettung des Opfers hatte der Tauchlehrer eigenen Worten nach keine Lösung gefunden. "Die Situation, die man erlebt hat, ist einfach extrem", sagte er. Trotzdem taucht er bis heute.

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