Süddeutsche Zeitung

Umweltschutz in Bad Tölz-Wolfratshausen:Schüler erforschen Starkregen und Klimawandel

Im Projekt KARE-CS haben Landkreis-Gymnasiasten lokale Wetterdaten erfasst, um Extremereignisse besser zu verstehen

Von Benjamin Engel, Bad Tölz-Wolfratshausen

Wie der Hirschbach bei Lenggries nach einem Gewitter im Juni so große Schäden anrichten konnte, hat Tamara Höcherl selbst überrascht. "Ich habe nur eine dunkle Wolke über dem Geierstein und Lenggries gesehen", schildert die Lehrerin des Hohenburger Gymnasiums. "Im Ort selbst hat es vielleicht drei Tropfen geregnet." Doch direkt im Hirschbachtal regnete es so intensiv, dass das Gewässer über die Ufer trat und die Forststraße massiv beschädigte.

Mit solchen extremen Wetterereignissen haben sich Schüler und Schülerinnen der Gymnasien in Hohenburg und Geretsried heuer genauer beschäftigt. Für das Projekt KARE-CS haben sie im Umkreis ihrer Bildungseinrichtungen Messstationen aufgebaut. So konnten sie Daten zur Temperatur oder zu Niederschlagsmengen erfassen. Im Herbst fanden an den beiden Gymnasien Auswertungs-Workshops statt. Ziel war es, die Schülerinnen und Schüler für den Klimawandel und extreme Wetterereignisse zu sensibilisieren, den Blick zu schärfen, wie subjektiv empfundene Beobachtungen und Wetterdaten auseinanderklaffen können.

Das Akronym KARE steht für Klimaanpassung in der Region Oberland. An dem umfassenden Projekt sind die Energiewende Oberland, die Münchner Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie das Ifo-Institut in der bayerischen Landeshauptstadt beteiligt. Gemeinsam mit den Pilotgemeinden Garmisch-Partenkirchen und Weilheim sollen in den nächsten drei Jahren Methoden entwickelt werden, wie Kommunen mit extremen Wetterereignissen umgehen und Risiken abschätzen können. Im heuer bereits angelaufenen Schwesterprojekt KARE-CS haben sich die Schüler der beiden Landkreis-Gymnasien engagiert. Beides wurde in einer Video-Konferenz am vergangenen Dienstag vorgestellt.

Die Zusatzbezeichnung CS in dem Schülerprojekt steht für Citizen Science, also Bürgerwissenschaft. Das bedeute, dass interessierte Bewohner Beobachtungen meldeten, Messungen durchführten und Daten auswerteten, erläuterte Thomas Kox vom Department für Geographie der LMU. Vergleichbares passiere etwa bei Insekten- oder Vogelzählungen.

Für das Schülerprojekt haben die LMU und die Freie Universität (FU) Berlin zusammengearbeitet. Die FU hat die großteils mit Hilfe eines 3 D-Druckers hergestellten Wettermessstationen entwickelt. Schließlich haben die Schüler die Geräte im Umkreis der Gymnasien aufgestellt. Die lokalen Wetterdaten wurden per Funk an die beteiligten Universitätsinstitutionen weitergeleitet. Kox sprach davon, dass es darum gegangen sei, die Schülerinnen und ihr soziales Umfeld für den Klimawandel und Extremwetterereignisse zu sensibilisieren. Man wollte einen Wissenstransfer zwischen den Schülern, den Lehrkräften und den Wissenschaftlern herstellen. Die Ergebnisse sollten aufbereitet und für ein nachhaltiges Schulungskonzept entwickelt werden.

Durch die Corona-Pandemie mussten die Organisatoren umplanen. Die Workshops konnten nur digital stattfinden. Das verzögerte das Projekt, weswegen es im Sommer 2021 auch fortgesetzt werden soll. Sieben Geretsrieder Gymnasiasten und 15 Schülerinnen des Hohenburger Gymnasiums in Lenggries hatten sich heuer beteiligt. Die Lenggrieser Projektleiterin Höcherl berichtet von Anlaufschwierigkeiten, weil die Schüler die Messgeräte per Fernanleitung zusammenbauen mussten. Geräte seien am Schulgelände, am Brauneck und zuhause installiert worden. Weil die Messungen später als geplant beginnen konnten, freut sie sich auf eine hoffentlich längere Neuauflage im kommenden Sommer.

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Quelle:
SZ vom 17.12.2020
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