Süddeutsche Zeitung

Umstrittene Duldung:Vom Landratsamt enttäuscht

"WOR tolerant" und CSU kritisieren Haltung zu Corona-Protesten

Von Konstantin Kaip

Die Entscheidung des Landratsamts, die unangemeldeten Protestzüge von Gegnern der Coronamaßnahmen nicht zu unterbinden, stößt in Wolfratshausen auf Kritik und Unverständnis. Man sei "enttäuscht, dass der Landrat, beziehungsweise sein Stellvertreter nicht ,klare Kante' gegen wilde Spaziergänge gezeigt hat", erklärt Konrad Huber vom Vorstand des Bündnisses "WOR tolerant", das die Gegendemonstrationen mit Menschenkette organisiert. Aus einer Mitteilung des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) gehe schließlich hervor, dass "ein Verbot sehr wohl rechtlich gedeckt ist und nicht gegen das Grundgesetz verstößt", schreibt Huber auf der Facebook-Seite des Bündnisses. "Andere Landkreise haben hier mehr Rückgrat bewiesen."

CSU meint, das Landratsamt kneife

Auch die Wolfratshausen CSU kritisiert die Haltung der Kreisbehörde. "Wie die Initiative ,WOR tolerant' sind auch wir von der Reaktion des Landratsamtes, die ,Spaziergänger' gewähren zu lassen, obwohl sie bewusst eine Ordnungswidrigkeit begehen und die Rechtsstaatlichkeit provozieren, sehr enttäuscht", erklärt die Vorsitzende des Wolfratshauser Ortsverbands, Claudia Drexl-Weile. Anders als vom Zweiten Landrat Thomas Holz (CSU) ausgeführt gehe es "nicht um die Abwägung der Verhältnismäßigkeit von Versammlungsfreiheit und Übertretung einer Verordnung", so Drexl-Weile. "Niemals hat jemand gefordert oder angedroht, den Spaziergängern ihren Weg durch die Stadt zu verbieten." Deren Protestzug müsse nur rechtlich nur angemeldet, nicht genehmigt werden. "Derzeit sieht es so aus, dass das Landratsamt dann, wenn sich fünf oder zehn Bürger unangemeldet versammeln, diese Versammlung auflösen lassen würde", so die CSU-Ortsvorsitzende. "Bei mehreren hundert Demonstranten wird gekniffen. Dies ist kein gutes Vorbild für rechtsstaatliches Handeln." Die CSU Wolfratshausen unterstütze die Initiative "WOR tolerant", erklärt Drexl-Weile. "Es geht darum, als Gesellschaft gemeinsam zusammenzustehen."

Das Bündnis hat für Montag, 24. Januar, keine Gegendemonstration in Wolfratshausen angemeldet. Aufgrund der steil angestiegenen Inzidenz wolle man die öffentlichen Organe und die Beschäftigten der Gesundheitsversorgung nicht überlasten. "Es wird definitiv weitergehen, demnächst auch wieder mit einer größeren Aktion im Markt", erklärt Huber jedoch. "Wir wollen aber erst mal abwarten, was am Montag passiert. Und: "Vielleicht besinnt sich das LRA doch noch."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5513317
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.01.2022 / aip
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.